Die Schattenseite der stark gestiegenen Reallöhne

Foto: Michael Joos

Seit 1991 haben sich die Tariflöhne in der deutschen Metall- und Elektroindustrie etwa verdoppelt – Einmalzahlungen und betriebliche Erfolgsprämien noch außen vor. „Die M+E-Beschäftigten konnten sich über einen jährlichen Einkommenszuwachs von durchschnittlich über 1.000 Euro freuen“, heißt es im Tarifarchiv des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall.

In nur einem Vierteljahrhundert stieg das Tarifentgelt um 91 Prozent. Die Verbraucherpreise legten aber nur um 52 Prozent zu. Heißt: Die heute rund 3,8 Millionen Beschäftigten können sich viel mehr leisten als früher. Für die meisten fällt die persönliche Bilanz sogar noch besser aus – einfach, weil sie im Lauf der Jahre Karriere gemacht haben, mehr Verantwortung tragen. Und deshalb mehr verdienen.

Was verteilt werden kann, muss aber erst mal erwirtschaftet werden. Und da wird die tarifliche Belastung zunehmend zum Problem. Klar wird das schon, wenn man sich die aktuelle Entwicklung ansieht. Die Gewerkschaften definieren den „verteilungsneutralen Spielraum“ wie folgt: Zuwachs der gesamtwirtschaftlichen Produktivität plus Inflationsrate. Nun addiert sich die Teuerung seit 2012 auf 4,8 Prozent, der Produktivitätszuwachs auf 2,2 Prozent – macht 7 Prozent. Die Metaller-Entgelte legten seitdem aber um gut 14 Prozent zu! Gesamtmetall-Kommentar: „Nimmt man die IG Metall beim Wort und legt ihre eigenen Maßstäbe an, müssten die Löhne also sinken statt steigen.“

Dazu sollte man wissen, dass der Produktivitätsgewinn seit 2012 bei M+E mit 1,2 Prozent geringer war als im Schnitt der Wirtschaft. Dass das Wachstum der M+E-Produktion 2015 nur 0,6 Prozent betrug (das Bruttoinlandsprodukt stieg um 1,7 Prozent). Und dass Deutschland bei den Lohnstückkosten, einer wichtigen Standort-Kennzahl im internationalen Vergleich, in den letzten Jahren wieder an Boden verloren hat: Die Wettbewerbssituation der hiesigen Unternehmen hat sich auch wegen der zuletzt kräftigen Tariflohnsteigerungen verschlechtert.

Die Mitarbeiter wiederum brauchen sich um ihre Kaufkraft auch weiterhin kaum Sorgen zu machen. Fürs gesamte Jahr 2016 erwarten Kreditinstitute und Forschungseinrichtungen im Mittel eine Inflationsrate von lediglich 0,8 Prozent, die Bundesbank rechnet sogar nur mit 0,5 Prozent.

Quelle: Blickpunkt Wirtschaft

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