Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft im Fokus behalten

Arndt. G. Kirchhoff, Siegfried Koepp und Stefan Stracke stellten die Ergebnisse der jährlichen Konjunkturumfrage für den Arbeitgeberverband Olpe vor.

In ihrem Herbstgutachten vom 8. Oktober 2015 bezeichnen die Wirtschaftsforschungsinstitute die „Deutsche Konjunktur“ als stabil. In 2015 lag die Steigerung des realen Bruttoinlandproduktes (BIP) bei 1,7 Prozent. Für das nun neue Jahr wird auch von einem ähnlichen Ergebnis auszugehen sein. „In Anbetracht dessen, dass sich die Zinsen auf einem historischen Allzeittief befinden, der gesunkene Rohölpreis Kaufkraftgewinne bringt und die Euro-Abwertung einem kleinen Konjunkturprogramm gleichkommt, ist das keine hohe Wachstumsprognose. Ob sie denn überhaupt nach dem chinesischen Börsenbeben, das  vor dem Hintergrund  der Sorge um eine harte Landung der chinesischen Wirtschaft zu sehen ist und entsprechende Auswirkungen für deutsche Unternehmen haben könnte, zu realisieren ist, bleibt abzuwarten“, so Siegfried Koepp, der Vorsitzende des Allgemeinen Arbeitgeberverbandes für den Kreis Olpe e.V. Gemeinsam mit seinem Vorstandskollegen Arndt G. Kirchhoff und dem Verbandsgeschäftsführer Stephan Stracke stellte er in einem Pressegespräch die Ergebnisse der regelmäßig zum Jahreswechsel stattfindenden Konjunkturumfrage vor. An der Umfrage beteiligten sich 25 Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie im Kreis Olpe mit rund 6200 Beschäftigten, darunter 445 Auszubildenden.

Auch der Sachverständigenrat (SVR) zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung – genannt die Fünf Wirtschaftsweisen – schätze die Situation in seinem Jahresgutachten 2015/2016 so ein. In seinem Gutachten vom 11. November 2015 liegt der Schwerpunkt seiner Analyse auf folgenden drei Themen:

  1. Die wirtschaftliche Herausforderungen der Flüchtlingsmigration, die Deutschland und Europa vor bisher kaum gekannte Herausforderungen stellen.
  2. Die Stärkung der Architektur des Euroraumes.
  3. Die Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.

Laut SVR sei derzeit kaum eine Aufbruchstimmung zu spüren, die Deutschland befähigen könnte, seine starke wirtschaftliche Stellung in einer immer enger verflochtenen und digitalisierten Welt zu behaupten. Besonders der vom SVR bereits im Vorjahr angeprangerte flächendeckende Mindestlohn, der für sich genommen schon wachstums- und beschäftigungshemmend wirke, solle besonders unter dem Aspekt des enormen Asylanten- und Flüchtlingsstroms, der aus überwiegend nicht oder nur unzureichend ausgebildeten Menschen bestehe, überdacht werden. Darüber hinaus weist Koepp darauf hin, dass sich das gesamtwirtschaftliche Produktivitätswachstum seit dem Jahre 2005 verlangsamt habe, was u.a. damit zu erklären sei, dass die international vorgenommene Umstrukturierung der Wertschöpfungsketten besonders im „Verarbeitenden Gewerbe“ nahezu abgeschlossen sei.

Nach Zeiten ständig neuer Ausgabenpakete in der Sozialversicherung – man denke an die „Rente mit 63“ oder die „Mütterrente“ – sowie steigender Abgabenlasten müssten die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dringend verbessert werden. Ebenso seien bei zunehmender Digitalisierung der Arbeitswelt verstärkte Bildungs- und Weiterbildungsanstrengungen notwendig. Letzteres besonders, um die Integration der Migranten sicherzustellen. Mit ihnen sei zwar durchaus eine Chance für den Arbeitsmarkt verbunden, doch werde diese Chance nur genutzt werden können, wenn eine Integration sowohl in den Arbeitsmarkt als auch in die Gesellschaft gelinge. Dies könne aber kein Ersatz für eine zielgenau gesteuerte Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte sein, die es in Deutschland schon wegen eines fehlenden Einwanderungsgesetzes nicht gebe.

