Handwerk in Südwestfalen boomt weiter

Der Erfolg hält an! „Südwestfalen ist eine ganze starke Hochburg für Handwerkserfolg“, freut sich Meinolf Niemand, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Südwestfalen, über die Ergebnisse der jüngsten Umfrage, an der sich über 600 Betriebe beteiligt hatten. „Die Geschäftsentwicklung liegt mit einem Wert von 141 Punkten wieder auf Rekordniveau. Das sind beachtliche rund acht Punkte mehr als im Vorjahr und nur vier Punkte weniger als bei der Umfrage vor sechs Monaten.“ Die gute Handwerkskonjunktur ist also weiterhin sehr stabil. Südwestfalen behauptet sich damit als eine der stärksten Wirtschaftsregionen der Bundesrepublik.

Besonders die Bauhandwerke und die Ausbauhandwerke konnten ihre Stärken ausspielen. Sie profitieren von der guten privaten Nachfrage, können aber auch mehr Aufträge aus dem gewerblichen wie staatlichen Bereich für sich verbuchen. Die günstigen Kreditkonditionen und der Wegfall von Zinsgewinnen sind schon lange die treibenden Kräfte für diese Bereiche. „Nach der Sanierungswelle schwillt nun mehr und mehr die Komfortwelle. Sie beschert besonders den Ausbauhandwerken volle Auftragsbücher“, analysiert Meinolf Niemand. Parallel dazu verbessert sich die Nachfrage im staatlichen Bereich. Lange aufgeschobene Sanierungs-, Modernisierungs- und Erweiterungsvorhaben werden jetzt nach und nach auch zu Aufträgen für das Handwerk. Das gilt für den Straßenbau ebenso wie für den Hochbau und für die Ausbauhandwerke.

Im konjunkturellen Mittelfeld finden sich zwei Handwerksgruppen wieder: Das sind die Metall- und Elektrohandwerke als klassische Zulieferer zur Industrie mit 136 Indexpunkten und die Gesundheitshandwerke, die einen Wert von 134 für sich verbuchen konnten. Nicht ganz so gut sieht es für die Betriebe des Kfz-Handwerks aus. Die Handelssparte hat hart zu kämpfen – dort sind die Umsätze deutlich rückläufig – und das Gebrauchtwagensegment liegt durch den hohen (Leasing)Rücklauf von Selbstzündern weit unter den früheren Werten. Die Hinhaltetaktik der Konzerne bis hin zur Verweigerungshaltung findet weder bei den Kunden noch den Kfz-Unternehmen Verständnis. „Von der vagen Hoffnung auf Nachrüstoptionen, die zumindest das Werkstattgeschäft stärken würden, kann kein Betrieb existieren“, warnt Meinolf Niemand vor den Folgen.

Ein Faktor, der bereits seit längerer Zeit die wirtschaftliche Entwicklung des Handwerks bremst, ist der wachsende Fachkräfte- und Nachwuchsbedarf. Neben den Bereichen Bau und Ausbau werden ganz besonders die Metall- und Elektrohandwerke davon negativ beeinflusst. Zwar konnten viele Betriebe in den vergangenen sechs Monaten zusätzlich Personal einstellen, aber das gestaltet sich für die Unternehmen immer schwieriger. Die Rekrutierung von Berufsnachwuchs in den kleiner werdenden Jahrgängen kann den Bedarf auch nicht decken. „Für das personalintensive Handwerk in Südwestfalen ist der Fachkräftemangel eine echte Wachstumsbremse“, betont Meinolf Niemand. Der Wandel in der Altersstruktur der Gesellschaft spielt für diese Entwicklung ebenso eine Rolle wie die seit Jahrzehnten propagierte Akademisierung. „Die intensiven Anstrengungen des Handwerks und der Handwerkskammer Südwestfalen unter dem Blickwinkel der Nachwuchssicherung konnten erste Erfolge verbuchen, müssen aber weiter vorangetrieben werden. Auch in diesem Jahr ist für den Kammerbezirk Südwestfalen eine erfreuliche Zunahme der Anzahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge zu erwarten.“

Trotz der hervorragend laufenden Konjunktur in Deutschland und der hohen Exportüberschüsse konnten die Metall- und Elektrohandwerke sich nicht so recht freuen. Eine der Ursachen ist die Unsicherheit, die sich durch den nicht mehr abwendbaren Brexit ergibt. Die Folgen betreffen nicht nur Firmen, die direkte Handels- und Investitionsbeziehungen mit Großbritannien eingegangen sind, sondern alle, die durch Produktionsketten indirekt mit dem Inselreich verbunden sind. Besonders die Zulieferer sind Betroffen. In die gleiche Kerbe schlagen die Abschottungsmaßnahmen der U.S.A., deren konkrete Auswirkungen derzeit nur schwer bezifferbar sind. Eine weitere Folge der US-Außen- und Handelspolitik kommt die Handwerksunternehmen ebenfalls teuer zu stehen. Seit Monaten bereits verzeichnen die Unternehmen deutlich steigende Kosten für Rohstoffe und Energie. Obwohl viele Handwerksbetriebe einen Teil der gestiegenen Kosten in die Leistungspreise einarbeiten und am Markt realisieren konnten, droht gerade für die kommenden Monate eine weitere Verschärfung der Entwicklung.

Insgesamt wirken die äußeren Einflüsse hemmend auf die konjunkturelle Entwicklung im Handwerk und auch das Herbstgutachten der Wirtschaftsweisen verheißt keine Trendumkehr. Es bestätigt sich, was schon im Frühjahr als Perspektive genannt wurde: Die Luft für die atmende Wirtschaft wird zunehmend dünner. Weiter bilden vor allem der private Konsum und der starke Export ein Gegengewicht zu den internationalen Risikofaktoren. Ein wichtiger Faktor für die Zukunft wird sein, ob es den Betrieben gelingt, den Fachkräftemangel einzudämmen. Es ist eine vorrangige Aufgabe für die Kommunen und die Wirtschaftsförderungseinrichtungen, Abwanderungstendenzen in der Bevölkerung entgegenzuwirken. Gleichzeitig müssen die Handwerksunternehmer sich noch stärker in der Nachwuchswerbung engagieren und die unbestreitbaren Vorteile einer Karriere im Handwerk deutlich machen. Von Seiten der Politik müssen alle Ebenen gefordert jetzt die Weichen so stellen, dass eine sichere und gute Fahrt in die Zukunft garantiert ist. Dazu gehört die Infrastruktur, die bei Weitem nicht so belastbar und leistungsfähig wie erforderlich ist. Eine große Rolle spielen auch die Abgabenlast und die Bekämpfung überbordender Bürokratie.

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