Regionale Wirtschaft trotzt den Krisenankündigungen

Siegen, 3. Februar 2012. Nicht ganz überraschend hat sich das Konjunkturklima in der regionalen Wirtschaft am Jahresbeginn 2012 wieder leicht verbessert. Das liegt neben der weiter guten Lagebeurteilung auch an den in fast allen Wirtschaftszweigen wieder besser gewordenen Erwartungen. Allen Krisenankündigungen zum Trotz. Alles spricht dafür, dass die heimische Wirtschaft noch ganz robust den Krisenankündigungen widersteht“, so kommentiert IHK-Hauptgeschäftsführer Franz J. Mockenhaupt die Ergebnisse der jüngsten Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Siegen (IHK), an der sich über 600 Unternehmen aus den Bereichen Industrie, Handel und Dienstleistungen beteiligt haben.

19 Prozent aller Unternehmen erwarten in den kommenden Monaten eine günstigere Entwicklung, nur 15 Prozent eine schlechte. Ihre aktuelle Lage schätzen die Betriebe erneut besser ein: Knapp 41 Prozent der Firmen beurteilen die Lage als gut, nur 10 Prozent urteilen „schlecht“. Gegenüber der Erhebung vom August ist dies eine Verbesserung.

„Dass bei den Unternehmen ein hohes Potenzial an Verunsicherung besteht, zeigt allerdings die hohe Diskrepanz zwischen Lageeinschätzung und Erwartungen. Grund dafür sind die vielen Krisensignale, die eine Abschwächung der Konjunktur ankündigen, die anhaltende Schuldenproblematik in Europa und auch die Unwägbarkeiten, die mit der Energiewende besonders für die Industrieunternehmen verbunden sind. Ganz ohne Risiko ist deshalb die weitere Entwicklung nicht“, so IHK-Chef Mockenhaupt.

In allen Wirtschaftszweigen bewegt sich die Lageeinschätzung auf hohem Niveau. In der Industrie, bei den Dienstleistern und im Einzelhandel hat sie sich weiter verbessert. Nur im Großhandel und bei den Bauunternehmen fällt die Beurteilung der aktuellen Lage etwas schlechter aus, allerdings ausgehend von einem sehr hohen Niveau. Bis auf die Bauunternehmen sind die übrigen Wirtschaftsbereiche – Industrie, Einzelhandel, Großhandel und Dienstleistungsbereich – für die nächsten Monate wieder optimistischer gestimmt. Im Ergebnis ist der Konjunkturklimaindex als Zusammenfassung von Lageeinschätzungen und Erwartungen gegenüber September 2011 von 112 auf 117 Punkte gestiegen. Er liegt damit nur wenig unter dem Niveau des letzten Höchststandes von 123 Punkten im Januar 2011.

Der regionale Industrieumsatz legte bis November um 15 Prozent zu. Damit ist der Anschluss an das Boomjahr 2008 geschafft. Noch liegt das Jahresendergebnis für 2011 nicht vor. Aber die 16 Milliarden Euro-Grenze des Industrieumsatzes könnte 2011 erstmals überschritten werden. Die Produktionsauslastung ist weiter hoch. Viele Firmen sind für die kommenden Monate gut beschäftigt. Die Auftragseingänge entwickeln sich nicht mehr so dynamisch wie vor einem Jahr. Besonders das Auslandsgeschäft läuft in ruhigeren Bahnen. Unter dem Strich haben sich die Auftragseingänge aber auf dem zuletzt erreichten Niveau stabilisiert. Die Investitionsneigung hat zwar nachgelassen, aber trotzdem wollen über ein Viertel der Firmen im Inland ihre Investitionen ausweiten anstatt sie zu reduzieren (14 Prozent).

Die größten Konjunkturrisiken sehen die Industriebetriebe bei der Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise. Zunehmend größer wird die Sorge, dass mit der Energiewende, für die viele Unternehmer immer noch einen überzeugenden Fahrplan vermissen, die bisherige Versorgungssicherheit nicht mehr gewährleistet ist.