„Im Hinblick auf den Gesamtarbeitsmarkt sollten Regelungen, die die Tariffreiheiten weiter einschränken, sowie Regulierungen für Werkverträge und zusätzliche Einengungen bei der Zeitarbeit vermieden werden“. Stattdessen führen jedoch die Umwelt-, Sozial- und Energiepolitiker in ihrer Arbeitsweise so fort, als sei die Kraft unserer Betriebe unerschöpflich. Man beachte nur den gerade vorgelegten Referentenentwurf zu Zeitarbeit und Werkverträgen. „Werden diese flexiblen Beschäftigungsmöglichkeiten tatsächlich weiter beschnitten, kann eine Arbeitsmarktintegration von Arbeitskräften mit Einstellungserschwernissen nicht gelingen“. Im Gegenteil. Angesichts des steigenden Arbeitsangebots im Niedriglohnbereich dürfe der Mindestlohn nicht erhöht werden und zudem müsse die Ausnahme vom Mindestlohn für Langzeitarbeitslose von sechs auf zwölf Monate verlängert werden. „Es bleibt nun abzuwarten, welche Richtung die große Koalition in diesen Fragen einschlagen wird und ob sie es schafft, wirtschaftliche Prioritäten zu setzen, die helfen, die Zukunftsfähigkeit von Deutschland zu sichern“, so Koepp abschließend.

„Die Produktion bei der M+E-Industrie in Deutschland hat bis Oktober 2015 nur um etwa 0,8 Prozent (2014 etwa 2,4 Prozent) zulegen können. Gleichzeitig unterschreitet man noch deutlich das Vorkrisenniveau des Jahres 2008. Dies hat in Verbindung mit den hohen Entgeltsteigerungen der Vorjahre zu stark erhöhten Lohnstückkosten geführt. Damit erklärt sich ebenfalls, dass der Oktober-Beschäftigungsstand in der nordrhein-westfälischen M+E – Industrie mit etwa 693 T. Personen (bundesweit 3.825 T Beschäftigte) den Vorkrisenstand um etwa 21 T. Beschäftigte unterschreitet und auch für das laufende Jahr allenfalls eine leichte Belebung erwartet wird. Nach der Auswertung unserer Mitgliederbefragung vom Dezember 2015 stellen sich die Prognosen für die M+E – Industrie unseres Verbandsgebietes im Vergleich zu NRW etwas optimistischer dar. 84 Prozent der befragten Unternehmen gehen von einem gleichbleibenden Beschäftigtenstand aus, und nur 4 Prozent sehen Entlassungen bzw. Kurzarbeit auf sich zukommen. Neueinstellungen planen 12 Prozent der Unternehmen“, so Stephan Stracke.

„Als recht positiv können auch die Geschäftserwartungen der heimischen Unternehmen angesehen werden. Etwa 88 Prozent der Unternehmen bewerten sie als besser oder gleich gut. Nur 8 Prozent geben das Votum „gleich schlecht“ und wiederum nur 4 Prozent das Votum „schlechter“ ab. Diese Lageentwicklung spiegelt sich auch bei den Inlandsaufträgen wieder. Hier gehen 84 Prozent der Unternehmen von einem besseren oder gleich guten Verlauf aus. Eine Verschlechterung erwarten dagegen 12 Prozent der Befragten. 4 Prozent bewerten die Entwicklung bei den Inlandorders als gleich negativ. Weniger optimistisch werden die zukünftigen Auslandsaufträge bewertet. Nur 71 Prozent der Unternehmen sehen hier eine Verbesserung oder ein gleichbleibend gutes Niveau auf sich zukommen. 29 Prozent erwarten eine gleich schlechte oder schlechtere Entwicklung“. „Die aktuelle Ertragslage der Unternehmen werde von 92 Prozent der Unternehmen als befriedigend oder gut angesehen. Die Erwartungen für das Jahr 2016 seien per Saldo ebenfalls positiv. Zwar rechne jedes sechste (Vorjahr jedes zweite) Unternehmen mit einer verschlechterten Ertragslage, doch erwarteten etwa 84 Prozent der Unternehmen (Vorjahr etwa 20 Prozent) eine gleichbleibende oder sogar verbesserte Ertragslage“, so Stracke weiter.

„Betont werden muss“, so Siegfried Koepp, „dass sich die zugrunde liegende Auswertung der Konjunkturumfrage 2015 / 2016 auf Erwartungen der Unternehmen stützen und die hier getroffenen Aussagen infolge dessen lediglich als Stimmungslage zu werten sind“. Übereinstimmend mit den Wirtschaftsforschungsinstituten und den Wirtschaftsweisen rechne auch er für das laufende Jahr 2016 mit einem sich – mit 1,8 Prozent – nur mäßig entwickelnden gesamtwirtschaftlichen Wachstum. Zwar solle die Industrieproduktion um 1,5 Prozent wachsen, doch heruntergebrochen auf die M+E-Industrie bedeute dies gerade einmal 4 Prozent mehr als im Jahre 2008, dem Beginn der globalen Wirtschaftskrise.

