Die Industrie bleibt für den Wohlstand in NRW elementar

NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin zu Gast auf der diesjährigen Unternehmertagung in Olpe.

„Es gibt nur zwei Industrieregionen in NRW, mit denen wir auf Auslandsreisen besonders werben, nämlich Ostwestfalen und Südwestfalen!“ Dieses dicke Lob hatte sich Garrelt Duin, Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes NRW, bei seinem Vortrag auf der gestrigen Unternehmertagung 2016 in der Stadthalle Olpe bis zum Schluss aufgespart. Den Grund für den Erfolg in diesen Regionen sieht er vor allem in der mittelständischen Unternehmensstruktur und im engen Miteinander der Sozialpartner begründet.

Der Minister hatte sich zwar vorgenommen, zum Thema „NRW – Heimat von Wirtschaft und Arbeit 4.0“ zu sprechen, sah sich aber genötigt etwas weiter auszuholen, da der Vorsitzende des Arbeitgeberverbandes für den Kreis Olpe e.V., Dipl.-Ing. Siegfried Koepp, bei seiner Begrüßung insbesondere die Infrastruktur in NRW deutlich kritisiert hatte. NRW habe bei Straßen und Brücken einen deutlich höheren Sanierungsbedarf als der Bundesdurchschnitt, betonte Koepp. Da behördliche Planungskapazitäten fehlten, habe man in NRW aber Mittel des Bundes für den Straßenbau gar nicht ausgeben können. Die Infrastruktur sei „… eine der größten Baustellen, die wir haben“, gab der Minister unumwunden zu. Den Fehler der Landesregierung, mehr in Bildung statt in Beton zu investieren, habe man aber inzwischen „mühsam korrigiert“ und die Planungsbehörden aufgestockt. Darüber hinaus habe die gemeinsame Kraftanstrengung vieler NRW-Politiker dazu geführt, dass im neuen Bundesverkehrswegeplan beachtliche 37 Prozent der Schlüsselzuweisungen für NRW reserviert wären. Viel mehr Geld für die Infrastruktur sei aber auch mit viel mehr Baustellen in den nächsten Jahren im Land verbunden, warnte der Minister.

Siegfried Koepp hatte bei seiner Begrüßung bereits viele andere Themen angesprochen. Es gingen Risse durch die deutsche Gesellschaft, ausgelöst u.a. durch die sich verschärfende Phase internationaler Konkurrenz, konstatierte er. Ein Beispiel wären die drastischen Veränderungen in der Stahlindustrie, wo inzwischen China mit kräftiger staatlicher Unterstützung den Ton angebe. In den 70er Jahren sei die Arbeitswelt generell noch in Ordnung gewesen. Heute bestimmten Ungewissheit und Angst die Diskussion. Andererseits hätten viele jüngere Menschen andere Lebenspläne bei der Verteilung ihrer Lebensarbeitszeit. Darauf hätte sich die Wirtschaft einzustellen. Zudem ginge der Strukturwandel weiter in Richtung Dienstleistungsbereiche. Durch die Überalterung der Gesellschaft sei die Finanzierung der Sozialen Sicherungssysteme gefährdet. Und die Nullzinspolitik der EZB sei ein „Irrsinn“. Darüber hinaus würden sich die Rahmenbedingungen für das Wirtschaften generell negativ entwickeln, betonte Koepp unter Hinweis auf die Stichworte Mindestlohn, Zeitarbeit und Werkverträge. Eine weitere Einmischung der Politik sei hier nicht nötig, generell sollte man dies den Tarifvertragsparteien überlassen, betonte Koepp. Auch auf das Thema Arbeit 4.0 ging der Verbandsvorsitzende ausführlich ein und beschrieb die drastischen Veränderungen, die Unternehmen wie Mitarbeiter zu erwarten hätten.

Auf die angedeutete Befürchtung von Koepp, dass das politische System in Deutschland in die Knie gehen könnte, gab es Widerspruch von  Minister Duin. 2016 verzeichne  man den höchsten Bestand an Beschäftigung in Deutschland seit 1990. Es habe noch nie so wenig Insolvenzen im Land gegeben und noch nie so viele Menschen, die nach der Schule eine Universität besuchten. Zwar hätten andere Ländern einzelne Vorteile, an denen sich Deutschland orientieren sollte.  Aber da, wo die Summe der Vorteile in politischer, sozialer und ökonomischer Sicht zusammen komme, sei Deutschland an der Spitze.

Im Mittelpunkt der Ministerrede standen aber seine kürzlich vorgestellten industriepolitischen Leitlinien, die im Dialog mit den Sozialpartnern entwickelt und erst in einem gemeinsamen Prozess auf Regionalkonferenzen weiter diskutiert werden, bevor sie dann im Kabinett landen. Eine Kernbotschaft sei etwa die, dass die Industrie für den Wohlstand in NRW elementar sei. „Das gesellschaftliche Bewusstsein darüber ist leider nicht mehr vorhanden“, betonte Duin. Auch in den Medien verbinde man Industrie immer noch mit Klischeebildern wie rauchende Schornsteine. Die gesellschaftliche Akzeptanz und der Wert von Industrie und insbesondere des Mittelstandes müsse im öffentlichen Bewusstsein wieder geweckt werden. Die Breite des industriellen Mittelstandes in Deutschland und NRW sei einzigartig in Europa und habe dafür gesorgt, dass die letzte große Wirtschaftskrise relativ gut und schnell gemeistert werden konnte. Die duale Ausbildung sei ein Markenzeichen und gebe es nur noch in Österreich. Und das Meistersystem im Handwerk sei keine Zugangsbeschränkung, wie das wohl teilweise in der EU-Kommission gesehen wird, sondern schaffe Qualität für den Kunden und im Ausbildungssystem.

In den Leitlinien seines Ministeriums tauchen neben der bereits erwähnten Infrastruktur auch noch die Themen Energie und Digitalisierung auf. Es gelte, über die Reform des EEG-Gesetzes die energieintensiven Unternehmen mit ihren 220.000 Arbeitsplätzen im Land zu entlasten, um einen wichtigen Baustein der industriellen Wertschöpfungskette zu behalten. Duin warnte die Unternehmer in Olpe nachdrücklich davor, das Thema Industrie 4.0 zu unterschätzen. „Alles was digitalisiert werden kann,  wird digitalisiert werden“. Was im Handel schon sichtbar wäre, würde auch den industriellen Mittelstand nicht unbeeinflusst lassen. Die Kundenbeziehungen sowie die Produktion  und damit auch die Arbeitsplätze würden sich dadurch radikal ändern. Eine Konsequenz daraus lautet: Auch die Politik werde das Thema offensiver angehen. Wobei es hier bereits Erfolge gibt, so Duin: Erste Kompetenzzentren Mittelstand 4.0 sind gebildet worden, am Hochschulstandort Siegen ist zum Beispiel ein weiteres geplant.  Auch das schnelle Internet, wo Duin NRW als Vorreiter im Deutschland sieht, wird weiter ausgebaut werden. Gewerbegebiete sollen beim Ausbau mit  Glasfaserleitungen (Breitband) Vorrang haben. Duins Versprechen in Olpe klang so: „In zwei Jahren haben wir 50 MBit/s flächenmäßig im ganzen Land.“

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