„Nachfolge zielgerichtet planen“

Moderator Hans-Peter Langer (2.v.l.) und Organisatorin Sibylle Haßler (r.) mit den Referenten des Abends.

Die geregelte Übergabe der Führungsverantwortung ist für viele Firmen ein sensibler Vorgang. Für jedes zehnte Unternehmen im heimischen Wirtschaftsraum mit einer Geschäftsleitung über 65 Jahre ist kein Abnehmer des Staffelstabs in Sicht. Einen fachlichen Austausch hierzu bot die Veranstaltung „Nachfolge zielgerichtet planen – aus dem Nähkästchen geplaudert“ im Bernhard-Weiss-Saal der Industrie- und Handelskammer Siegen (IHK), in der Unternehmerinnen und Unternehmer aus der Region ihre Erfahrungen mit der Firmennachfolge schilderten.

Sebastian Quast von der OTTO QUAST Bau AG in Siegen berichtete von einer Fehleinschätzung, die er häufig beobachte. Von außen betrachtet, scheine es bisweilen so, als verlaufe der Eintritt bei einer familiären Unternehmensnachfolge automatisch und daher problemlos. „Viele Menschen nehmen gar nicht wahr, wie gewissenhaft und hinterfragend sich auch innerhalb einer Familie die potenziellen Nachfolger diesen Schritt überlegen.“ Gerade weil der Weg derart vorgezeichnet wirke, mache sich die junge Generation die Entscheidung alles andere als leicht. Dabei verwies der 32-Jährige auf seinen eigenen Werdegang. Bereits als Jugendlicher habe er sich im Unternehmen seines Vaters engagiert und als Ferienarbeiter viele Stunden auf Baustellen verbracht – eine wichtige und prägende Erfahrung, die ihm erste Eindrücke der Arbeitspraxis ermöglicht habe. Sein Entschluss, die Geschicke der Firma selbst leiten zu wollen, sei aber erst Jahre später gefallen, betonte Sebastian Quast. Während seines Studiums des Wirtschaftsingenieurwesens in Karlsruhe habe er immer mehr Interesse für die Welt des Bauens entwickelt und zudem wertvolles Know-how erworben, das für die Führung eines mittelständischen Betriebes unerlässlich sei. Bewährt habe sich beim Generationsübergang, in einem festgelegten zeitlichen Ablauf die Zuständigkeiten nach Geschäftsfeldern zwischen ihm und seinem Vater aufzuteilen.

Dass neben Leistungsbereitschaft und fundiertem Fachwissen noch ein weiterer wesentlicher Faktor eine Rolle spielt, unterstrich indes Silvia Bauer, Geschäftsführerin der B+M Breitbach + Müller GmbH aus Erndtebrück: „Man sollte Leidenschaft für seinen Job haben. Es muss auch Spaß machen. Das klingt banal, erweist sich aber im arbeitsintensiven und stressigen Alltag als ganz entscheidend.“ Wer die Verantwortung für das laufende Geschäft und die Mitarbeiter mehr als Ehre und Herausforderung denn als Last empfinde, könne ein Unternehmen erfolgreich führen und weiterentwickeln. Silvia Bauer, die die Geschäfte zurzeit noch gemeinsam mit ihrem Vater führt, zeigte diese Leidenschaft schon als kleines Kind. Auf die Frage nach ihrem Berufswunsch habe sie immer geantwortet: „Ich werde mal Chefin!“

