Metall- und Elektroindustrie in NRW befindet sich in unruhiger See

Bei den Unternehmen der nordrhein-westfälischen Metall- und Elektroindustrie hat sich die Stimmung in der Beurteilung von wirtschaftlicher Lage und Erwartungen erneut weiter verschlechtert. Dies ist das Ergebnis einer am Montag in Düsseldorf vorgelegten aktuellen Konjunkturumfrage des Verbandes der Metall- und Elektro-Industrie Nordrhein-Westfalen (METALL NRW) zum Jahreswechsel 2019/2020, an der 517 Betriebe mit rund 170.000 Beschäftigten des bedeutendsten Industriezweigs des Landes teilgenommen haben. Wie der Verband mitteilte, sind die Umfrageergebnisse Ausdruck einer weiter zunehmenden Unsicherheit in den Unternehmen. Die Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen befinde sich eindeutig in unruhiger See. Als exportorientierte Branche und Hersteller von Investitionsgütern seien die Unternehmen besonders von den Auswirkungen des wachsenden Protektionismus und der Unruhe auf den Weltmärkten betroffen. Hinzu komme der bevorstehende EU-Austritt Großbritanniens, das einer der wichtigsten Handelspartner der Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen ist.

Der Präsident von METALL NRW, Arndt G. Kirchhoff, bezeichnete die Umfrage seines Verbandes als „deutliches Warnsignal“. In einigen Teilbranchen sei Kurzarbeit wieder an der Tagesordnung. Die großen Branchen stünden durch die Bewältigung von Transformation und Digitalisierung vor enormen Herausforderungen. Mit Blick auf die im Frühjahr anstehende Tarifrunde 2020 sagte Kirchhoff: „Nach Jahren teurer und zu komplexer Tarifvereinbarungen brauchen unsere Unternehmen jetzt einen mittelstandsverträglichen Abschluss.“

Angesichts der gegenwärtigen politischen Debatte warb der NRW-Metallarbeitgeberpräsident erneut für ein neues Grundempfinden für die Bedeutung der Industrie für Wohlstand und Arbeitsplätze. Nur mit einem klaren Fokus auf Investitionen, Innovationen und Wettbewerbsfähigkeit könne das Land seinen Spitzenplatz unter den internationalen Industriestandorten sichern. Dennoch setze die Politik nach wie vor schwerpunktmäßig andere Prioritäten. Weiterhin würden neue soziale Wohltaten gefordert und ökologische Prestigeprojekte umgesetzt. Die nach wie vor ungeklärte Frage von Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit bei der Energiewende würde die Investitionsbereitschaft der Unternehmen an den heimischen Industrie-Standorten eher bremsen. „Zu viele Menschen in Deutschland glauben immer noch, dass unser Land unverwundbar ist“, erklärte Kirchhoff. Erfolge beim Arbeitnehmer-, beim Verbraucher- oder beim Klimaschutz seien aber nur mit einer starken Industrie zu erreichen. „Es wäre nicht schlecht, würde sich diese Erkenntnis auch wieder mehr in den Köpfen der Politiker festsetzen“, sagte der NRW-Metallarbeitgeberpräsident. Das Jahr 2020 sei ein guter Zeitpunkt für eine grundlegende wirtschaftspolitische Erneuerung im Land.

Die Ergebnisse der METALL-NRW-Umfrage im Einzelnen:

Geschäftslage: Die aktuelle Wirtschaftslage bewertet die nordrhein-westfälische M+E-Industrie so schlecht wie seit zehn Jahren nicht mehr: Fast ein Drittel der befragten Unternehmen (33 Prozent) bezeichnet ihre gegenwärtige Geschäftslage als „schlecht“ (2018/19: 9 Prozent). Nur noch ein Fünftel ist mit der aktuellen Lage „zufrieden“ (21 Prozent), im Vorjahr war es noch fast die Hälfte der Betriebe (2018/19: 48 Prozent).

Geschäftserwartungen: Bei den Geschäftsperspektiven für die nächsten sechs Monate hat sich die Zahl der Pessimisten gegenüber dem Vorjahr weiter erhöht. Fast ein Drittel (31 Prozent) erwartet rückläufige Geschäfte (2018/19: 22 Prozent), nur 9 Prozent erwarten eine Besserung (2018/19: 13 Prozent).

Auftragslage: Im Jahr 2019 hat sich die Auftragslage insgesamt spürbar verschlechtert.

·        Die Ordertätigkeit aus dem Inland bezeichnen 37 Prozent der Betriebe als „schlecht“ (2018/19: 11 Prozent), demgegenüber nur noch 18 Prozent als „gut“ (2018/19: 46 Prozent).
·        Die Nachfrage aus dem Ausland bewerten 38 Prozent der Betriebe als „schlecht“ (2018/19: 13 Prozent), dagegen nur noch 20 Prozent als „gut“ (2018/19: 41 Prozent).

