Wirtschaftspolitik muss Wachstumspotential der heimischen Wirtschaft stärken

„Bevor wir auf die Entwicklungen in der heimischen Wirtschaft im Einzelnen eingehen, sollten wir einen Blick auf die volkswirtschaftliche Entwicklung im Ganzen werfen, da deren Vorgaben unsere stark industriell geprägte Heimat unmittelbar beeinflussen“, damit eröffnete Arndt G. Kirchhoff das jährliche Konjunkturgespräch des Arbeitsgeberverbandes für den Kreis Olpe e.V..

Gemeinsam mit seinem Vorstandskollegen und Stellvertreter Walter Viegener und dem Verbandsgeschäftsführer Stephan Stracke stellte der Vorsitzende des Arbeitgeberverbandes und der Fachgruppe Metall  die Ergebnisse der regelmäßig zum Jahreswechsel stattfindenden Konjunkturumfrage vor und verglich einzelne Entwicklungen in Bund, Land und Region. Als Präsident von Metall NRW leitete Kirchhoff auch die letzte M+E-Tarifrunde in NRW. An der Umfrage beteiligten sich etwa 30 Prozent der Mitgliedsunternehmen des AGV Olpe mit knapp 7.000 Beschäftigten, darunter etwa 460 Auszubildenden.

„Natürlich belastet uns der schwelende Handelskonflikt der USA mit China und der Europäischen Union sowie der Brexit. Es gibt aber weitere Entwicklungen, die daneben wieder stärker in den Fokus gerückt werden müssen. So die vom Sachverständigenrat geforderte Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Industriepolitik.  Ich möchte das am nachfolgenden Beispiel verdeutlichen. Unsere Automobilproduktion ist um mehr als zehn Prozent zurückgegangen. Eine Expertenkommission der Bundesregierung hat festgestellt, dass bis zum Jahr 2030 etwa 400.000 Arbeitsplätze in dieser Branche wegfallen könnten. Das dürfen wir nicht hinnehmen. Bisher waren wir Deutschen weltweit die Nr. 1 der Autoindustrie. Das soll auch so bleiben, da sie bei uns der wichtigste industrielle Arbeitgeber ist.  Damit es aber so bleiben kann und wir nicht von anderen Staaten, wie beispielsweise China, von der Weltspitze verdrängt werden, muss der derzeitig stattfindende Strukturwandel von staatlicher Seite Unterstützung erfahren. Die deutsche Automobilindustrie hat ihre Aufgaben gemacht und stellt derzeit ausgereifte Elektrofahrzeuge mit akzeptablen Reichweiten vor. Aber die Verbraucher sind bei ihrer Kaufentscheidung verunsichert, weil die Ladeinfrastruktur bei Weitem nicht ausreicht, Schnellladestationen das Netz überfordern, die Netzkapazitäten insgesamt nicht ausreichen und die Frage der privaten Ladestationen in Mieteinheiten ebenfalls nicht geklärt ist, um nur einige Probleme aufzuzeigen. Hier ist der Staat gefordert, damit die Investitionen der Unternehmen in neue technologische Konzepte auch vorangebracht werden können. Neben der rein batterieelektrischen Technologie gehören dazu auch die Weiterentwicklung der Brennstoffzelle, die Versorgung mit Wasserstofftankstellen und regenerativer Energie und die Herstellung synthetischer Kraftstoffe. Nicht zuletzt der Bau von Stromtrassen, damit der ständig zunehmende Stromverbrauch auch dort bereitgestellt wird, wo er gebraucht wird. Dabei ist unbedingt darauf zu achten, dass alle technologisch erfolgversprechenden Ansätze staatlich gefördert werden, damit sich die geeignetsten Systeme im Wettbewerb untereinander durchsetzen und ergänzen können. Es geht letztlich um ganzheitliche Konzepte, die uns wirtschaftlich voranbringen und damit Arbeitsplätze sichern. Folglich muss die Politik einen klareren Fokus auf Investitionen, Innovationen und Wettbewerbsfähigkeit legen, statt neue soziale Wohltaten zu verteilen und ökologische Prestigeprojekte umzusetzen“, so das Eingangsstatement von Arndt G. Kirchhoff.

„Die aktuelle Geschäftslage hat sich gegenüber dem Vorjahr deutlich verschlechtert“, erläuterte anschließend Walter Viegener. Die zugrunde liegende Auswertung der Konjunkturumfrage 2019 / 2020 sei zwar lediglich als Stimmungslage der Unternehmen zu werten, doch sei der Trend eindeutig.  Mittlerweile gehe jedes vierte Unternehmen (Vorjahr: Jedes zwanzigste) von einer Verschlechterung der zukünftigen Geschäftslage aus. Dementsprechend würde jedes fünfte Unternehmen weniger im Inland investieren. Auslandsinvestitionen seien mit einem Rückgang von acht Prozent weit weniger betroffen. Auch bei der Belegschaftsentwicklung gehe jedes vierte Unternehmen von einem Abbau (Vorjahr: Jedes zwanzigste) aus. Dies sei vor dem Hintergrund abnehmender Auftragseingänge (etwa -20 Prozent sowohl bei Inlands- als auch den Auslandsaufträgen) nachvollziehbar. Die zukünftige Ertragsentwicklung prognostizierten 20 Prozent als schlechter. Die niedrige Arbeitslosenquote von 4,2 Prozent als auch die Absicht jedes fünften Unternehmens, zusätzliche Auszubildende einzustellen, sei auch eine Folge des Fachkräftemangels, so Viegener weiter.

„Die deutsche M+E-Industrie ist nicht unverwundbar. Das sage ich ausdrücklich auch mit Blick auf die Tarifpolitik. Gerade in den vergangenen Jahren hat die IG Metall Tarifrunden überfrachtet und Abschlüsse erzwungen, die die Leistungsfähigkeit des Mittelstands trotz guter Konjunktur überfordert haben. Sie waren schlichtweg zu teuer und zu kompliziert. Ferner haben die neu eingeführten 24-Stunden-Streiks die Sozialpartnerschaft stark belastet. Mancherorts zeigten sich unsere Mitgliedsbetriebe verärgert, als die IG Metall das an betriebliche Voraussetzungen geknüpfte Antragsrecht für ausgewählte Beschäftigungsgruppen -statt Geld acht zusätzliche freie Tage wählen zu können-, als tariflichen Anspruch durchsetzen wollte. Die tarifgebundenen Unternehmen konnten sich bis dato darauf verlassen, durch den geschlossenen Tarifvertrag für betrieblichen Frieden gesorgt zu haben. Wenn aber Konflikte durch Tarifabschlüsse nicht beendet werden, rüttelt dies an den Grundfesten der Akzeptanz des Flächentarifvertrages. Insofern kommt der nun anstehenden Tarifrunde eine besondere Bedeutung zu. Die IG Metall muss den zuletzt entstandenen Schaden durch umsichtige und mittelstandskompatible Forderungen einigermaßen beheben“, so Kirchhoff abschließend.

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