Uni und Region auf dem Weg in die Industrie 4.0

Unternehmen, Politik und Universität sind sich einig: Der wirtschaftliche Erfolg der Region Siegen-Wittgenstein hängt in Zukunft von der Digitalisierung und Vernetzung der Betriebe und der Produktion ab, dem Gelingen der Industrie 4.0 (siehe Info). Hilfe auf dem Weg zur Industrie 4.0 bietet nun das Zentrum für die Digitalisierung der Wirtschaft der Universität Siegen (ZDW). Hinter dem Schlagwort Industrie 4.0 verbirgt sich für die kleinen und mittleren Unternehmen der Region (KMU): Die Fusionierung von Informationstechnologien, Maschinenbau und Sensorik in den Arbeits- und Produktionsprozessen. „Wir können Industrie-4.0-Lösungen nur in der Praxis im Unternehmen entwickeln“, betonte Prof. Dr. Volker Wulf von der Uni Siegen bei der Auftaktveranstaltung des ZDW im Gebäude der Siegener Sparkasse.

Das ZDW will der regionalen Wirtschaft eine Plattform bieten, um den Weg zur Industrie 4.0 mittels öffentlich geförderte Forschungsprojekte zu begleiten. WissenschaftlerInnen der Universität Siegen beraten Unternehmen, stehen für Fragen und der Erforschung neuer Technologien zur Verfügung. Prof. Wulf plädiert bei Bund und Land für ein angemessenes Forschungsparadigma für die KMUs in Siegen-Wittgenstein. „Wir müssen sichtbarer werden und zu anderen Regionen aufschließen“, sagte der Dekan der Fakultät III – Wirtschaftswissenschaften, Wirtschaftsinformatik und Wirtschaftsrecht. Genau dies sei Ziel des neu gegründeten ZDW. Wie entscheidend die Erreichung dieses Ziels ist, betonte Siegens Bürgermeister Steffen Mues: „Die Gründung des ZDW ist wichtig, vielleicht überlebenswichtig für die Region.“ Schnell wird dieses Ziel allerdings nicht zu erreichen sein: „Der Weg zur Industrie 4.0 ist kein Projekt. Es ist eine Reise, die 10 bis 15 Jahre dauern wird“, sagte Prof. Dr. Martin Hill, Vize-Präsident von SAP und Honorarprofessor am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und Neue Medien an der Uni Siegen.

Eine Idee, wie die Reise aussehen kann, lieferte Dr. Jörg Doege. Sein Unternehmen Schneider+Co. KG profitiert bereits von der digital-vernetzten Produktion. Seit 2014 ist Schneider Teil des Projekts „Living Lab Energy & Environment“ der Uni Siegen. Dank des Projekts kann Doege für jeden Produktionsprozess den Energieverbrauch in Echtzeit ablesen. Schneider produziert riesige Tiefseerohe mit hohen Qualitätsanforderungen. Die Rohre müssen mit einer aufwendigen Beschichtung ausgestattet werden, ein hochenergetischer Prozess innerhalb der Produktion. „Wir bestimmen den Zeitpunkt der korrekten Beschichtung mit optimaler Qualität anhand des Energieverbrauchs, den wir in Echtzeit messen können“, sagte Doege zum ZDW-Auftakt. Die neuen digitalen Prozesse hätten bereits zu Einsparungen bei der Produktion geführt.

Die vierte Revolution gelingt nicht im Alleingang. Die Industrie 4.0 funktioniert nur als Gemeinschaftsprojekt. „Der Erfolg der Region hängt von der Kooperationsfähigkeit ab. Digitalisierung gelingt nur im Netzwerk“ sagte Harald Peter, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Siegen und betonte: „Wir brauchen dabei die Universität als Anker in die Zukunft.“

Info: Zentrum für die Digitalisierung der Wirtschaft (ZDW)
Das ZDW setzt sich aus vier Gremien zusammen: Gesellschafter, Geschäftsführung, Beirat und Trägerverein. Im Beirat und Trägerverein sitzen Vertreter der Universität und Unternehmen der Region. Dr. Guiseppe Strina und Daniel Schnitzler sind die Geschäftsführer des ZDW. Das ZDW bietet ein auf das jeweilige Unternehmen zugeschnittenes Leistungspaket rund um das Thema Industrie 4.0 an:

  • Kleine Unternehmen und Handwerksbetriebe:
    Vermittlung als Pilotbetriebe in öffentlich geförderte Forschungs- und Entwicklungsprojekte, Potenzialberatungen
  • Mittlere Unternehmen:
    Unterstützung bei der Beantragung und Durchführung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, Beratung bei der Digitalisierung der Geschäftsprozesse, Aufbau einer Lernfabrik 4.0
  • Größere Unternehmen:
    Vermittlung von Experten für spezielle F&E-Themen, eine schnelle und effiziente Auftragsforschung sowie für eine Ramp-Up-Prozessberatung, Unterstützung bei der Weiterentwicklung der Mitarbeiter

Info: Industrie 4.0
Unter der Industrie 4.0 wird die vierte industrielle Revolution bezeichnet. Nach der maschinellen Produktion dank der Dampfmaschine (erste industrielle Revolution), der Fließbandarbeit (zweite), Automatisierung (dritte) erleben wir nun die Verschmelzung von Produktion und Informations- und Kommunikationstechnologien sowie künstliche Intelligenzen als Arbeitskraft. Ein Beispiel: „Die Fabrik der Industrie 4.0 sieht folgendermaßen aus: Intelligente Maschinen koordinieren selbstständig Fertigungsprozesse, Service-Roboter kooperieren in der Montage auf intelligente Weise mit Menschen, (fahrerlose) Transportfahrzeuge erledigen eigenständig Logistikaufträge. Industrie 4.0 bestimmt dabei die gesamte Lebensphase eines Produktes: Von der Idee über die Entwicklung, Fertigung, Nutzung und Wartung bis hin zum Recycling. Über die „intelligente Fabrik“ hinaus werden Produktions- und Logistikprozesse künftig unternehmensübergreifend vernetzt, um den Materialfluss zu optimieren, um mögliche Fehler frühzeitig zu erkennen und um hochflexibel auf veränderte Kundenwünsche und Marktbedingungen reagieren zu können.“ Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, 14. April 2016

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