Hightech-Hybrid-OP bietet viele Möglichkeiten

Prof. Dr. Dursun Gündüz, Leiter der Sektion Kardiologie im Diakonie Klinikum Jung-Stilling, erklärte interessierten Medizinern, Geschäftsführern und Entscheidern aus der deutschen Kliniklandschaft, welche medizinischen und technischen Möglichkeiten der Hybrid-OP bietet.

Mit dem Hybrid-OP am Diakonie Klinikum Jung-Stilling in Siegen hält die Klinik einen der modernsten Hightech-Operationssäle in Europa vor. Grund genug für rund 100 Experten aus der deutschen Kliniklandschaft, sich den Super-OP aus nächster Nähe anzuschauen. Bei einem Symposium haben sich Mediziner, Geschäftsführer und Entscheider über das medizinische Spektrum des Hybrid-OPs informiert, das moderne Technik- und Raumkonzept kennengelernt und sich mit Chirurgen, Medizintechnikern und Bauexperten ausgetauscht. Seit September ist der Hybrid-OP in Betrieb und ermöglicht Operationen auf universitärem Niveau. Insgesamt 6,7 Millionen Euro investierte das Klinikum in den Anbau, davon 1,9 Millionen Euro in den Hybrid-OP.

Schwerpunkt des Symposiums unter dem Titel „Forum Hybrid-OP – Minimalinvasive Therapiemöglichkeiten mit robotischer Bildgebung“, zu dem das Medizintechnikunternehmen Siemens Healthineers aus Erlangen geladen hatte, waren neue Therapiemöglichkeiten in der interventionellen Radiologie, Kardiologie und Chirurgie. In medizinischen Fachvorträgen stellten Ärzte der Gefäß-, Neuro-, Herz- und Unfallchirurgie sowie aus den Bereichen Kardiologie und Radiologie anhand von Fallbeispielen die operativen Möglichkeiten im Hybrid-OP vor. Planungsexperten informierten über das Zusammenspiel von Technik und Hygiene und gaben einen Ausblick auf die Zukunft robotergestützter Verfahren. Die Firma ALHO Systembau aus Friesenhagen/Morsbach, die die Raummodule für den Hybrid-OP bereitstellte, gab Einblicke in die Bauphase.

Mehr Sicherheit für Patienten, kurze und schonende Operationszeiten, präzise und hochauflösende 3D-Bilder, millimetergenaues Arbeiten, wenig Kontrastmittel und Röntgenstrahlung –  der 80 Quadratmeter große Hybrid-Saal, der in der obersten Etage eines dreigeschossigen Anbaus mit darüber liegender Technikzentrale untergebracht ist, vereint Chirurgie und Bildgebung. Ein robotergesteuertes Röntgengerät, das per Joystick gelenkt wird, fertigt präzise Aufnahmen von Blutgefäßen und Knochen, die den Chirurgen helfen, die zu operierenden Stellen millimetergenau anzusteuern. „Wir tragen die Verantwortung für unsere Patienten. Unser Anspruch ist es, ihnen aktuellste Diagnostik und Behandlungsverfahren anzubieten, um ihre Sicherheit zu verbessern“, begründete Dr. Josef Rosenbauer, Geschäftsführer der Diakonie in Südwestfalen, die Investition in die im Umkreis von 100 Kilometern einzigartige Medizintechnik.

Die Neurochirurgie unter Leitung von Chefarzt Dr. Veit Braun und die Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, geleitet von Prof. Dr. Antonio Krüger, profitieren von der präzisen Bildqualität des Röntgenroboters bei Knochen und Gefäßen. Die Chefärzte zeigten die Möglichkeiten anhand von Fallbeispielen auf. „Anatomische Strukturen im Bereich der Wirbelsäule werden auf den Millimeter genau dargestellt. So können Schrauben zum Stabilisieren der Wirbelsäulenverletzung eingebracht werden, ohne Nerven oder das Rückenmark zu verletzen“, erklärte Braun. „Die Bilder des Röntgenroboters dienen als Navigation für den Operateur“, so Dirk Sunderbrink von der Herstellerfirma Siemens Healthcare. „Mit der 3-D-Bildgebung können Ärzte noch besser und bereits im OP ihr Ergebnis kontrollieren.“

Auch Aorten-Aneurysmen müssen nicht mehr zwangsläufig mit einem offenen großen Bauchschnitt operiert werden, erläuterte Dr. Ahmed Koshty, Chefarzt der Gefäßchirurgie. „Im Hybrid-OP können wir Gefäßaussackungen durch eine Punktion in der Leiste und einen Stent behandeln. Die hierfür benötigten Röntgenstrahlen und Kontrastmittel können minimal gehalten werden, weil die Anlage viel weniger Zeit für einen Körperscan benötigt.“

Prof. Dr. Dursun Gündüz, Leiter der Sektion Kardiologie am Diakonie Klinikum Jung-Stilling, stellte in seinem Vortrag minimalinvasive Eingriffe an den Herzklappen vor. „Mit interventionellen Herzklappenverfahren können wir das Operationsrisiko soweit minimieren, dass auch ältere oder kranke Patienten, für die eine herkömmliche offene Operation zu gefährlich wäre, geholfen werden kann.“ Oberarzt Dr. Johannes Rixe zeigte, wie undichte Herzklappen (Mitralklappeninsuffizienz) mit dem sogenannten Mitra-Clip-System behandelt werden. Hierfür sind nur kleine Schnitte nötig, da die Kardiologen über eine Leistenvene einen Katheter in den linken Herzvorhof schieben und dort den Clip platzieren, der die undichte Stelle in der Herzklappe verschließt. Im Hybrid-OP können die Ärzte per Röntgenkontrolle den Vorgang dreidimensional an Bildschirmen verfolgen und sofort kontrollieren. „Die präzise Röntgentechnik des Hybrid-OPs macht die individuellen Eigenschaften der Blutgefäße sichtbar, auf die sich der Operateur dann einstellen kann“, sagte Dr. Wolfgang Schiller, Herzchirurg im Universitätsklinikum Bonn. Zudem biete der Hybrid-OP für die großen Operationsteams viel mehr Platz und erleichtere die Zusammenarbeit von Chirurgen, Anästhesisten und OP-Assistenten.

Prof. Dr. Clemens Bulitta, Leiter des Instituts für Medizintechnik an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden, stellte die Abhängigkeiten von klinischen Abläufen, Hygiene sowie Haus- und Gebäudetechnik in einem Hybrid-OP dar. „Ein gut nutzbarer Hybrid-OP benötigt ausreichend Fläche. Durch komplexe Arbeitsabläufe und die umfassende medizintechnische Ausstattung sind 70 Quadratmeter und mehr wünschenswert.“ Der Bau eines Hybrid-OPs sei ein komplexer Prozess – vom Patiententisch über spezielle Lüftungssysteme und Oberflächen für optimale Hygienebedingungen bis hin zu den Laufwegen und Licht müssten zahlreiche Aspekte berücksichtigt werden.

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