Ende März 2019 schlägt die Stunde der Wahrheit

Der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union ist beschlossene Sache. Welche Folgen er für alle Beteiligten haben wird, ist davon abhängig, wie der Brexit organisiert wird.

In einem halben Jahr ist es soweit: Im März 2019 verlässt das Vereinigte Königreich die Europäische Union, so viel ist bekannt. Unklar ist aber weiterhin, wie der Brexit organisiert werden soll. Bislang jedenfalls ist keine Einigung in Sicht. Sollte es dabei bleiben, würden die Briten ohne Freihandelsabkommen die EU verlassen. Die Wirtschaft auf beiden Seiten des Kanals müsste in der Folge hohe Kosten stemmen, denn es würden Zölle fällig: Unter Berücksichtigung der bilateralen Handelsstrukturen und der Regeln der Welthandelsorganisation könnte die EU Zölle in Höhe von durchschnittlich 2,8 Prozent auf britische Exporte erheben, das Vereinigte Königreich sogar von 3,6 Prozent auf Waren aus der Rest-EU. Deutsche Exporte ins Vereinigte Königreich würden mit durchschnittlich 4,3 Prozent belastet.

Bei gleichbleibendem Handelsvolumen entstünden für EU-Firmen Kosten von mehr als zehn Milliarden Euro pro Jahr. Britische Unternehmen müssten gut fünf Milliarden Euro stemmen. Auf die deutschen Unternehmen kämen Zölle in Höhe von mehr als drei Milliarden Euro zu, belgische und niederländische Unternehmen müssten jeweils über eine Milliarde Euro an Mehrkosten tragen.

Der Handel zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU könnte in der Folge um bis zu 50 Prozent einbrechen, zeigen Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Die deutschen Exporte ins Königreich würden um bis zu 57 Prozent zurückgehen: „Dieses Horrorszenario sollte die Politik zum konstruktiven Handeln antreiben“, sagt IW-Wissenschaftler Markos Jung. Denn rund fünf Prozent des deutschen Bruttoinlandsproduktes hängen direkt und indirekt am Handel mit den Briten. Das Königreich ist damit der drittwichtigste Handelspartner für hiesige Unternehmen. Das könnte sich in absehbarer Zeit dramatisch ändern.

Viele Unternehmen in Siegen-Wittgenstein unterhalten ebenfalls Wirtschaftsbeziehun­gen mit Geschäftspartnern in Großbritannien. Deshalb stand das Thema „Brexit“ auch im Mittelpunkt der Monatsfrage Oktober der Arbeitgeberverbän­de Siegen-Wittgenstein. Sie lautete: „Am 29. März 2019, pünktlich um 11.00 Uhr, schlägt die Stunde der Wahrheit. Als erstes Mitgliedsland überhaupt wird Großbritannien die Europäische Union auf eigenen Wunsch verlassen, egal ob mit Deal oder ohne. Zurzeit stocken die Verhandlungen über einen geordneten Austritt. Die Auswirkungen auf die gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen sind nach Ansicht von Experten ohne ei­ne Austrittsvereinbarung er­heblich und zwar sowohl für Großbritannien wie auch für die Europäische Union. Schlägt am 29. März 2019 auch für Ihr Unternehmen die Stunde der Wahrheit? Be­fürchten Sie durch den Brexit negative Auswirkungen auf Ihre Geschäftsentwicklung?“

Die Mehrzahl der Unternehmen, die sich an der Um­frage beteiligt haben, erwarten für sich keine direkten Auswirkungen. Allerdings antworteten auch ein Reihe von Betrieben mit „ja“. Es bleibt also abzuwarten, was bis Ende März 2019 noch ge­schehen wird. Ganz ohne Folgen für die Wirtschaft in Siegen-Wittgenstein dürfte der Brexit jedenfalls nicht verlaufen.

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