Mehr Geld und weniger Arbeit

Es ist mal wieder ein ordentlicher „Schluck aus der Pulle“, den die IG Metall da für die anstehende Tarifrunde 2018 einfordert: Sechs Prozent mehr Geld und einen wenn auch auf zwei Jahre befristeten Anspruch auf Arbeitszeitreduzierung auf 28 Stunden pro Woche mit Entgeltzuschüssen für die unteren Lohngruppen und garantiertem Rückkehrrecht zur 35-Stunden-Woche. Da reibt sich so mancher Zeitgenosse verwundert die Augen. Denn wenn man beide Forderungen zusammenrechnet, kommt man zu einer weitaus höheren Kostenbelastung für die Unternehmen. Und das ist aus Sicht des VdSM Verband der Siegerländer Metallindustriellen e.V. deutlich überzogen. Zwar geht es der Wirtschaft derzeit recht gut, aber die Herausforderungen sind ebenfalls gewaltig. Allein die Digitalisierung, Stichwort Industrie 4.0, wird gerade für viele mittelständische Industrieunternehmen zu einer existenziellen Aufgabe. Die damit verbundenen Veränderungen in den Strukturen und Abläufen, von den erforderlichen Qualifizierungsmaßnahmen für die Beschäftigten einmal ganz abgesehen, machen erhebliche Investitionen notwendig und werden eine Menge Geld kosten. Geld, das – durch die Forderung der IG Metall erst einmal verkonsumiert – für die dann notwendigen Investitionen nicht mehr zur Verfügung steht.

Dazu kommt, dass die Beschäftigten in der deutschen Metall- und Elektroindustrie in den letzten Jahren bereits deutliche Reallohn-Zuwächse verbuchen konnten. Alleine die Tariferhöhungen der letzten fünf Jahre summieren sich auf fast 20 Prozent. Heute verdienen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Schnitt etwa 56.000 Euro im Jahr. Selbst in der untersten ERA-Entgeltgruppe liegt der Stundenlohn inzwischen bei 15,07 Euro. Das ist annähernd doppelt so hoch wie der aktuelle Mindestlohn.

Im Übrigen herrscht in Siegen-Wittgenstein inzwischen nahezu Vollbeschäftigung. Qualifizierte Fachkräfte sind auf dem Arbeitsmarkt kaum noch zu bekommen. In einer solchen Situation die Arbeitszeit verkürzen zu wollen entspricht nicht gerade ökonomischer Weitsicht. Für die Unternehmen wäre dies nur lösbar durch Mehrarbeit oder den Einsatz von Zeitarbeitskräften. In beiden Fällen entspräche das kaum den Interessen der Gewerkschaft und ihren Mitgliedern. In Sachen Arbeitszeit ist für die Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie in Siegen-Wittgenstein deshalb mehr betriebliche Flexibilität eine unabdingbare Voraussetzung auch für mehr Zeitsouveränität der Beschäftigten. Dabei muss das Bedürfnis nach persönlicher zeitlicher Flexibilität stets mit dem jeweiligen betrieblichen Bedarf in Einklang gebracht werden. Schließlich erwarten die Kunden eine fristgerechte Abwicklung und Auslieferung ihrer Aufträge. Die IG Metall weiß zudem sehr gut, dass die Unternehmen in Siegen-Wittgenstein schon heute – wo immer vertretbar – eine Anpassung der Arbeitszeit an die persönliche Lebenssituation der Beschäftigten ermöglichen.

Die Forderung der IG Metall nach Lohnzuschüssen für untere Lohngruppen bei reduzierten Arbeitszeiten während der Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen bezeichnet der VdSM ebenfalls als realitätsfremd. Das ist nichts anderes als Bezahlung für nicht geleistete Arbeit und widerspricht damit dem allgemein anerkannten Prinzip von Leistung und Gegenleistung. Ebenso ist es kaum vorstellbar, dass Lohnzuschüsse für ausgewählte Beschäftigtengruppen in der übrigen Belegschaft auf große Akzeptanz stoßen, die dann auch noch die durch die einseitige Arbeitszeitreduzierung anfallende Mehrarbeit übernehmen muss.

Die Arbeitszeitfrage ist also sehr komplex und sollte deshalb nach Ansicht  des VdSM in sozialpartnerschaftlichen Verhandlungen gelöst werden. Der Verband appelliert daher an die IG Metall, konstruktiv in die Verhandlungen zu gehen, um gemeinsam mit den Arbeitgebern für die Beschäftigten und die Unternehmen in Siegen-Wittgenstein zukunftsfähige Ergebnisse zu erzielen.

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