„Mühsam weiter aufwärts“

„Das Konjunkturklima verbessert sich leicht. Insgesamt geht die regionale Wirtschaft gut aufgestellt ins neue Jahr. Dennoch ist der Blick nach vorne bei aller Zuversicht alles andere als beruhigend“, fasst IHK-Präsident Felix G. Hensel die Ergebnisse der jüngsten Konjunkturumfrage zusammen.

„Das Konjunkturklima verbessert sich leicht. Insgesamt geht die regionale Wirtschaft gut aufgestellt ins neue Jahr. Dennoch ist der Blick nach vorne bei aller Zuversicht alles andere als beruhigend. Das politische Umfeld auf den internationalen Märkten ist unberechenbarer denn je. Hiervon sind wir als industriestarke Industrieregion in besonderer Weise betroffen“, fasst IHK-Präsident Felix G. Hensel die Ergebnisse der jüngsten Konjunkturumfrage zusammen, an der sich mehr als 500 Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistungen in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe beteiligten.

Die Betriebe beurteilen danach ihre wirtschaftliche Lage annähernd so positiv wie im Herbst 2016: Fast 40 Prozent schätzen sie zu Jahresbeginn als „gut“ ein, nur 12 Prozent als „schlecht“. Knapp ein Viertel erwartet in den kommenden Monaten auch bessere Geschäfte, nur 10 Prozent schlechtere. Der Konjunkturklimaindex als Zusammenfassung von Lagebeurteilungen und Erwartungen stieg dadurch gegenüber September 2016 von 118 auf nun 120 Punkte an. „Damit verbessert sich das Konjunkturklima seit zwei Jahren stetig, jedoch in sehr kleinen Schritten. Wir freuen uns über die überwiegend positiven Signale“, so Felix G. Hensel weiter: „Ein Wermutstropfen sind jedoch die wieder verhaltener gewordenen Investitionsentscheidungen. Viele Unternehmen investieren zögerlich, wenn überhaupt. Die Devise lautet: ‚Erst mal abwarten‘. Trotz guter Stimmung ist dies auch Ausdruck von vorhandenen Unsicherheiten.“ Im Baugewerbe und bei den Dienstleistern zeigt das Konjunkturbarometer deutlicher nach oben als in der Industrie insgesamt. In beiden Bereichen hat sich das Klima noch einmal verbessert. Allein im regionalen Groß- und Einzelhandel ist die Stimmung gegenüber dem Herbst des vergangenen Jahres etwas verhaltener geworden. Positiv für den privaten Konsum sind weiterhin die gute Arbeitsmarktsituation und die zuletzt gestiegenen Löhne.

Aktuell fällt die Stimmung in der Industrie etwas besser aus als im vergangenen Jahr. Es werden anhaltend hohe Produktionsauslastungen gemeldet. Im letzten Quartal 2016 zogen die Industrieumsätze noch einmal an. Allerdings hält sich das vorläufige Jahresplus mit 1,0 Prozent in Grenzen. Zudem überdeckt es die massiven Schwierigkeiten einzelner Wirtschaftszweige: Die Unternehmen der Metallerzeugung und -bearbeitung verzeichneten in 2016 ein Umsatzminus von 15,4 Prozent. IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener: „Immerhin kommen nun von dort und auch aus anderen stahlnahen Branchen vereinzelt positivere Signale. Den Gießereien im Siegener Kernraum geht es indessen nach wie miserabel. Besserung ist hier allenfalls mittelfristig zu erwarten. Wer mit diesen Unternehmen spricht, der merkt schnell: Betriebliche Zuversicht fühlt sich anders an.“ Dennoch werden die Lage und die Erwartungen innerhalb der Industrie Siegen-Wittgensteins über alle Unternehmen hinweg deutlich besser eingeschätzt als noch vor einem halben Jahr. Gleichwohl wird vereinzelt jedoch das Instrument der Kurzarbeit angewandt. Sehr unterschiedlich fallen vor allem die Einschätzungen der Unternehmen des heimischen Maschinen- und Anlagenbaus aus. Einige sprechen von steigenden Auftragseingängen, andere von „ausgeprägten Seitwärtsbewegungen“ ohne wirkliche Perspektive. Die Industrieunternehmen aus dem Kreis Olpe, darunter viele Autozulieferer, gehen künftig von einer etwas gedämpfteren Entwicklung aus. Das aber weiterhin auf hohem Niveau. Klaus Gräbener: „In Siegen wird es ein wenig besser, in Olpe etwas schlechter. Wie lange unseren Industrieunternehmen jedoch der derzeit immer noch vergleichsweise niedrige Ölpreis und der zu schwach bewertete Euro auf den internationalen Märkten zugutekommen, kann angesichts der weltweit wahrnehmbaren Abschottungstendenzen kein Mensch vorhersagen. Bei einer Exportquote von 44 Prozent profitieren unsere Unternehmen in besonderer Weise von offenen Märkten. Daher reagieren sie auf protektionistische Maßnahmen besonders allergisch.“