Auftragserwartungen: Für das erste Halbjahr 2020 rechnen die M+E-Unternehmen mit einer weiter nachlassenden Ordertätigkeit.

·        Bei den Inlandsaufträgen erwarten 30 Prozent eine Verschlechterung (2018/19: 23 Prozent). An eine Verbesserung glauben derzeit nur 9 Prozent (2018/19: 13 Prozent).

·        Bei den Auslandsorders rechnen 27 Prozent in den kommenden sechs Monaten mit einer Verschlechterung (2018/19: 22 Prozent). Eine Verbesserung erwarten lediglich 11 Prozent (2018/19: 12 Prozent).

Ertragslage: Nach der aktuellen Ertragslage gefragt, haben sich die Einschätzungen der Betriebe binnen eines Jahres komplett gedreht. Während sich die Zahl der Betriebe, die ihre Erträge als „gut“ bezeichnen, auf 14 Prozent halbiert hat (2018/19: 30 Prozent), hat sich die Zahl der Unternehmen, die ihre Ertragslage als „schlecht“ bewerten, auf 37 Prozent verdoppelt (2018/19: 18 Prozent).

Ertragserwartungen: Der Blick auf die Erträge der nächsten sechs Monate ist in der nordrhein-westfälischen M+E-Industrie von weiterhin anhaltender Skepsis geprägt. Mit einer rückläufigen Ertragsentwicklung rechnen 29 Prozent (2018/19: 22 Prozent), mit einer Verbesserung demgegenüber nur 12 Prozent (2018/19: 17 Prozent).

Investitionen: Bei den Investitionsplänen der Unternehmen zeichnet sich für das kommende Jahr eine deutliche Zurückhaltung ab.

·        Im Inland wollen nur 14 Prozent der Betriebe ihre Investitionen ausweiten, im Vorjahr waren es noch 28 Prozent. Dagegen wollen  32 Prozent der Firmen ihre Investitionen zurückfahren (2018/18: 18 Prozent).

·        Im Ausland planen nur noch 10 Prozent mit zunehmenden Investitionen (2018/19: 18 Prozent), demgegenüber beabsichtigen 26 Prozent (2018/19: 13 Prozent), ihre Investitionen zu drosseln.

Beschäftigung: Das zunehmend angespannte Geschäftsklima wirkt sich inzwischen auch erkennbar auf die Beschäftigung aus.

·        Neueinstellungen: Während in den vergangenen sechs Monaten noch 23 Prozent der Betriebe Neueinstellungen meldeten, planen dies für das nächste Halbjahr gerade einmal 11 Prozent. Vor einem Jahr lagen die Vergleichswerte noch bei 41 Prozent (2. Halbjahr 2018) und 22 Prozent (1. Halbjahr 2019).

·        Beschäftigungsabbau: In den vergangenen sechs Monaten haben 23 Prozent der Unternehmen Beschäftigung abgebaut, für die nächsten sechs Monate planen 27 Prozent mit einer rückläufigen Beschäftigung. Vor Jahresfrist lagen die Vergleichswerte bei 8 Prozent (2. Halbjahr 2018) und 9 Prozent (1. Halbjahr 2019).

·        Kurzarbeit: Der Anteil der Unternehmen mit Kurzarbeit lag in den vergangenen sechs Monaten bei 14 Prozent, für die nächsten sechs Monate plant fast jeder fünfte Betrieb (19 Prozent) mit Kurzarbeit. Vor einem Jahr meldeten lediglich 1 Prozent der Betriebe (2. Halbjahr 2018) sowie 3 Prozent (1. Halbjahr 2019) Kurzarbeit.

Ausbildung: Als weitgehend stabil erweist sich indes die Ausbildungssituation in der nordrhein-westfälischen Metall- und Elektroindustrie. Nach wie vor wollen deutlich mehr als zwei Drittel der Betriebe (71 Prozent) ihr hohes Engagement unverändert beibehalten (2018/19: 74 Prozent). Demgegenüber planen neun Prozent der Betriebe eine Ausweitung ihrer Ausbildungsaktivitäten (2018/19: 18 Prozent). Ein Fünftel der Betriebe (20 Prozent) melden hingegen einen Rückgang von Ausbildungsplätzen (2018/19: 8 Prozent).

Infos: METALL NRW

Kommentar hinterlassen zu "Metall- und Elektroindustrie in NRW befindet sich in unruhiger See"

Hinterlasse einen Kommentar

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.