„Die nordrhein-westfälischen Unternehmen der M+E-Industrie sind insgesamt ordentlich aufgestellt. Ansonsten wäre die M+E-Beschäftigung in Nordrhein-Westfalen noch stärker zurückgegangen, als tatsächlich geschehen. Aber der Rückgang der Beschäftigung bis Oktober des letzten Jahres um 6.140 Personen oder 0,88 Prozent ist ein Alarmzeichen. Wir haben damit NRW-weit mehr Beschäftigung eingebüßt, als wir in den Jahren 2013 und 2014 mühsam aufgebaut haben. Besonders betroffen sind dabei der Maschinenbau und die Automobilindustrie. Erklärbar ist diese Negativentwicklung u.a. dadurch, dass sich seit April 2012 die Tarifentgelte um 14 Prozent erhöht haben. Die Produktivitätsentwicklung konnte damit bei weitem nicht Schritt halten. Alleine im letzten Jahr betrug die Steigerung bei den Arbeitskosten 3,1 Prozent. Gleichzeitig machte der Produktivitätsfortschritt je Beschäftigtenstunde nur 0,1 Prozent aus. So haben sich die Lohnstückkosten zwangsläufig um weitere 3 Prozent erhöht. Erklärtes Ziel für die anstehende Tarifrunde muss es sein, zu einer produktivitätsorientierten Tarifpolitik zurückzukehren“, so Arndt G. Kirchhoff, der stellvertretende Vorsitzende des AGV Olpe und Vorsitzende der Fachgruppe Metall. Als Präsident von Metall NRW leitete Kirchhoff die letztjährige M+E-Tarifrunde in NRW.

„Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland hat sich abermals verringert und mit ca. 2,681 Millionen den Vorjahresstand im Dezember um etwa 115 T oder 3,84 Prozent (Arbeitslosenquote: 6,1 Prozent, Vorjahresmonat 6,4 Prozent) unterschritten. Nicht ganz so stark hat die Zahl der Arbeitslosen in NRW abgenommen. Hier konnten die Arbeitslosenzahlen nur um etwa 1,4 Prozent auf zuletzt 717 T. abgesenkt werden (Arbeitslosenquote: 7,7 Prozent, Vorjahresmonat 7,8 Prozent). Im Gesamtbezirk Siegen / Wittgenstein / Olpe ist sogar die niedrigste Arbeitslosenquote seit 1998 zu verzeichnen. Hier waren im Dezember 2015 insgesamt 598 Personen weniger arbeitslos als ein Jahr zuvor. Dies spiegeln auch die Arbeitslosenquoten wider, die für den Gesamtbezirk 4,8 Prozent (Vorjahresmonat 5,1 Prozent) aller zivilen Erwerbspersonen und für die Teilregion Olpe niedrige 4,0 Prozent (Vorjahresmonat 4,4 Prozent) ausweisen. Gleichzeitig wuchs im Agenturbezirk die Anzahl freier Stellen um 12,7 Prozent auf nunmehr 2.322. Absehbar ist jedoch bereits zum jetzigen Zeitpunkt, dass die zunehmende Zahl von Flüchtlingen die Gesamtstatistik verschlechtern wird“. Angesichts der abgefragten Beschäftigungsentwicklung rechnet Kirchhoff für das Jahr 2016 allenfalls „mit einer sich leicht verbessernden Beschäftigungsentwicklung in der M+E- Industrie“.

Dieser verhaltene Optimismus nähre sich aus der leicht ansteigenden Investitionsneigung. Immerhin 36 Prozent (Vorjahr: 10,5 Prozent) der Unternehmen planten steigende Investitionen. Mit einem unveränderten Niveau rechneten dagegen fast 40 Prozent der Unternehmen (Vorjahr fast 60 Prozent). Immer noch jedes vierte Unternehmen erwarte dem gegenüber sinkende Investitionen (Vorjahr jedes dritte). Dieser per Saldo leicht positive Aspekt für den Arbeitsmarkt werde jedoch durch die Tatsache getrübt, dass die Zahl der offenen Stellen von 610 T im Dezember 2014 auf nunmehr 590 T zurückgegangen sei, so Kirchhoff weiter.

Positiv zu vermerken sei allerdings, dass sich die Ausbildungsplanungen weiterhin auf hohem Niveau befänden. Insgesamt gingen 72 Prozent der Unternehmen von einer gleichbleibenden Höhe des Ausbildungsplatzangebotes aus. Die Meldungen bzgl. Auf- bzw. Abbau hielten sich etwa die Waage. Insgesamt dürfe somit wiederholt mit einer Ausbildungsquote von über 7 Prozent gerechnet werden. „In dieser Verstetigung spiegelt sich ein hohes soziales Engagement der im Kreis angesiedelten Unternehmen und die Verinnerlichung der demographischen Entwicklung wider“, so Kirchhoff abschließend.

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