Wenn der Weg zur Berufsschule zum Alptraum wird

Auszubildende aus den ländlichen Regionen des Sauer- und Siegerlandes haben oftmals eine längere An- und Abreise als der Unterricht dauert.

Auszubildende können ein Lied davon singen, was es heißt, aus den ländlichen Regionen des Sauer- und Siegerlandes zur Berufsschule zu fahren. Da kann der Tag schon um 5 Uhr morgens beginnen. Ganz gleich, ob mit PKW oder öffentlichen Verkehrsmitteln: Oftmals sind An- und Abreise länger als der Unterricht. Damit die duale Ausbildung bei der Berufswahl auch in Zukunft eine Chance hat, müssen schnelle Lösungen her.

Mit diesem Thema hat sich der Berufsbildungsausschuss der Handwerkskammer (HwK) Südwestfalen befasst und intensiv über die Zukunft der beruflichen Bildung im ländlichen Raum diskutiert. Als positives Beispiel wurde der sogenannte Schulversuch der Berufskollegs im Hochsauerlandkreis vorgestellt. Für die Dauer des Schulversuchs, der auf mehrere Jahre angelegt ist, können die Berufskollegs von den strengen Regeln der Unterrichtsorganisation abweichen und unter anderem zwei Klassen an verschiedenen Standorten parallel durch eine Lehrkraft digital unterrichten.

Digitaler Unterricht statt langer Reisezeit

Dieses Modell begrüßte der Vorsitzende des Berufsbildungsausschusses, DGB-Regionalgeschäftsführer Ingo Degenhardt: „Es ist verständlich, dass nicht an jedem Berufsschulstandort alle Berufe beschult werden können. Gerade in unserer ländlichen Region kann digitaler Fachunterricht dazu beitragen, die Distanzen zum Schulstandort deutlich zu verkürzen und so die Ausbildung vor Ort attraktiver zu machen.“

HwK-Geschäftsführer Fabian Bräutigam sieht im Digitalunterricht auch einen Beitrag zur Bekämpfung des Fachlehrermangels: „Wenn das System funktioniert, kann der Fachlehrer, der beispielsweise in Olpe sitzt, sich digital für zwei Stunden in Meschede zuschalten und dort den Theorieunterricht geben.“ Schließlich seien während der Corona-Pandemie hinreichend Erfahrungen im Online-Unterricht gemacht und die technischen Voraussetzungen geschaffen worden.

Einig sind sich die Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer des südwestfälischen Handwerks mit den Vertretern der Berufskollegs: Digitaler Unterricht ist eine Unterstützungshilfe, aber kein Allheilmittel.

Berufsbildungspakt: Grundversorgung des ländlichen Raum muss gesichert sein

Der Berufsbildungsausschuss fordert daher einen Berufsbildungspakt für die ländlichen Regionen in NRW. Neben der Entfristung des Distanzunterrichts muss auch über Mindestschülerzahlen für Berufsschulklassen und Grundversorgung des ländlichen Raumes mit Bildungsangeboten gesprochen werden. „Die Berufsschulklassen dürfen nicht alle in die Zentren ins Ruhrgebiet abwandern. Die Fliesenleger oder Augenoptiker müssen von Siegen nach Hagen bzw. Dortmund zur Berufsschule fahren. Das war vor der A45-Sperrung schon kaum zu bewältigen. Jetzt ist es schlichtweg nicht machbar“, fasst Ingo Degenhardt die Problematik zusammen.

HwK-Geschäftsführer Bräutigam bekam deshalb den Auftrag, auf Landesebene das Thema bei der Politik und in den Handwerksorganisationen zu adressieren.

Text: Handwerkskammer Südwestfalen; Foto: Bild von Steve Buissinne auf Pixabay

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