Software für eine energiesparende Industrie 4.0

Das Projekt Living Lab Energy & Environment wird gefördert vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen. (Text und Foto: Natalie Meyer/Universität Siegen)

Der Werksleiter der Firma Ejot geht seiner morgendlichen Routine nach: Ein Blick auf den Bildschirm des Betriebsrechners, schon kann er die Energiebilanz des ganzen Betriebs erkennen. Der Stromverbrauch ist auffällig hoch. Einen Klick später ist der Grundriss mit allen Maschinen abgebildet. Die Anzeige für die Waschanlage leuchtet gelb auf. Der Stromverbrauch der Maschine ist in die Höhe gegangen, die Temperatur des Wassers in der Schraubenwaschanlage ist gleichzeitig gesunken. Folglich muss etwas mit dem Brenner nicht stimmen. Eine Nachricht an die Instandhaltung und kurze Zeit später leuchtet die Waschanlage wieder grün – alles wieder in Ordnung.

Das Fallbeispiel ist nur eines von vielen im Rahmen des Forschungsprojektes „Living Lab Energy & Environment“. Zusammen mit mehreren Kooperationspartnern forscht die Universität Siegen an einer Software zum Energiemanagement im Echtzeitbetrieb. Die Software wird in Unternehmen und Haushalten im laufenden Betrieb bereits eingesetzt und gleichzeitig weiterentwickelt.

Das Projekt mit den Real-Laboren – Living Labs – ist vor eineinhalb Jahren gestartet und hat nun zur Halbzeit eine Zwischenbilanz in der Siegener Sparkasse vorgestellt. Initiatoren sind vier Wissenschaftler der Universität Siegen: Prof. Dr. Martin Hill und Prof. Dr. Volker Wulf vom Institut für Wirtschaftsinformatik und Neue Medien sowie Prof. Dr. Gunnar Stevens (Human Computer Interaction) und Prof. Dr. Alfred Müller (Department Mathematik).

In dem interdisziplinären Forschungsprojekt werden Softwarelösungen entwickelt, die den Energieverbrauch eines Unternehmens in Echtzeit feststellen und interpretieren können. Nicht nur Firmen, auch in Privathaushalten wird in den Living Labs geforscht. In den beteiligten Haushalten ist zwischen Steckdose und Gerätestecker ein kleiner Zwischenschalter installiert. Dadurch kann der Verbraucher erkennen, welches Gerät wieviel Strom verbraucht und wo Strom gespart werden kann. Die Ergebnisse aus der Praxis fließen wiederum in die laufende Forschung und Weiterentwicklung ein. Mit den möglichen Kosten- und Energieeinsparungen stellen die Living Labs einen mehrfachen Gewinn dar – für Haushalte, Unternehmen, Umwelt und die Forschung.

Ein möglicher Gewinn, den viele Unternehmen bislang zu wenig beachten. „80 Prozent der Unternehmen in Deutschland kennen nach unseren Schätzungen zwar ihre Stromrechnung, wissen aber nicht, wo genau wieviel Energie verbraucht wird. Daran sieht man, wie wenig die meisten Firmen daran interessiert sind“, kritisierte NRW-Umweltminister Johannes Remmel, der zur Projektvorstellung einen Vortrag beisteuerte.

Bislang profitieren die Unternehmen Ejot, Dornseifer und Schneider+Co von der Forschung für ein effizientes Energiemanagement. Bei ihnen sind die Living Labs bereits im Einsatz. „Wir haben die Idee der Uni aufgenommen und ein nutzungsorientiertes System aufgebaut. Es ist ein sehr geschickter Ansatz, mit dem die Universität an das Thema Energiemanagement herangeht“, sagte Heiko Stötzel, Leiter der Abteilung Umweltmanagement der Firma Ejot. Bevor die Energiedaten im Living Lab automatisch von der Software erfasst und interpretiert worden sind, mussten die Mitarbeiter bei Ejot die Zahlen der einzelnen Maschinen in einer Exceltabelle festhalten. Ein Kostenaufwand, der nun eingespart wird. In einem nächsten Schritt werden die Messtechniken weiterentwickelt, sodass nicht nur Energiedaten, sondern auch Umweltdaten wie zum Beispiel der Abwasserverbrauch angezeigt und optimiert werden.

Prof. Dr. Volker Wulf von der Universität Siegen hebt hervor, warum die Kooperation auch für Wissenschaft und Forschung ein bedeutender Gewinn ist:  „Aktuell sind mir mindestens vier Promotionen zu dem Thema bekannt. Außerdem bieten wir auch eine Lehrveranstaltung an der Universität Siegen an, die sich mit nachhaltiger Energie und Industrie 4.0. beschäftigt“.

Weitere Kooperationspartner für die Entwicklung des softwaregestützten Energiemanagementsystems im Rahmen des Projekts Living Lab Energy & Environment sind die Sparkasse Siegen, statmath GmbH, ASEW, QOSIT Softwaretechnik GmbH, Devolo AG und das Fraunhofer FIT.

Webseite des Projekts Living Lab Energy & Environment: www.livinglab-energy.de

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