Die Lage im Handwerk ist noch immer gut

Deutlich zeigen die Grafiken die Kernaussagen der jüngsten Analysen zur Handwerkskonjunktur in Südwestfalen. Trotz eines insgesamt leichten Rückgangs bei den meisten Umfragewerten, stieg der Fach- und Hilfskräftebedarf deutlich an.

„Das Fazit der aktuellen Konjunkturumfrage lautet: Die Zeit der Gipfelstürmerei ist offensichtlich vorbei“, sagt Kammerhauptgeschäftsführer Meinolf Niemand. „Für ein Mehr an Zuversicht sind die Unwägbarkeiten auf der internationalen Bühne einfach zu übermächtig geworden.“ Schon im Frühjahr hatte sich dies vor allem für die Betriebe mit großer Nähe zur Industrie (Zulieferer) abgezeichnet. Seit neun Jahren war bis heute der Index zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage im Kammerbezirk kontinuierlich angestiegen. Die Spitze lag im Herbst 2018 bei rund 140 Punkten. Der aktuelle Wert liegt deutliche neun Punkte darunter! „Das ist allerdings kein Grund, in eine Untergangsstimmung zu verfallen, denn der Wert liegt noch immer auf einem bemerkenswert hohen Niveau. Aber: Die längste Boom-Phase im Handwerk ist – vorerst zumindest – zuende.“ Ob es eine Wachstumsdelle sei oder ein längerer Richtungswechsel werde, lasse sich noch nicht seriös abschätzen.

Dabei stellt sich die Situation für die sieben verschiedenen Handwerksgruppen durchaus recht unterschiedlich dar. Deutlich oberhalb des durchschnittlichen Indexwertes von 131 Punkten für die Gesamtheit der Umfrageteilnehmer im Kammerbezirk behaupten die Ausbauhandwerke ihre Spitzenstellung in Südwestfalen. Vier Fünftel der Unternehmen bezeichnen ihre Geschäftslage als gut und nur ein verschwindend geringer Anteil von 1,3 Prozent berichtet von einer Verschlechterung. Sie liegen mit einem Indexwert von 137 Punkten im Spitzenfeld – gemeinsam mit den Nahrungsmittelhandwerken und nur wenig hinter dem Handwerk für den privaten Bedarf. Kaum schlechter stehen die Bauhandwerke da.

Die Bau- und Ausbauhandwerke profitieren weiterhin vor allem von der „Politik des billigen Geldes“ und der Flucht in die Betonrendite. Ein Ende der Entwicklungen ist nicht absehbar. Hinzu kommt, und das wird für die Ausbauhandwerke weiter ein Hoffnungsaspekt bleiben, die zunehmende Notwendigkeit des ökologischen Umbaus in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen. Wenn die beschlossenen Klimaziele zuverlässig erreicht werden sollen, ist das Handwerk der alles entscheidende Dienstleister für Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und Energieeinsparung ebenso wie für Komfortaspekte aus dem privaten Bereich auch als Reaktion auf den sich vollziehenden demografischen Strukturwandel.

Einen klaren Richtungswechsel im Konjunkturverlauf verzeichnen die Handwerke für den gewerblichen Bedarf aus den Bereichen Metall und Elektro. Sie verspüren deutlich den Gegenwind, der vor allem den Betrieben, die als Zulieferer aufgestellt sind, zunehmend scharf ins Gesicht weht. Entscheidend, so der Tenor aus vielen ergänzenden Gesprächen, ist vor allem die Zurückhaltung der Automobilindustrie. Sie wurzelt einerseits in deutlichen Absatzrückgängen auf den großen Märkten und zusätzlich in der angelaufenen Konversion hin zu Anbietern von Verkehrskonzepten auf Basis der Elektromobilität. Ebenso negativ wirkten sich in den vergangenen sechs Monaten erneut die Unsicherheiten aus dem Brexit-Chaos und aus anderen internationalen Handelskonflikten aus. Allerdings: Noch immer berichtet rund ein Viertel der Umfrageteilnehmer aus dieser Gruppe von einer Auslastung von über 100 Prozent! Auch hier bewahrheitet sich einmal mehr: Die Hälfte der Konjunktur ist Psychologie.

Bereits deutlich schwieriger ist die Situation im Kfz-Handwerk. Drückten bislang vor allem die Folgen aus dem Diesel-Skandal auf den Handelsbereich, berichten die Betriebe nun zunehmend auch von einer geringeren Auslastung im Werkstattbereich. Einerseits spielt der Rückgang der Reparaturhäufigkeit hier sicherlich eine Rolle, aber auch das hohe Durchschnittsalter der Fahrzeuge auf den Straßen, denn an den Wagen wird oft nur noch das allernötigste an Wartungs- und Reparaturmaßnahmen in Auftrag gegeben.

Ausgesprochen erfreulich haben sich die Werte für die Nahrungsmittelhandwerke in den vergangenen sechs Monaten entwickelt. Mit einem Geschäftslageindex von 137 Punkten liegen sie mit in der Spitzengruppe der Handwerke. Eine gewichtige Rolle hat dort der ausgesprochen gute Sommer gespielt, der den privaten Konsum beflügelte. Auch die Tatsache, dass die Kunden wieder vermehrt auf Qualität achten und bereit sind, diese zu honorieren, hat zum Stimmungsbild beigetragen.

Ein Problem, das alle Handwerke betrifft, ist der sich weiter verschärfende Fachkräftemangel. Trotz der sich eintrübenden Stimmung im Handwerk ist der Fachkräftebedarf in den vergangenen sechs Monaten wieder angestiegen. Dem wachsenden Fachkräfte- und Nachwuchsbedarf trägt die Handwerkskammer Südwestfalen mit dem Team Fachkräftesicherung Rechnung, das in Schulen und auf Ausbildungsmessen sowie durch die Ausbildungsbotschafter über die Karrierechancen im Handwerk informiert.

Der letzte Blick gilt den Investitionen. Für alle Handwerksgruppen zeigt sich, dass rund ein Drittel der Befragten ihr Investitionsvolumen steigerten und zusätzlich mehr als die Hälfte das Volumen konstant hielten. Die Mehrzahl der Handwerksbetriebe geht wohl von einem positiven Konjunkturverlauf aus und sieht die derzeitige Abschwächung als eine vorübergehende Erscheinung. Gleichzeitig erfordert der gesamtwirtschaftliche Wandel hin zu einer Ökonomie 4.0 in allen Bereichen entsprechend große Anstrengungen – sprich Investitionen in Hardware, Software und Skills.

Grafik und Infos: Handwerkskammer Südwestfalen

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