Einen konsequenten Weg in die Führungsriege hat auch Timm Bendinger, Geschäftsführer der Hugo Roth GmbH in Wilnsdorf, eingeschlagen. Der Einstieg in die Entscheidungsebene sei ihm vor allem deshalb gelungen, weil er von Beginn an mit Tatendrang vorangegangen sei und dadurch auch die Belegschaft überzeugt habe. Generell rät er Unternehmensnachfolgern, sich zunächst über ein Studium oder eine adäquate Ausbildung umfassende Kenntnisse anzueignen. Ratsam sei, Erfahrungen im Beruf zu sammeln und das Netzwerk im geschäftlichen Umfeld zu vergrößern. Ihm persönlich habe auch das langjährige Engagement bei den Wirtschaftsjunioren Südwestfalen geholfen. „Der Austausch mit Gleichgesinnten schafft neue Impulse und hilft, den eigenen Horizont zu erweitern.“ Für eine familieninterne Nachfolge empfahl Bendinger seinen Zuhörern, private und dienstliche Angelegenheiten möglichst zu trennen und etwaige Unstimmigkeiten stets intern zu beheben, um gegenüber der Belegschaft mit gemeinsamer Stimme aufzutreten.

Welche Anforderungen mit dem Einstieg in ein fremdes Unternehmen einhergehen, schilderte Michael Hippe. Er leitet seit Anfang des Jahres die Copythek Ankele in Siegen. Eine aus seiner Sicht wegweisende Entscheidung geht bereits aus dem Namen seines Geschäftes hervor. Diesen hat er nämlich bewusst vom früheren Inhaber übernommen. Zwar müsse der Anspruch immer darin bestehen, neue Akzente zu setzen und seine eigene Philosophie zu verfolgen. „Aber die Kunden verbinden die gewohnte Qualität des Services natürlich mit dem Namen meines Vorgängers. Deswegen kam eine Änderung für mich nicht in Frage.“ Den Prozess der Übergabe selbst hat der gebürtige Südafrikaner als sehr angenehm und reibungslos wahrgenommen: „Beide Seiten waren gewillt, das Ganze so gut wie möglich umzusetzen.“ Erleichtert habe den Übergang ein fester Plan für einen Übergangszeitraum, in dem man sich gegenseitig begleitet habe. Viel Kommunikation sei erfolgsentscheidend.

Die mehr als 30 Gäste der von IHK-Geschäftsführer Hans-Peter Langer moderierten Veranstaltung erfuhren, dass auch externe Hilfe bei der Nachfolge sehr wertvoll sein kann. Unterstützung bieten zum Beispiel die ehrenamtlichen IHK-Mentoren. Einer von ihnen ist Sigurd Siebel. Er war unter anderem viele Jahre kaufmännischer Geschäftsführer in einem mittelständischen Industrieunternehmen der Elektroindustrie. Seine fachliche Expertise und seine Tipps für eine gelingende Übergabe gibt er regelmäßig in kostenlosen Gesprächen weiter. Für besonders wichtig hält er, einen präzise formulierten Businessplan zu erarbeiten. Dieser erleichtere dem Senior den kontrollierten Rückzug und gebe seinem Nachfolger eine eminent wichtige Orientierung.

Die Bedeutung einer klaren Struktur hob auch Dr. Hanni Koch, Prokuristin der VIA Beteiligung GmbH in Olpe, hervor. Sie berät Unternehmen im Hinblick auf deren strategische Ausrichtung und empfahl unter anderem, dass sich Inhaber zunächst ausgiebig über den Wert ihrer Firma informieren sollten, um nachhaltige und kluge Entscheidungen treffen zu können. Die VIA Beteiligung ist Spezialist für dauerhafte und wertschaffende Unternehmensbeteiligungen für den Mittelstand in Südwestfalen. Hinter der Gesellschaft steht ein starker Kreis mittelständischer Unternehmerfamilien in Südwestfalen, deren Erfahrungen Betrieben ohne Nachfolge Wachstum und Zukunftsperspektiven in dem etablierten Unternehmensverbund ermöglichen. Immer wieder komme es auch vor, dass sich bei ihr interessierte mögliche Geschäftsführer meldeten, die wiederum Betriebe mit einer ungeklärten Nachfolge suchten, um diese gemeinsam mit der VIA Beteiligung zu führen.

Im Anschluss an die Vorträge konnten die Teilnehmer im Dialog mit den Referenten Erfahrungen austauschen.

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