Was wir tun müssen, damit NRW wieder Spitze wird

Thomas Meyer, Präsident IHK NRW – Die Industrie- und Handelskammern in Nordrhein-Westfalen e.V.

Nordrhein-Westfalen befindet sich auf einem guten Weg. Die Wirtschaft wächst, die Arbeitslosenzahlen sinken, und selbst der Landeshaushalt kann erstmals wieder ein Plus ausweisen. Dennoch gelingt es NRW kaum, zum Bundesdurchschnitt aufzuschließen. Das hat seine Gründe: NRW ist mehr als die anderen Länder vom Strukturwandel betroffen, zudem belastet die Energiewende, die Infrastruktur weist Rückstände auf, der Fachkräftemangel macht sich bemerkbar. Was muss in dieser Situation geschehen, damit NRW der Sprung an die Spitze gelingt? Zu bewältigen sind vor allem vier Herausforderungen, meint Thomas Meyer, Präsident IHK NRW – Die Industrie- und Handelskammern in Nordrhein-Westfalen e.V., im NRW-Wirtschaftsblog „Klartext im Westen“.

Demografie: Nach Jahren rückläufiger Geburten schrumpft die Zahl der Schulabgänger, die in den Arbeitsmarkt strömen. Gleichzeitig wächst die Zahl, die den Arbeitsmarkt in Richtung Rente verlässt. In der Folge wird sich der Fachkräfteengpass verschärfen. Eine weitere Folge: Unternehmer, die eine Unternehmensnachfolge suchen, tun sich immer schwerer, passende Kandidaten zu finden.

Zur Sicherung des Fachkräftebedarfs ist es wichtig, die neu Zugewanderten in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Zudem brauchen wir ein Einwanderungsgesetz, um gezielt Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben. Aktuell wählen zu viele Schulabgänger den Weg in das Studium und dies auch deswegen, weil sie die Attraktivität der dualen Ausbildung nicht kennen. Gleichzeitig sind Hilfestellungen für diejenigen notwendig, die alleine nicht den Weg zum Berufsabschluss finden. Und wir sollten die Attraktivität NRWs als Lebens- und Arbeitsstandort steigern und besser herausstellen, um Abwerbungen aus anderen Bundesländern zu stoppen.

Digitalisierung: Der digitale Wandel beschleunigt sich – und nur wenige Unternehmen sind gut vorbereitet. Mit der digitalen Transformation verändern sich die Anforderungen an eine 4.0-Arbeitswelt. Leistungsfähige Breitband- und Funknetze legen die Basis für die digitale Transformation, aber der Ausbau der Glasfaser- und Funknetze kommt nur schleppend voran. Mangelndes Wissen über Datenschutz und -sicherheit verhindert eine schnellere Adaption. Trotz ehrgeiziger Ziele fehlen in der öffentlichen Verwaltung digitale Standards und damit die Grundlage zur Durchsetzung digitaler Basisdienstleistungen.

Das Land wie die Unternehmen benötigen mehr Freiräume für Innovationen, um sich auf den digitalen Wandel einzulassen, um neue Geschäftsmodelle und eine Start-up-Kultur zu entwickeln und erfolgreich im Markt zu etablieren. Die Verwaltung muss vorangehen; das neue Gewerbe-Service-Portal ist beispielgebend dafür, wie mit der Digitalisierung Verfahrenswege effizient neu gedacht werden können.

Strukturwandel: Hier schiebt NRW vieles schon zu lange vor sich her. Statt eines Zusammenwachsens etwa auf dem Ausbildungs- oder Arbeitsmarkt verschärfen sich die Unterschiede zwischen Stadt und Land genauso wie zwischen den Landesteilen. Die Überlastung vieler Verkehrsinfrastrukturen trägt hierzu bei. Die tiefgreifenden Eingriffe aus der Energiewende stehen für NRW noch bevor. Neben der Abfederung der Folgen für die energieerzeugende Industrie wird es darauf ankommen, Strom sicher und preisgünstig für die energieintensive Wirtschaft in NRW bereitzustellen.

Mit dem Bundesverkehrswegeplan steht erstmals ein Finanzrahmen zur Verfügung, um die Anforderungen anzugehen. Jetzt brauchen wir eine schnellere Planung, um die Mittel auch umzusetzen. Hier hat die Landesregierung wichtige Schritte eingeleitet.

Mehr NRW in Berlin und Brüssel: Das Wachstum der NRW-Wirtschaft hängt an den Erfolgen der Unternehmen auf den internationalen Märkten. Nicht erst seit dem Handelskonflikt mit den USA belasten protektionistische Tendenzen. Der Ausgang der Verhandlungen um den Brexit ist ungewiss. Mehr denn je ist fraglich, wie sich der Trend zu mehr Protektionismus in vielen Ländern auf die globalen Wertschöpfungsketten auswirkt.

Die zentralen Rahmenbedingungen für die NRW-Unternehmen werden mit der Harmonisierung des Binnenmarktes in Brüssel oder in Berlin gesetzt. Angesichts der Bedeutung NRWs als sechstgrößter Wirtschaftsstandort in der EU sollten wir unsere Stimme stärker im Bund und in Europa erheben und für unsere Anforderungen werben.

Mit ihren Initiativen zur Entfesselung setzt die Landesregierung wichtige Impulse, damit unser Bundesland wirtschaftlich wieder an Schwung gewinnt. Diesen Schwung gilt es nun zu nutzen, um die bevorstehenden, langfristigen Herausforderungen anzugehen, damit Nordrhein-Westfalen der Sprung an die Spitze der Bundesländer gelingt.

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