„Campus Buschhütten“ nimmt Fahrt auf

Diese Skizze zeigt die Außenansicht des zukünftigen Campus Buschhütten.

Die Halle 54 von Volkswagen in Wolfsburg setzte einst Maßstäbe in Sachen automatisierter und roboterbasierter Fertigung. Die Hallen 5 und 6 der Achenbach Buschhütten GmbH & Co. KG in Kreuztal-Buschhütten dürften für die Industrie in Siegen-Wittgenstein und darüber hinaus zu einem vergleichbaren Leuchtturmprojekt werden. Dort entsteht nämlich in Kooperation mit der Universität Siegen der „Campus Buschhütten„. Der Vertrag zwischen Unternehmen und Uni wurde jetzt im Beisein zahlreicher Gäste aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung von Dipl.-Ing. ETH Axel E. Barten, Geschäftsführender Gesellschafter der Achenbach Buschhütten GmbH & Co. KG, und Ulf Richter, Kanzler der Universität Siegen, unterzeichnet.

Dipl.-Ing. ETH Axel E. Barten (links), Geschäftsführender Gesellschafter der Achenbach Buschhütten GmbH & Co. KG, und Ulf Richter, Kanzler der Universität Siegen, unterzeichneten den Vertrag.

2019 hat das Projekt „Campus Buschhütten“ Fahrt aufgenommen. Das Leitbild wurde schnell gefunden: „Wir produzieren. Zukunft“. Auch die erforderlichen Baumaßnahmen wurden inzwischen auf den Weg gebracht. Auf ca. 5.000 qm entstehen moderne Büroflächen, Labore und multifunktionale Hallenflächen in einem voll digitalisierten Gebäude. Die Hallen werden so zu einem modernen „Place to be“ für Innovation, Forschung und Demonstration der Produktionstechnik. Es entsteht eine einzigartige Verbindung aus Industrietradition und Zukunftsgewandtheit. Universität und Unternehmen sollen dort einen Ort finden, um gemeinsam Produktionstechnik der Zukunft zu entwickeln und zu vermitteln.

Initiatoren des Projektes sind Prof. Dr.-Ing. Peter Burggräf, Lehrstuhlinhaber International Production Engineering and Management (IPEM) an der Universität Siegen und Dipl.-Ing. ETH Axel E. Barten. Professor Burggräf wird mit seinem Lehrstuhl und 15 Mitarbeitern selbst auf den neuen Campus ziehen. Dort sollen dann beispielsweise mit einer Demonstrationsanlage verschiedene Aspekte der Industrie 4.0 erforscht werden. Gleichzeitig entsteht dort ein moderner Lernort für die Studierenden des Maschinenbaus der Universität Siegen.

Ein weiterer Mieter und Partner auf dem Campus wird die „Smarte Demonstrationsfabrik Siegen“ (SDFS) sein. Die Demonstrationsfabrik wird Produkte z. B. für die Automobilindustrie unter realen Bedingungen herstellen. Gleichzeitig dient sie als Labor für Forschung, Entwicklung und Demonstration der neuesten Produktionstechnik. Partner sind eingeladen, sich an diesem Labor zu beteiligen und einen erlebbaren Ausstellungs- und Weiterbildungsort zu gestalten. Ein bereits aktiver Partner ist die Carl Cloos Schweißtechnik GmbH, die modernste Schweiß- und Automatisierungstechnik in der Demonstrationsfabrik präsentieren wird. Auf einer Anlage von Cloos fertigt die Demonstrationsfabrik in einer Übergangshalle bereits die Hinterachse des Elektrofahrzeugs „e.GO Life“. Auch die NET AG system integration ist bereits Mitglied und wir die Demonstrationsfabrik nutzen, um das gesamte Leistungsspektrum moderner digitaler Engineering-Lösungen (CAD, PLM, IIoT) vermitteln zu können. Zukünftig soll die SDFS mit der bereits etablierten Demonstrationsfabrik in Aachen unter der Leitung von Prof. Dr. Günther Schuh, Direktor des Werkzeugmaschinenlabors der RWTH Aachen (WZL) und CEO der e.GO Mobile AG, vernetzt werden. Geplant ist zudem, dass das WZL für einen zunächst begrenzten Projektzeitraum eine eigene Fläche im Campus Buschhütten anmietet.

