Walzen für die Welt – Neues Buch zeichnet 200 Jahre bewegter Siegerländer Walzenguss-Geschichte nach

Das Buch „Walzen für die Welt. Eine Chronik des Siegerländer Walzen­gusses. 1820 bis 2020“ ist in einer kleinen Auflage im Verlag Vorländer erschienen. Es umfasst rund 400 Seiten Text mit vielen Bildern und Tabellen. (Foto: Josef Wiesmann)

Walzen haben bis heute in industriellen Prozessen eine überragende Bedeutung. Sie kommen bei der Entstehung vieler Produkte des täglichen Lebens zum Einsatz – man denke nur an Lebensmittel wie etwa Mehl oder an Autos, Flugzeuge, Chemieanlagen, Rüstung, Energieversorgung, Papier und Folien. Immer noch haben die Hersteller von gegossenen Walzwerks­walzen ihren europäischen Schwerpunkt im Siegerland. Die Entwicklung dieses einzigartigen Walzenguss-Clusters, welche vor rund 200 Jahren begann, wird nun in einem Buch „Walzen für die Welt. Eine Chronik des Siegerländer Walzengusses. 1820 bis 2020“ von Josef Wiesmann nachgezeichnet.

Der Autor beschreibt die Entwicklung der Branche beginnend mit den ersten Walzengüssen aus dem Holzkohle-Hochofen auf der Marienborner Hütte um 1820 und ihren enormen Aufschwung nach dem Eisenbahnbau ins Sieger­land 1861 bis zum Ersten Weltkrieg. Walzwerke und Walzenguss trugen damals entschei­dend mit dazu bei, dass sich die Industriestruktur im Siegerland weg von der Montanindustrie hin zum industriellen Weiterverarbeitungsbereich entwickeln konnte.

Das Foto zeigt die Walzenbearbeitung bei Peipers im Jahre 1886. (Foto: Gontermann-Peipers)

In der Weimarer Zeit hatten die Walzengießereien wirtschaftlich größtenteils schwieri­ge Jahre – Hyperinflation, Ruhrbesetzung und die Weltwirtschafts­krise hinterließen tiefe Spuren. Während der NS-Zeit profierte die Branche enorm von der massiven Aufrüstung. Im Zweiten Weltkriegs liefen die Geschäfte zunächst ziemlich ungestört weiter, auch dank dem Einsatz von Fremdarbeitern und Kriegsgefangenen. Am Ende des Krieges waren nur wenige Gießereien wie etwa Eduard Breitenbach, Roland und teilweise Gontermann-Peipers am Hain mehr oder weniger stark zerstört. Nachdem die Bedrohung durch Demontagen überwunden werden konnte, legte die Branche in der „Wirtschaftswun­derzeit“ einen rasanten Neustart hin.

Mit der ersten Ölkrise 1973 gingen die wachstumsgetriebenen Nachkriegs­jahre im Walzengussbereich zu Ende. Bis zur Jahrtausendwende prägten unstetige Entwick­lungen, Überkapazitäten und Preisverfall die Branche. Die Probleme gipfelten schließlich in der Stilllegung einiger heimischer Gießereien (Eduard Breitenbach, Achenbach und Roland).

Nach der Jahrtausendwende wurden die ersten zwei Jahrzehnte extern durch die Verlagerung der Stahlindustrie nach Asien, durch den rasanten Aufbau der chinesischen Walzengussindustrie, durch den Niedergang vieler Walzenproduzenten in Europa und den USA sowie durch die Wirtschafts- und Finanzkrise und die Covid-19-Pandemie geprägt. Während im ersten Jahr­zehnt bis zur Wirtschaftskrise bei den Siegerländer Gießereien eher Hoch­konjunktur herrschte, kam es im zweiten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts zu wirtschaftlichen Einbrüchen und mitunter zu verlustreichen Jahren.

Josef Wiesmann beschreibt die Entwicklung der Branche beginnend mit den ersten Walzengüssen aus dem Holzkohle-Hochofen auf der Marienborner Hütte um 1820 und ihren enormen Aufschwung nach dem Eisenbahnbau ins Sieger­land 1861 bis zum Ersten Weltkrieg. (Foto: Josef Wiesmann)

Im neuen Buch werden nicht nur diese Entwicklungen beschrieben. Es werden auch Antworten gegeben, warum dieser einzigartige Walzenguss-Cluster, also die räumliche Zusammenballung einer Branche, im lange verkehrlich abgelegenen Siegerland entstand. Angesprochen werden auch Schmelztechniken (von den Kupol- und Flammöfen zu den Elektro-Öfen) und Fertigungsverfahren (Schleuderguss bei Karl Buch, Irle und Gontermann-Peipers) und die Entwicklung neuer Walzentypen vor und nach dem Zweiten Weltkrieg. Auch andere Vorgänge, zum Beispiel eine europaweite Kartellaffäre der Branche, das Wirken der „Fachgemeinschaft Walzengiessereien“, Probleme in den Unternehmensfüh­rungen und im Gesellschafterkreis sowie Übernahmeversuche werden ebenfalls thematisiert.

Das Buch „Walzen für die Welt. Eine Chronik des Siegerländer Walzen­gusses. 1820 bis 2020“ ist in einer kleinen Auflage im Verlag Vorländer erschienen. Es umfasst rund 400 Seiten Text mit vielen Bildern und Tabellen sowie 100 Seiten „Anhang“ und kann für 35,00 € (plus evtl. Porto) direkt beim Autor – E-Mail: jowijo@web.de – erworben werden.

 

Hinterlasse einen Kommentar

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.