In der Wirtschaft gespaltene Einschätzungen zum Home-Office

„Die Zahl heimischer Unternehmen, die Home-Office als Instrument ihrer betrieblichen Personalpolitik einsetzen, ist im Zuge der Covid 19-Pandemie von 34 Prozent auf 57 Prozent gestiegen. Zugleich geben jedoch nach wie vor 43 Prozent der Unternehmen an, dass Home-Office für sie nicht in Frage kommt. Zweifellos hat das Instrument in den Unternehmen an Relevanz gewonnen, ein Allheilmittel ist es jedoch nicht.“ Mit diesen Worten fasst IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener die Ergebnisse einer neuerlichen IHK-Blitzumfrage zum „Home-Office“ zusammen, an der sich in den vergangenen Tagen 408 Unternehmen beteiligten. Die Firmen setzen dabei das Instrument sowohl bezogen auf die Gesamtzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch auf die mit Home-Office verbundenen Stundenkontingente tendenziell eher maßvoll ein. Die Unternehmen, die das Instrument nutzen, berichten weit überwiegend von sehr positiven Erfahrungen. „Hier ist sicherlich etwas in Bewegung gekommen, frei nach dem Motto: „Kontrolle ist gut, Vertrauen noch besser“, betont IHK-Referatsleiter Stephan Häger, der allerdings zugleich darauf hinweist, dass man in quantitativer Hinsicht die Relevanz des Home-Office auch nicht überschätzen dürfe: „In vielen Unternehmensbereichen geht es einfach von der Aufgabe her nicht und vielfach wollen oder können die Mitarbeiter Home-Office auch nicht nutzen.“

23 Prozent der Firmen gaben an, auf Grund der Pandemie Home-Office erstmals eingeführt zu haben. Weitere 23 Prozent verstärkten in den letzten Monaten ihre ohnehin bereits praktizierten Home-Office-Aktivitäten. 11 Prozent haben an ihrer Nutzung dieses Instruments während der Pandemie nichts geändert. Wenn Unternehmen Home-Office einsetzen, dann im Schwerpunkt in der Verwaltung (76 Prozent), im Vertrieb (57 Prozent), im Marketing (35 Prozent) sowie in der IT (37 Prozent). Erstaunlich aus Sicht der IHK: 28 Prozent aller Unternehmen nutzen das Instrument auch in der Geschäftsführung. Wenig überraschend ist hingegen, dass Home-Office in der Produktion, bei personalen Dienstleistungen oder im Direktverkauf etwa im Handel keine Rolle spielt. Klaus Gräbener: „Je stärker die Unternehmen Home-Office einsetzen, desto mehr laufen sie Gefahr, innerbetrieblich eine Zwei-Klassen-Gesellschaft zu entwickeln. Bei den einen geht es, bei den anderen nicht. Hier steht die betriebliche Personalarbeit vor der Herausforderung, einerseits aus der Ungleichbehandlung möglicherweise entstehende Konfliktherde im Keim zu ersticken, zugleich aber mit immer stärker individualisierten Arbeitszeitmodellen operieren zu müssen. Beides zu lösen, ist nicht von Pappe.“

Bei 34 Prozent aller befragten Unternehmen arbeiten bis zu einem Viertel der Belegschaft im Home-Office. 8 Prozent nutzen das Instrument für mehr als die Hälfte der gesamten Belegschaft. Interessant sind aus Sicht der IHK auch die Befragungsergebnisse zur wöchentlichen Arbeitszeit, die die Unternehmensmitarbeiter im Durchschnitt im Home-Office verbringen. Bei 25 Prozent aller befragten Unternehmen absolvieren die Beschäftigten durchschnittlich bis zu einem Viertel ihrer Arbeitszeit zu Hause. In 12 Prozent aller Unternehmen absolvieren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über die Hälfte ihrer Arbeitszeit im Home-Office. Bei der 43 Prozent aller Unternehmen spielt Home-Office aufgrund des Tätigkeitsfeldes indessen überhaupt keine Rolle.

Die Minimierung des Ansteckungsrisikos mit dem Corona-Virus (77 Prozent), die Vermeidung von Pendelzeiten (52 Prozent) sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf (ebenfalls 52 Prozent) sind aus Sicht der Firmen die größten Vorteile bei einer intensiven Home-Office-Nutzung, betont Stephan Häger: „Die überwältigende Mehrzahl (89 Prozent) der Unternehmen, die Home-Office nutzen, berichtet von positiven Erfahrungen mit diesem Instrument. Diese Firmen sehen jedoch auch klar die Nachteile, die sie im Wesentlichen in einem erhöhten Abstimmungsbedarf (50 Prozent), in einem erschwerten Informationsfluss (42 Prozent), in Gefahren bei der Datensicherheit (35 Prozent) sowie in der Ungleichbehandlung der Mitarbeiter (34 Prozent) verorten.“ Dass die Bundesregierung die Angebotspflicht für Home-Office zum 1. Juli ausgesetzt hat, schätzen insgesamt 55 Prozent der befragten Unternehmen als richtig ein, während dies 15 Prozent für eine Fehlentscheidung halten. 30 Prozent der Unternehmen gaben hier keine Einschätzung ab. Von allen befragten Unternehmen wollen 23 Prozent die derzeitige Anzahl sowie das Stundenvolumen der Home-Office-Arbeitsplätze auch zukünftig mindestens beibehalten, 20 Prozent gaben an, die Anzahl und das Stundenvolumen der entsprechenden Arbeitsplätze wieder reduzieren zu wollen. Gut 45 Prozent wollen oder können auch in Zukunft nicht auf Home-Office setzen oder aber gehen wieder komplett zur Präsenz-Kultur zurück. 12 Prozent sind noch unschlüssig. Klaus Gräbener: „Hier zeigt sich, wie gespalten die berufliche Tätigkeit von zu Hause aus eingeschätzt wird. Die eine Hälfte verweist auf die höhere Zeitsouveränität aufgrund sinkender Pendelzeiten und sieht eindeutig mehr Chancen als Risken, die andere wird offenbar von der Erkenntnis geleitet, dass zahlreiche Beschäftigte entweder nicht voll umfänglich von zu Hause aus ihre Arbeit verrichten können oder wollen. Sie gewichten also die Nachteile stärker als die Vorteile.“

Die Grafiken zur IHK-Blitzumfrage finden Sie hier.

Text und Grafik: IHK Siegen

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