Die Unwägbarkeiten für den Export schätzen die Industrieunternehmen geringer ein als für die Inlandsnachfrage. Die Konjunktur in den anderen EU-Kernländern trübt zwar die Aussichten. Doch den Exportunternehmen bietet vor allem Asien mit China an der Spitze noch Wachstumspotenzial, auch wenn die Dynamik dort nachlässt.

Vor den anstehenden Tarifrunden mahnen die Unternehmen vor Übermut. Die starke Wettbewerbsposition der deutschen Wirtschaft auf den Weltmärkten ist im Wesentlichen auf die in den letzten Jahren nur moderat gestiegenen Arbeitskosten zurückzuführen. Übertriebene „Nachhol-Forderungen“, die ja auch gelegentlich von ausländischer Seite an die deutsche Wirtschaft gerichtet werden, würden diesen wichtigen Wettbewerbsvorteil zunichte machen und letztlich negativen Einfluss auf den Arbeitsmarkt haben. Deswegen muss die Lohnentwicklung weiter so maß- und verantwortungsvoll verlaufen wie bisher. Die Fortschritte des „German Jobwunder“ dürfen nicht aufs Spiel gesetzt werden.

Der Einzelhandel beurteilt das Kaufverhalten der Kunden zum Jahresbeginn etwas besser als im Herbst 2011. Das Weihnachtsgeschäft hat nach einem schleppenden Start noch einen ordentlichen Endspurt hingelegt. Winterware lief wegen des milden Winterwetters jedoch nicht so gut. Die positive Arbeitsmarkentwicklung unterstützt insgesamt die Konsumstimmung. Die EU-Schuldenkrise verunsichert die Verbraucher nicht mehr in dem Maße wie zuvor. Langfristige Konsumgüter erfahren dadurch sogar eher einen Schub. An große Sprünge in naher Zukunft glaubt der Einzelhandel zwar nicht, aber die Mehrheit von 82 Prozent setzt auf eine stabile bis bessere Entwicklung. Nur 18 Prozent sehen Rückgänge.

Die Bilanz für den regionalen Arbeitsmarkt im Jahr 2011 ist positiv. Bis auf saisonale Schwankungen hat er sich kontinuierlich gut entwickelt. Mit 5,4 Prozent liegt die Arbeitslosenquote im Januar 2012 um 0,7 Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert. Über das Jahr 2011 hinweg waren rund 2400 weniger Arbeitslose zu verzeichnen als in 2010. Allein in den größeren Industriebetrieben der Region sind rund 1400 Arbeitsplätze entstanden. Gegenüber dem Herbst 2011 ist die Einstellungsneigung wieder gestiegen: 22 Prozent aller Betriebe möchten neue Mitarbeiter einstellen, nur 7 Prozent Stellen abbauen. Die Sicherung des Fachkräftebedarfs ist im Zuge des demografischen Wandels damit weiter eine große Herausforderung für die Firmen.

Insgesamt erwartet die regionale Wirtschaft für 2012 eine spürbar ruhigere Gangart der Konjunktur und bleibt vor allem wegen der ungelösten EU-Schuldenkrise vorsichtig. Einen Absturz erwartet sie aber nicht. Die Betriebe gehen selbstbewusst ins neue Jahr und lassen sich von den pessimistischen Prognosen nicht verunsichern. Sie sind gut aufgestellt und gegen die Konjunkturrisiken besser gewappnet als vor der Krise 2009. Sie vertrauen wieder mehr auf ihre eigene Stärke und auf die relativ robusten Geschäfte. Die positive Arbeitsmarktentwicklung in Verbindung mit dem stabilen Konsum stützt die Konjunktur.

1 Kommentar zu "Regionale Wirtschaft trotzt den Krisenankündigungen"

  1. Ein guter und positiver Artikel. Ich stimme völlig zu, dass der Optimismus der Bürger und Unternehmer wirtschaftliche Entwicklung nur positiv beeinflussen kann, trotz der ständigen Meldungen über die EU-Krise. Wer positiv eingestellt ist, gibt sich noch mehr Mühe, um bessere Ergebnisse zu erreichen. Die meisten Krisen werden durch die Ängste der Bürger nur verschäft.

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