Regionen müssen stärker auf Digitalisierungskurs gehen

Die Regionen in Deutschland müssen sich immer stärker dem internationalen Wettbewerb stellen. Wer mithalten will, muss vor allem eine funktionierende Infrastruktur vorweisen, innovative Unternehmen an sich binden und gut ausgebildeten Fachkräften eine Perspektive bieten.

Wie leistungsfähig die 402 deutschen Städte und Kreise sind, untersucht das Regionalranking (die Indikatoren im Detail) der Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) Consult in den Bereichen Wirtschaftsstruktur, Arbeitsmarkt und Lebensqualität. Regelmäßig erstellt die IW Consult in diesem Rahmen ein Ranking zum aktuellen Stand (Niveauranking) sowie zur regionalen Entwicklung (Dynamikranking). Darüber hinaus verdeutlicht das Ranking 2016 insbesondere, dass die Kluft zwischen den Regionen wächst – viele starke Regionen haben sich seit 2009 weiter deutlich verbessert, in ohnehin schwachen Kreisen war auch die Dynamik zuletzt oft gering. Der Kreis Siegen-Wittgenstein liegt aktuell auf Platz 254, der Kreis Olpe auf Platz 224.

152 Städte und Landkreise schneiden sowohl bei der Bewertung ihres aktuellen Leistungsniveaus als auch ihrer wirtschaftlichen Dynamik überdurchschnittlich ab – 158 Regionen liegen dagegen in beiden Teilrankings unter dem Schnitt.

Auffällig ist zudem, dass sich starke und schwache Städte und Landkreise jeweils in bestimmten Gebieten konzentrieren:

Die erfolgreichen Regionen liegen überwiegend in Süddeutschland. Sie profitieren vor allem von einem starken Forschungs- und Entwicklungsumfeld sowie von innovativen, exportstarken Firmen. Zu den bestplatzierten Regionen zählen die Automobilstandorte Dingolfing-Landau mit BMW sowie Ingolstadt mit Audi, aber auch die Stadt München und der dazugehörige Landkreis.

Im Niveauranking aller 402 deutschen Regionen liegt der Landkreis München sogar auf Platz eins.

Zu verdanken ist dies neben der Nähe zur bayerischen Metropole einer gezielten Standortförderung und vielen Initiativen zur Bildung sogenannter Firmencluster, die den Landkreis zum wichtigsten deutschen Biochemie-Standort gemacht haben. Das schlägt sich im IW-Ranking vor allem in den Kategorien Wirtschaftsstruktur (Platz zwei) und Arbeitsmarkt (Platz sechs) nieder.

Dass die Stärke eines Wirtschaftszentrums auf benachbarte Kreise ausstrahlt, ist auch anderswo zu beobachten. Zum Beispiel profitiert der niedersächsische Landkreis Gifhorn von der Nähe zur Automobilhochburg Wolfsburg und den nahe gelegenen Großstädten Hannover und Braunschweig. Deshalb haben sich im Kreis Gifhorn zahlreiche Automobilzulieferer und Fahrzeugdienstleister angesiedelt, was der Region aktuell immerhin Rang 115 im Niveauranking und sogar Rang acht im Dynamikranking beschert.

In ähnlicher Weise profitiert der niedersächsische Landkreis Harburg vom nahen Hamburg. So ist Harburg Mitglied in einem Netzwerk für Technologie und Transfer, das Unternehmen und Hochschulen in der Metropolregion Hamburg zusammenbringt. Außerdem hat der Landkreis erfolgreiche Initiativen zur Firmengründung gestartet. Unterm Strich heißt das: Platz 59 im Niveau- und Platz 32 im Dynamikranking.

Die schlechter bewerteten Regionen im IW-Ranking finden sich vor allem in Ostdeutschland sowie im Ruhrgebiet, das mit Duisburg das derzeitige Schlusslicht beheimatet. Aber auch in Norddeutschland haben einige Städte und Kreise mit erheblichen Problemen zu kämpfen. So zählt Neumünster sowohl im Niveau- als auch im Dynamikranking zu den Letztplatzierten. Besonders bei der Lebensqualität, die das IW-Ranking unter anderem anhand des Anteils naturnaher Flächen und der Ärztedichte bewertet, schneidet die Stadt in Schleswig-Holstein schlecht ab. Vor allem jüngere Menschen kehren daher Neumünster den Rücken, sodass eine wesentliche Aufgabe für die Region darin besteht, den Fachkräftenachwuchs zu sichern.

Sich auf Lorbeeren auszuruhen, kann sich aber keine der 402 Regionen leisten. Viel zu tun gibt es vor allem in Sachen Digitalisierung und Industrie 4.0 (vgl. iwd 22/2014). Derzeit befassen sich erst 15 Prozent aller deutschen Industrieunternehmen aktiv mit diesem Thema. Daraus ergeben sich für die Regionen drei zentrale Herausforderungen:

1. Rahmenbedingungen verbessern. Ohne schnelles Internet lässt sich die Digitalisierung der Wirtschaft nicht vorantreiben. Die Bundesregierung nimmt zwar für ihre Breitbandstrategie rund 2 Milliarden Euro in die Hand, damit in Deutschland 2018 flächendeckend mit 50 Megabit pro Sekunde gesurft werden kann (vgl. iwd 13/2016). Doch gerade in ländlichen Regionen dürften die Fördermittel kaum ausreichen, sodass die Landkreise zusätzliche Initiativen starten und eigenes Geld beisteuern müssen, um bei der Breitbandversorgung nicht abgehängt zu werden.

2. Wissenstransfer erleichtern. Damit vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) leichter Zugang zu den Erfahrungen anderer Firmen sowie zur Expertise wissenschaftlicher Einrichtungen bekommen, sind regionale Institutionen als Vermittler gefragt. Zum Beispiel können die Industrie- und Handelskammern vor Ort einem KMU Gesprächspartner in Unternehmen derselben Branche nennen, die bereits erfolgreich mit regionalen Forschungseinrichtungen kooperieren.

3. Förderprogramme nutzen. Speziell im Bereich Industrie 4.0 ist das Angebot mittlerweile groß. So unterstützen seit Ende 2015 die vom Bundeswirtschaftsministerium initiierten Mittelstands-Kompetenzzentren kleine und mittlere Unternehmen in Berlin, Darmstadt, Dortmund, Hannover und Kaiserslautern auf ihrem Weg in die digitale Produktion. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl anderer Programme – etwa im Rahmen des Europäischen Sozialfonds. Die Chancen, solche Fördermittel zu bekommen, sind am größten, wenn Unternehmen und regionale Verwaltung beim Antrag an einem Strang ziehen.

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