E-Mobilität mit intelligenten Lösungen möglich

„Was ist die Mobilitätswende?“ So lautete der Titel des Vortrages von Professor Dr. Günther Schuh in Siegen.

Ist die Elektromobilität der Weisheit letzter Schluss? Können elektrisch angetriebene Fahrzeuge das Klima retten? Mit diesen Fragestellungen befasste sich jetzt Professor Dr. Günther Schuh von der RWTH Aachen auf Einladung der Industrie- und Handelskammer Siegen und der Unternehmerschaft Siegen-Wittgenstein in einem Vortrag in Siegen. Als Entwickler des elektrisch angetriebenen Kleintransporters Streetscooter, der inzwischen von der Deutschen Post produziert wird, und des ebenfalls elektrisch angetriebenen Kleinwagens e.GO life, hat Professor Schuh gezeigt, dass vernünftige und bezahlbare Elektrofahrzeuge machbar sind. In seinem Vortrag, zu dem rund 150 Zuhörerinnen und Zuhörer in den Bernhard Weiss Saal der IHK Siegen gekommen waren, machte er dann aber auf sehr unterhaltsame Weise deutlich, dass eine zunehmende Zahl an Elektrofahrzeugen alleine keine Lösung der Klimakrise ist. Vielmehr brauche es ein umfassendes Mobilitätskonzept, in dem auch die unterschiedlichen Voraussetzungen und Bedürfnisse von Stadt und Land Berücksichtigung finden.

„Wir haben heute eine Situation, in der wir die vorhandenen Ressourcen beispielsweise im Straßenverkehr nur zu drei Prozent nutzen. Wenn wir hier eine Steigerung hinbekämen, könnten wir damit viel mehr erreichen, als mit unsinnigen Verboten oder Geschwindigkeitsbeschränkungen“, so Professor Schuh. Betrachtet man die Verkehrssituation in den Städten einmal unter diesem Gesichtspunkt, dann kommen 1,5 Personen auf jedes Fahrzeug, die mit gerade einmal 17 Stundenkilometern unterwegs sind und dabei etwa acht Meter Platz in Anspruch nehmen. Vergleichbare Missverhältnisse ergeben sich auch für den öffentlichen Personennahverkehr, die Bahn oder den Flugverkehr. Auch in der Industrie werden die vorhandenen Ressourcen nur unzureichend genutzt, beispielsweise in Form von sehr teuren und hochkomplexen Fertigungsanlagen. In allen genannten Fällen, so Professor Schuh, seien Effizienzsteigerungen möglich, allerdings nicht mit den herkömmlichen Lösungen.

Ein zukunftsorientiertes und klimagerechtes Mobilitätskonzept muss deshalb seiner Meinung nach sowohl den gesellschaftlichen wie auch den individuellen Anforderungen genügen. „Ein Elektrofahrzeug macht sehr viel Sinn im innerstädtischen Bereich, wo zumeist nur kürzere Strecken gefahren werden. Im Schnitt fahren wir täglich kaum mehr als 35 bis 50 Kilometer. Da wäre beispielsweise ein e.GO völlig ausreichend“, so Professor Schuh weiter. Im öffentlichen Personennahverkehr favorisiert er bedarfsorientierte Angebote, beispielsweise Rufbusse, die dadurch eine höhere Auslastung erreichen, als das heute mit den starren Streckenplänen der Fall ist. Solche Fahrzeuge könnten dann mit den Möglichkeiten, die die Digitalisierung inzwischen bietet, im Rahmen eines innerstädtischen Gesamtkonzeptes sehr intelligent und effizient eingesetzt werden.

„Für den ländlichen Raum werden wir auch in Zukunft nicht auf den Individualverkehr verzichten können“, meint Professor Schuh. Hier seien Hybridfahrzeuge das beste Angebot, auch auf lange Sicht gesehen. „Die Hybridtechnologie ist aus meiner Sicht keine Übergangstechnologie. Sie hat auch für die Zukunft ein erhebliches Potenzial, ebenso wie die Verbrennungsmotoren, deren Entwicklungsmöglichkeiten ebenfalls noch lange nicht ausgeschöpft sind.“ Entscheidend seien nicht bestimmte Technologien, sondern deren Einbindung in ein Gesamtkonzept. Das die Digitalisierung dazu einen ganz entscheidenden Beitrag leisten kann und wird, auch davon ist Professor Schuh überzeugt.

Dass wir vor ganz erheblichen Herausforderungen stehen, das machte auch Dipl.-Ing. Jörg Dienenthal, Vorsitzender der Unternehmerschaft Siegen-Wittgenstein, in seiner Begrüßung deutlich. „Mobilität, Energie, Klima, das sind die Schlagworte, die uns alle derzeit umtreiben und auch in Zukunft weiterhin umtreiben werden“, so Jörg Dienenthal. „Mobilität ist gerade für uns in einer ländlichen Region mit einer starken Industrie ein wesentliches Thema. Dabei geht es nicht nur um den Ausbau der Infrastruktur. Es geht auch um die Zukunftssicherung unserer wirtschaftlichen Grundlagen. Es geht um den Fachkräftenachwuchs und um die Sicherung von Arbeitsplätzen, Beschäftigung und Wohlstand.“

In einem engen Zusammenhang mit der Mobilität stehe natürlich auch das Thema Energie. „Wer in den kommenden Jahren bis zu eine Million Elektroautos auf unseren Straßen haben will, der muss auch für eine entsprechende Energieversorgung und eine flächendecken Ladeinfrastruktur sorgen. Natürlich brauchen nicht nur die zukünftigen Elektroautos eine sichere Energieversorgung. Gleiches gilt auch für die Wirtschaft. Hier in Siegen-Wittgenstein sind wir Teil der drittstärksten Industrieregion Deutschlands. Ein Großteil des Wohlstandes Nordrhein-Westfalens wird von den Menschen in unserer Region erwirtschaftet. Da kann es sich eigentlich keine Landesregierung leisten, aus verlässlichen Energiequellen auszusteigen, ohne ebenso verlässliche Alternativen zur Verfügung zu stellen“, unterstrich der Verbandsvorsitzende. Und in Sachen Klimawandel setze er auf die Innovationskraft der Wirtschaft. „Ohne technologische Lösungen werden wir dieses Problem nicht in den Griff bekommen.“

Zu welchen technologischen Lösungen die heimische Industrie in der Lage ist, zeigte am Rande der Vortragsveranstaltung die LEWA Attendorn GmbH. Mit Hilfe von VR-Technik, demonstrierte das Unternehmen, wie die innovative Karosserie des e.GO mit der in Attendorn gebauten Schweißanlage hergestellt wird.

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