Die Sperrung der A45 trifft den Lebensnerv einer ganzen Region

Für die Wirtschaft in Südwestfalen ist die Sperrung der Autobahn A45 bei Lüdenscheid eine Katastrophe. Nach den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie und dem dadurch verursachten Zusammenbruch wichtiger Lieferketten, ist die Sperrung der wichtigsten Verkehrsader Südwestfalens wegen einer maroden Autobahnbrücke ein weiterer Schlag ins Kontor der drittstärksten Industrieregion Deutschlands.

Nach Angaben der Autobahn GmbH fand im Zuge der laufenden Neubauplanung Anfang Dezember eine Bauwerkskontrolle an der Talbrücke Rahmede statt, bei der Verformungen im Stahlüberbau festgestellt wurden. Gemeinsam mit den vor Ort agierenden Fachingenieuren wurde entschieden, die Brücke vorsorglich für den gesamten Verkehr zu sperren. „Wir prüfen das Bauwerk nun in der gesamten Länge, um einen Gesamtüberblick über das Schadensbild zu bekommen“, sagt Elfriede Sauerwein-Braksiek, Direktorin der Niederlassung Westfalen der Autobahn GmbH.

Bild: Die Autobahn GmbH des Bundes

Wie die Autobahn GmbH weiter mitteilt, ist die Konstruktion der Brücke sehr filigran. So haben die beiden großen, fünf Meter hohen Stahl-Träger rechts und links gerade einmal eine Wandstärke von einem Zentimeter. Zwischen den Trägern liegt eine Fachwerkkonstruktion, auf der die Fahrbahnplatte aufliegt. „In der Stahlwand haben wir mit einem Laserscan Verformungen festgestellt, die die Tragfähigkeit der Brücke beeinflussen können“, erklärt Michael Neumann, Projektleiter bei der Autobahn Westfalen. Statik-Experten der Firma Ruhrberg-Ingenieure haben aktuell mit zusätzlichen Untersuchungen begonnen: „Wir schauen uns jedes Bauteil im Detail an“, sagt Winfried Neumann, Geschäftsführer der Ruhrberg-Ingenieure.

Für Elfriede Sauerwein-Braksiek ist es wichtig, weitere Gutachter mit ins Boot zu holen: „Sicherheit ist das oberste Gebot, darum müssen wir uns jetzt Zeit nehmen, die Brücke genauer zu untersuchen“, sagt die Direktorin der Autobahn Westfalen. „Wir wissen, dass die Vollsperrung eine hohe Belastung für die Menschen in der Region bedeutet und haben auch die Funktion der A45 als wichtige Achse des Güterverkehrs im Blick. Wir sind darum auch mit Straßen.NRW und der Stadt Lüdenscheid in engem Kontakt, um auf den Umleitungsstrecken den Verkehr so gut fließen zu lassen wie möglich.“ Für den Winterdienst wurde für die Umleitungsstrecke in Zusammenarbeit mit Straßen.NRW der Autobahnstandard organisiert, das heißt, dass auch in der Nacht Streufahrzeuge in höherer Frequenz auf den Straßen unterwegs sind.

Wann und wie viel Verkehr in Zukunft über die Talbrücke Rahmede fließen kann, entscheidet sich nach Abschluss der Untersuchungen und der Bewertung der Ergebnisse. „Dabei schreiben wir das Untersuchungsprogramm stetig fort, abhängig von den gewonnenen Erkenntnissen“, so Michael Neumann. Parallel laufen Überlegungen, ob und welche Verstärkungsmaßnahmen für das Bauwerk möglich sind.

Wie inzwischen bekannt geworden ist, wird die Sperrung mehrere Monate andauern und für den Güterverkehr wohl von Dauer sein. Sollte ein Neubau der Autobahnbrücke erforderlich werden, dürfte das etwa acht Jahre beanspruchen. Derzeit wird der Güterverkehr über die Bedarfsumleitung U16 geführt und mit Hilfe des Verkehrsleitsystems der Autobahn großräumig umgeleitet, so die Autobahn GmbH. Für die Anwohner ergibt sich daraus eine enorme Belastung und für den Güterverkehr hat das erhebliche zeitliche Verzögerungen zur Folge. Der Schaden für den Wirtschaftsstandort Südwestfalen ist schon jetzt enorm und wird zukünftig noch größer werden. Das betrifft vor allem die Industrieunternehmen, die auf zuverlässige Transportwege angewiesen sind.

Zu den Auswirkungen haben die Arbeitgeberverbände Siegen-Wittgenstein Unternehmerinnen, Unternehmer und Führungskräfte aus ihren Mitgliedsunternehmen befragt. Und die Antworten sind ziemlich eindeutig ausgefallen. Auf die Frage, ob ihr Unternehmen von den Folgen der Sperrung der Autobahn A45 betroffen ist, antworteten fast 83 Prozent mit ja. Lediglich 17 Prozent verneinten mögliche Auswirkungen. 76 Prozent der Unternehmerinnen, Unternehmer und Führungskräfte, die an der Umfrage teilgenommen haben, erwarten durch die Sperrung zusätzliche Kosten für ihr Unternehmen. Langfristige Auswirkungen auf die eigene Wettbewerbsfähigkeit sehen immerhin noch knapp 45 Prozent, 55 Prozent eher nicht.

Dieses Ergebnis zeigt nicht nur, welche Folgen es für die Wirtschaft einer ganzen Region hat, wenn ein zentraler Verkehrsweg ausfällt. Es zeigt auch die Abhängigkeit der Unternehmen von einer funktionierenden Verkehrsinfrastruktur. „Wenn man sich das Alter und die Haltbarkeit vieler Brückenbauwerke in Deutschland anschaut, dann handelt es sich bei der Talbrücke Rahmede sicher nicht um einen Einzelfall. Da ist in der Vergangenheit manches versäumt worden, was die Erhaltung leistungsfähiger Verkehrswege angeht“, so die Arbeitgeberverbände Siegen-Wittgenstein. Jetzt, so die Verbände weiter, sei es dringend erforderlich, schnell nutzbare Alternativen für den Lieferverkehr bereit zu stellen. Eine völlig überlastete Umgehung kann auf Jahre hinaus nicht die Lösung sein.

Info: Arbeitgeberverbände Siegen-Wittgenstein

Quelle: Die Autobahn GmbH des Bundes

 

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