Nicht nur die sich abzeichnende US-Wirtschafts- und Außenpolitik des neuen US-Präsidenten Donald Trump sowie die bevorstehenden harten Brexit-Verhandlungen verunsichern nach Auffassung der IHK zahlreiche Unternehmen. Hinzu kämen die Unwägbarkeiten im Inland. Felix G. Hensel: „Wir stehen sowohl vor einer Landtags- als auch vor einer Bundestagswahl. 2017 dürfte daher bezogen auf dringend nötige Reformanstrengungen sowie bessere Rahmenbedingungen für Investitionen ein verlorenes Jahr werden.“ Dies sei umso bitterer, als rund 40 Prozent der Unternehmen in den gestiegenen Arbeitskosten ein Risiko für die weitere Entwicklung sehen würden. Der IHK-Präsident wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft die Lohnstückkosten in Deutschland von 2007 bis 2015 um 1,5 Prozent pro Jahr gestiegen seien, im Ausland dagegen nur um 0,8 Prozent. Zugleich drohe im Inland weiterer bürokratischer Gegenwind – etwa durch das Lohngleichheitsgesetz, neue Bestrebungen im Teilzeit und Befristungsgesetz oder neue Regelungen zu Zeitarbeit und Werkverträgen. Bis jetzt gab es einige positive Sonderfaktoren für die Konjunktur, die im neuen Jahr wegfallen könnten. Haupttreiber in 2016 war der Inlandskonsum, der sowohl durch staatliche und als auch durch private Ausgaben angekurbelt wurde. Fast jedes zweite regionale Unternehmen sieht aber die Inlandsnachfrage als Risikofaktor für die weitere konjunkturelle Entwicklung. Der private Konsum war 2016 lange durch eine geringe Inflation begünstigt. Gegen Ende des Jahres stieg diese – auch durch wieder höhere Öl- und Spritpreise – deutlich an. Trotzdem fährt die EZB mit ihrer expansiven Geldpolitik weiter fort. Das senkt nicht gerade die Inflationserwartungen.

Zu den Ergebnissen im Einzelnen:

Mehr als jeder dritte Industriebetrieb gibt eine gute Lage an, nur 14 Prozent eine schlechte. 43 Prozent der Firmen sind bis zur Spitze ausgelastet, acht von zehn zu über 70 Prozent. Die Auftragseingänge aus dem Ausland werden besser beurteilt als 2016. Der Saldo aus positiven und negativen Meldungen bleibt aber negativ. Die Inlandsimpulse werden stagnierend eingestuft. Die Investitionsneigungen der Industrie im In- und Ausland gehen zurück. Trotz Gegenwind hoffen die Betriebe vermehrt auf positive Exportimpulse. Im Ergebnis geht rund ein Viertel von künftigen Steigerungen aus, nur 12 Prozent sind skeptisch.

Saisonbedingt stuft das Baugewerbe die Lage ruhiger ein. Dennoch beschreibt fast die Hälfte der Betriebe ihre Lage als gut. 18 Prozent stufen sie „schlecht“ ein. Das vergangene Jahr schloss die regionale Bauindustrie mit einem Umsatzplus von rund 6 Prozent ab. Die große Mehrheit der Baubetriebe geht von künftig stabilen oder sogar besseren Geschäften aus. Nur 7 Prozent sind pessimistisch.

Knapp ein Drittel der Einzelhändler gibt eine gute Lage an, jeder Fünfte ist nicht zufrieden. Das Weihnachtsgeschäft ist ordentlich gelaufen. Zu Jahresbeginn wird die Kauflaune – auch witterungsbedingt – etwas ruhiger eingestuft. Die Rahmenbedingungen für den Konsum sind insgesamt weiter gut, auch wenn die Verbraucherpreise angestiegen sind. Ein Viertel der Einzelhändler erwartet so künftig bessere Geschäfte. Jeder Sechste fürchtet hingegen Einbußen, fünf Prozentpunkte mehr als im Herbst 2016.

Deutlich mehr als jeder dritte Großhändler stuft die Lage „gut“ ein, nur 8 Prozent „schlecht“. Im produktionsnahen Bereich ist die Stimmung gestiegen. Die konsumnahen Großhändler sind hingegen nicht mehr so zufrieden wie zuvor. Sie nehmen ihre Erwartungen für die nahe Zukunft deutlich zurück. Im Ergebnis blickt der gesamte Großhandel nicht mehr so zuversichtlich nach vorne. Weiterhin geht ein Fünftel aber von Zuwächsen aus und nur 7 Prozent von Rückgängen.

Mehr als die Hälfte der Dienstleister meldet eine gute Lage, kaum jemand eine schlechte. Die Stimmung ist in allen Unterbranchen in etwa gleich gut und die Erwartungen für die kommenden Monate haben jeweils noch einmal zugelegt. Fast ein Viertel aller Dienstleister geht so von künftig besseren Geschäften aus, nur 7 Prozent von schlechteren.

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