Achenbach Buschhütten selber wird den Campus nutzen, um dort die seit Jahrzehnten bewährte gewerblich-technische Ausbildungswerkstatt unter neuer Firmierung als „Smarte Lernfabrik Achenbach Buschhütten“ neu anzusiedeln. Im Zeitalter von Industrie 4.0 soll die gewerblich-technische Ausbildung so schnell wie möglich auf eine neue Basis gestellt werden. Wertvolle didaktische Begleitung wird dabei der Lehrstuhl für Didaktik der Technik am Berufskolleg der Universität Siegen unter der Leitung von Prof. Dr. Ralph Dreher leisten. Konkret geht es in der Ausbildung darum, künftig verstärkt Methodenkompetenzen, moderne Formen der Zusammenarbeit und IT-Fähigkeiten sowie den Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) zu vermitteln. Dies gilt für die derzeitigen Ausbildungsberufe zum Industriemechaniker und Zerspanungsmechaniker und für den neuen Ausbildungsberuf des Produktionstechnologen, der das Ausbildungsspektrum bei Achenbach ergänzen wird. Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt werden Weiterbildungsangebote sein. In enger Zusammenarbeit mit der SDFS werden zusätzliche Ausbildungsmodule in das Programm der Smarten Lernfabrik aufgenommen. Damit rücken universitäre Lehre und duale Ausbildung am Campus Buschhütten enger zusammen.

Das Siegerland ist durch eine jahrhundertealte Industrietradition geprägt. Diese Kultur und Historie der regionalen Industrie sind in den Hallen 5 und 6 der Achenbach Buschhütten GmbH & Co. KG spürbar, die zukünftig unter der Bezeichnung „Campus Buschhütten“ zu neuem Leben erweckt werden. Bei den beiden Hallen handelt es sich um die Mitte des 19. Jahrhunderts errichteten Gebäude der Walzengießerei Engelhard Achenbach Seel. Söhne, wie das heutige Unternehmen Achenbach Buschhütten bis in die 1930er Jahre firmierte. Nach der Stilllegung der Walzengießerei 1987 und der Konzentration auf den Walzwerksanlagenbau wurden die Hallen drei Jahrzehnte lang zu Lagerzwecken genutzt.

Neben der industriekulturellen Bedeutung des Ensembles im Zentrum von Buschhütten besticht vor allem die Halle 5 mit ihrer rigiden, sorgfältig gestalteten Backsteinfassade und ihrer filigranen Stahlkonstruktion. Für den Architekten Florian Hoogen ist es zweifelsfrei eine besondere Aufgabe, die beiden Hallen unter Erhalt der architektonischen Schönheit zu modernisieren: ebenerdig, mehrschiffig, teils 16 Meter hoch und bis zu 120 Meter lang.

Achenbach Buschhütten selbst ist eines der ältesten industriellen Familienunternehmen in Deutschland. 1452 als Schmiedehammer gegründet, ist Achenbach nach rund 400 Jahren im genossenschaftlichen Besitz zu 100 Prozent ein reines Familienunternehmen, das derzeit in 7. und 8. Generation nach den Brüdern Achenbach, die den Eisenhammer 1846 kauften, gemeinsam geführt wird.

„Familienunternehmen im eigentlichen Sinn befinden sich in Familienbesitz, sind eigentümergeführt und in den meisten Fällen von mittelständischer Unternehmensgröße. Zu ihren Vorteilspositionen zählen 1. eine große Wertestabilität bspw. in Bezug auf die verfolgte Qualitätsstrategie, 2. eine große Mitarbeiterloyalität, wie vergleichsweise lange Betriebszugehörigkeiten belegen und 3. eine große Handlungsflexibilität im Sinne von schnellem Lernen und pragmatischem Handeln – allesamt Vorteilspositionen, die es zu nutzen gilt.

Basis dafür ist eine vergleichsweise langfristige Orientierung in der Unternehmensführung, sowohl in Bezug auf die strategischen Unternehmensziele als auch hinsichtlich der personellen Führung, die nicht selten jahrzehntelang anhält. Gut geführten Familienunternehmen gelingt es, die Institution ‚Unternehmen‘ mit dem Gestaltungsprinzip ‚Leistung‘, mit der Institution ‚Familie‘, das dem Gestaltungsprinzip ‚Solidarität‘ gehorcht, zu verbinden: Erfolgsstreben und Rationalität, um im Markt erfolgreich zu sein, werden ergänzt um einen Schuss ‚Solidarität‘ i.S. von Sicherheit, Fürsorge und Wir-Gefühl.

Gut geführte Familienunternehmen wissen um die Tatsache, dass Vorsprünge von Produkten und Know how stets Vorsprünge durch einzelne Menschen sind, die Mitarbeiter aus der Region. Unternehmerfamilien, die dies beherzigen, identifizieren sich mit der heimischen Region, sind vor Ort präsent und fühlen sich in ihrer unternehmerischen Verantwortung auch über den rein wirtschaftlichen Bereich hinaus angesprochen. Sie unterstützen die Region im Rahmen des Möglichen, im Kleinen und manchmal eben auch im Größeren, wenn es die Gunst der Stunde erlaubt, wie ganz aktuell in Sachen Campus Buschhütten.“

Axel und Dr. Gabriele Barten
für die Unternehmerfamilie eines der ältesten industriellen Familienunternehmen in Deutschland

Grafiken und Informationen: Achenbach Buschhütten GmbH & Co. KG

Foto: Julia Förster

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