Wirtschaft fordert zusätzliche Flächen

Der heimischen Wirtschaft in den Kreisen Siegen-Wittgenstein, Olpe und im Märkischen Kreis fehlen fast 700 Hektar an Gewerbe- und Industrieflächen. Abhilfe soll der neue Regionalplan schaffen, dessen Fortschreibung nunmehr ansteht. Er gibt den Rahmen vor, wo künftig Flächen für Industrie und Gewerbe entwickelt werden können. Um die konkreten Bedarfe zu ermitteln, wurde ein renommiertes Planungsbüro damit beauftragt, in zwei zeitlich versetzt durchgeführten Gutachten die Situation für den Märkischen Kreis (Zeithorizont 2035) einerseits und die Kreise Siegen-Wittgenstein und Olpe (Zeithorizont 2040) andererseits eingehend zu untersuchen. In enger Abstimmung mit den Städten und Gemeinden wurden Suchräume für mögliche neue Industrie- und Gewerbegebiete ausgemacht. Naturschutzrechtliche Vorgaben wurden dabei ebenso berücksichtigt wie interkommunale Ansätze. Die in zwei Gewerbeflächenkonzepten zusammengefassten Ergebnisse wurden in den kommunalen Gremien beraten und fußen damit auf einem breiten kommunalen Konsens.

„Die beiden Flächenkonzepte bilden den Kern des Fachbeitrages. Mit ihm stellt die regionale Wirtschaft eine wertvolle Grundlage für die Arbeit der Regionalplanungsbehörde bereit, für die nicht viel Zeit bleibt. Nicht immer mehr Flächen sind das Ziel, sondern ein auskömmliches Maß geeigneter Flächen. Gerade einmal 1,5 % der Gesamtfläche in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe werden durch Industrie und Gewerbe beansprucht, landesweit sind es 2,2 %. Obwohl wir zu den industriestärksten Regionen in Nordrhein-Westfalen gehören, nutzen wir deutlich weniger Fläche“, hebt Klaus Gräbener, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Siegen (IHK), hervor. In einem gemeinsamen Schreiben haben die IHK Siegen und die SIHK zu Hagen sowie die Handwerkskammer Südwestfalen den Fachbeitrag an den Regierungspräsidenten übermittelt und bitten um wohlwollende Prüfung und Unterstützung der hierin zusammengefassten Argumente und Anliegen.

Konkret fordert die Wirtschaft, auf Basis der Gutachten zusätzliche Flächen für Gewerbe und Industrie von 180 Hektar für den Märkischen Kreis, 208 Hektar für den Kreis Olpe und 300 Hektar für den Kreis Siegen-Wittgenstein bereitzustellen. Zu den Besonderheiten, die bei der Ausweisung neuer Flächen für die Wirtschaft zu berücksichtigen sind, gehört das hohe Maß an räumlichen Einschränkungen, wie engen Tal- oder Hanglagen. „Viele Flächen können nur zu einem geringen Teil tatsächlich industriell-gewerblich genutzt werden. Untersuchungen zu 24 ausgewiesenen Bereichen für gewerblich-industrielle Nutzung haben gezeigt, dass am Ende vor Ort durchschnittlich gerade einmal 67 % der Fläche tatsächlich genutzt werden können. Ungleiches muss vor diesem Hintergrund auch ungleich behandelt werden. Deshalb halten wir es für sachgerecht, zielführend und dringend erforderlich, den errechneten Flächenbedarf mit einem Planungszuschlag von 20 % zu versehen“, betont Dr. Ralf Geruschkat, Hauptgeschäftsführer der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer zu Hagen (SIHK).

Ausgleichsfragen für die Nutzung bisherigen Freiraums müssen künftig stärker als bisher vor dem Hintergrund der tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort diskutiert werden. Das bedeutet unter anderem: Wo Waldreichtum vorherrscht, darf es kein Tabu sein, Wald in Anspruch zu nehmen. Dies umso mehr, als offene Landschaft (Landwirtschaft) immer wichtiger wird. Der reine Ausgleich im Flächenverhältnis sollte durch qualitativ hochwertigere, ökologisch sinnvollere Maßnahmen (auch an anderen Orten) ergänzt werden, wenn dort ein größerer ökologischer Effekt möglich ist.

In dem Fachbeitrag halten die beiden IHKs und die Handwerkskammer Südwestfalen auch fest, dass die Wirtschaft offen für realistische Möglichkeiten ist, künftige Gewerbe- und Industriegebiete flächensparend zu gestalten und dabei regenerative Energieformen mitzudenken. Außerdem könnten etwaige Überhänge an Wohnbauflächen dort, wo es möglich ist, entsprechend der demografischen Entwicklung verringert werden. Freiraum könnte so geschont und der besondere regionale Bedarf an Industrie- und Gewerbeflächen zusätzlich gerechtfertigt werden. Ferner regt die Wirtschaft an, die Wohnbauflächenbedarfe ähnlich dem Gewerbeflächenmonitoring regelmäßig zu prüfen und anzupassen.

Auch für das Handwerk sind zusätzliche Flächen unverzichtbar. „Das Handwerk wird im Zuge der Ökonomie 4.0 immer mehr zu einem unmittelbaren Glied der digitalisierten Wertschöpfungskette auch über den regionalen Bereich hinaus. Neben der Verfügbarkeit leistungsfähiger Datennetze erfordert die Fortentwicklung des Handwerks, dass schwerpunktmäßig kleine und mittelgroße Gewerbeflächen weiterhin verfügbar bleiben, in geringerem Maß auch große Flächen“, unterstreicht Meinolf Niemand, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Südwestfalen.

Neben den beiden Gewerbeflächenkonzepten beschreibt der Fachbeitrag auch, wie sich weitere Faktoren auf die Flächenbedarfe auswirken, darunter die aktuellen und absehbaren Entwicklungen in den Bereichen Verkehr und Logistik, Energieversorgung, Gigabitinfrastruktur, Einzelhandel und Rohstoffsicherung. Für den Tourismus legten der Sauerlandtourismus e.V. und der Touristikverband Siegerland-Wittgenstein e.V. unlängst einen eigenen Fachbeitrag zur Regionalplanfortschreibung vor.

Infos: IHK Siegen

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