Nationale Industriestrategie, Nein danke!

Die "Nationale Industriestrategie 2030" von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier kommt bei den mittelständischen Unternehmen in Siegen-Wittgenstein gar nicht gut an. (Foto: BMWi)

„So eindeutig wie jetzt hatten wir noch kein Ergebnis unserer Monatsfrage“, meint Helmut Hofmann von den Arbeitgeberverbänden Siegen-Wittgenstein. „Braucht Deutschland eine Nationale Industriestrategie, so wie sie Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier öffentlich gemacht hat, um im internationalen Wettbewerb auch zukünftig bestehen zu können?“ lautete diesmal die Frage, die der Verband im März seinen Mitgliedsunternehmen gestellt hat. Neun von zehn Befragten (90 Prozent) sagten dazu ganz klar „Nein, brauchen wir nicht“. Die Regierung solle vielmehr ihre Arbeit machen, d. h. eine leistungsfähige Infrastruktur bereitstellen, Bürokratie weiter abbauen, für wettbewerbsfähige Energiekosten sorgen und sich nicht in die Tarifpolitik einmischen. Staatliche Lenkung von Wirtschaftsprozessen, das funktioniere nicht. Beste Beispiele dafür seien der Atomausstieg und die Energiewende. Beim geplanten Kohleausstieg sei möglicherweise ein weiteres Desaster zu befürchten.

„Wenn Deutschland als Innovationsstandort nachhaltig erfolgreich bleiben will, dann sollten wir weitgehend auf eine lenkende Industriepolitik verzichten, die vorgibt, zu wissen, welche Zukunftsmärkte, -technologien und Unternehmen strategisch bedeutsam sind“, warnt auch Christoph Schmidt, Chef der Wirtschaftsweisen und Präsident des RWI Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung. Der Staat solle stattdessen eine gute Infrastruktur bereit- und einen funktionierenden Wettbewerb sicherstellen. Ganz ähnlich argumentiert der Chefvolkswirt des Industrieverbandes BDI, Klaus Günter Deutsch: „Eine Industriepolitik, die diesen Namen verdient, würde sich in erster Linie um bessere Grundlagen für Wachstum und Beschäftigung kümmern, also in Bildung, Forschung und Infrastruktur investieren.“

Anfang Februar 2019 hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sein Konzept für eine „National Industriestrategie 2030“ vorgestellt. „Ziel der Nationalen Industriestrategie 2030 ist es, gemeinsam mit den Akteuren der Wirtschaft einen Beitrag zu leisten zur Sicherung und Wiedererlangung von wirtschaftlicher und technologischer Kompetenz, Wettbewerbsfähigkeit und Industrie-Führerschaft auf nationaler, europäischer und globaler Ebene.  Sie definiert, in welchen Fällen ein Tätigwerden des Staates ausnahmsweise gerechtfertigt oder gar notwendig sein kann, um schwere Nachteile für die eigene Volkswirtschaft und das gesamtstaatliche Wohl zu vermeiden. Sie ist zugleich ein Beitrag zur Gestaltung einer zukunftsfesten Marktwirtschaft und Basis für eine ordnungspolitische Debatte“, so das Wirtschaftsministerium.

„Berlin erlebt eine Renaissance der Industriepolitik. Neben die unsichtbare Hand des Marktes tritt immer stärker die öffentliche, die steuert, lenkt und – wenn nötig – auch blockiert“, schreibt beispielsweise die Wirtschaftswoche in einem kommentierenden Beitrag dazu. „Die Idee, einzelne Branchen oder vermeintliche Zukunftsfelder mithilfe staatlicher Industriepolitik zu päppeln, erlebt immer dann eine Renaissance, wenn sich technologische Umbrüche anbahnen. Das ist gerade, angestoßen durch die Digitalisierung, wieder der Fall. Der Staat, so fordern dann Politiker und Branchenvertreter, müsse den Unternehmen helfen. Doch woher soll die Regierung wissen, welche Unternehmen zukunftsfähig sind?“, so die Wirtschaftswoche weiter.

Das sehen die vorwiegend mittelständischen Unternehmen in Siegen-Wittgenstein genau so. Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit sind nicht das Ergebnis staatlicher Lenkung, sondern unternehmerischen Handelns. Dieses zu stärken und die Rahmenbedingungen dafür zu verbessern sollte im Vordergrund staatlichen Handelns stehen. Genau das Gegenteil ist aber in den letzten Jahren zunehmend der Fall gewesen.

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