„Sensibler Umgang erforderlich“

Um dem Problem des organisierten Betrugs mit manipulierbaren Kassensystemen entgegen zu treten, wurde zum 1. Januar 2018 ein neues Prüfungselement der Finanzbehörde eingeführt: die Kassen-Nachschau (§ 146b AO). Sie berechtigt die Finanzverwaltung, die Kassensysteme in den Geschäftsräumen eines Betriebsinhabers ohne vorherige Ankündigung zu überprüfen.

Ende Mai hat das Bundesministerium für Finanzen (BMF) Präzisierungen zu den gesetzlichen Regelungen formuliert und in den Anwendungserlass zur Abgabenordnung aufgenommen. Der Kassen-Nachschau unterliegen laut einer Pressemitteilung der IHK Siegen danach nicht nur elektronische und PC-gestützte Registrierkassen, sondern z.B. auch Taxameter, Waagen mit Registrierkassenfunktion und offene Ladenkassen. Außerdem stellt das BMF klar, dass die Entscheidung, ob während der Kassen-Nachschau ein Kassensturz durchgeführt wird, im Ermessen des Amtsträgers liegt. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass der Prüfer sich erst dann ausweisen muss, wenn er die Räume betreten will, die nicht der Öffentlichkeit zugänglich sind, oder wenn er Einsicht in das elektronische Aufzeichnungssystem verlangt. Vorher kann er die Geschäftsräume inkognito betreten und die dortigen Vorgänge beobachten und Testkäufe vornehmen. Der Steuerpflichtige muss nicht vor Ort sein.

IHK-Präsident Felix G. Hensel weiß um die Sorgen, die sich derzeit nicht nur die hiesigen Händler machen. „Schon vor einigen Monaten haben wir als Industrie-und Handelskammer Siegen (IHK) NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper darum gebeten, sich für eine möglichst sensible Umsetzung einzusetzen. Unser Dachverband, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), wies kürzlich gemeinsam mit weiteren Spitzenverbänden in einem Schreiben das BMF noch einmal mit besonderem Nachdruck darauf hin, dass eine Kassen-Nachschau für die betroffenen Unternehmen eine große Herausforderung und einen erheblichen Eingriff in die Vertrauensstellung zu den Kunden bedeuten kann. Dass sich die Spitzenverbände hier abermals so eindeutig positionieren, ist aus Sicht der betroffenen Unternehmen uneingeschränkt zu begrüßen.“ Die IHK-Organisation bittet in diesem Papier, besondere Problemstellungen zu berücksichtigen. So sei es aus Sicht der IHK sachgerechter, wenn der Unternehmer bei der Kassen-Nachschau vor Ort ist oder einen Vertreter, z.B. einen Steuerberater, schicken kann. Außerdem solle zweifelsfrei sichergestellt sein, dass sich die Beamten fälschungssicher ausweisen können, um einen Missbrauch der Kassen-Nachschau durch Kriminelle sicher auszuschließen.

„Zwar hat ein Erlass keinen Gesetzesstatus“, ergänzt Nina Münker, Juristin bei der IHK Siegen. „Er ist aber für die Finanzverwaltung verbindlich. Wir hoffen daher, dass das BMF den Anmerkungen der Spitzenverbände Aufmerksamkeit schenkt und seine mit dem Geschäftsleben verträgliche Rechtssicherheit schafft.“
Sowohl die Ergänzung zum Anwendungserlass als auch das Schreiben der Spitzenverbände an das BMF finden Sie auf der Internetseite der IHK Siegen unter der Seiten-ID 2561.

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