Wirtschaft stellt Forderungen an die neue Bundesregierung

Bildung, Fachkräftesicherung und Bürokratieabbau sind aus Sicht der heimischen Wirtschaft die wichtigsten Aufgaben für die künftige Bundesregierung. Das zeigt eine Blitzumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Siegen im Vorfeld der Bundestagswahl, an der sich über 450 Unternehmen beteiligten. Sie konnten aus 13 vorgegebenen Politikfeldern 5 auswählen, die sie für den Wirtschaftsstandort Deutschland als besonders wichtig empfinden. Während auf das Topthema „Bildung und Fachkräftesicherung“ 79 Prozent der summierten Bewertungen entfielen, wurden insbesondere der Bürokratieabbau (63 Prozent) und die Breitbandinfrastruktur (51 Prozent), dicht gefolgt von Verkehr und Mobilität (49 Prozent) und Steuerpolitik und soziale Abgaben (43 Prozent) als die wichtigsten Handlungsfelder benannt.

Die Ergebnisse lassen an Klarheit nichts vermissen. Sie zeigen deutlich, woran aus Sicht der Wirtschaft in der kommenden Legislaturperiode in Berlin dringend gearbeitet werden muss. IHK-Präsident Felix G. Hensel: „Bildung und Fachkräftesicherung dürfen nicht nur beliebte Themen in Sonntagsreden sein, sondern müssen das politische Handeln künftig entscheidend bestimmen. Dass in Zeiten der Digitalisierung die Beseitigung bürokratischer Hürden als derart wichtig angesehen wird, offenbart zudem sehr anschaulich, wie sehr wirtschaftliches Handeln durch überzogene Regelungswut beeinträchtigt wird.“ Die Befragung mache nicht nur deutlich, in welche Richtung die „politische Reise“ aus Sicht der heimischen Wirtschaft gehen sollte. Sie gebe zugleich wichtige Hinweise, in welchen Themenfeldern sich die IHK selbst zukünftig noch stärker aufstellen solle. Felix G. Hensel: „In der Fachkräftesicherung sind wir bereits seit Jahren in zahlreichen Projekten unterwegs, in die wir als IHK erhebliche Mittel investieren. Wir werden unser Engagement in diesem Politikfeld auf hohem Niveau beibehalten.“

Zugleich werde die IHK der Politik in den nächsten Wochen und Monaten an vielen konkreten Beispielen darlegen, welche Fesseln dem unternehmerischen Handeln mittlerweile durch überbordende Bürokratie angelegt würden, unterstrich IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener: „Ein zu kompliziertes Steuerrecht, bürokratische Lasten und Aufbewahrungspflichten etwa beim Mindestlohn, immer stärkere Regulierungen der Kreditwirtschaft über die Europäische Union, hochkomplexe Genehmigungsverfahren beim Ausweis von Gewerbeflächen, wahre Gutachtenorgien bei Unternehmenserweiterungen – all diese Hemmnisse werden wir noch stärker als bisher öffentlich thematisieren.“

Die IHK verstehe die Befragungsergebnisse zugleich als Auftrag, mit großer Intensität auch weiterhin für eine verbesserte Breitbandinfrastruktur zu werben. Hier müsse man schneller und besser werden. Dasselbe gelte sowohl für die Straßen- als auch für die Schieneninfrastruktur. Klaus Gräbener: „Auf den Weltmärkten Champions League, im Breitbandausbau sowie bei Straßen und Brücken jedoch Bezirksklasse – das wird auf Dauer nicht langen. Es reicht auch nicht, die Probleme lediglich wortreich zu beschreiben. Die Unternehmen erwarten schnelle und praktikable Lösungen. Und zwar nicht erst in 10 Jahren, sondern sofort.“

Weitaus weniger Handlungsbedarf sehen die Unternehmen hingegen in den Rahmenbedingungen für Forschung und Innovationen (12 Prozent) bzw. für Investitionen und Gründungen (16 Prozent). Auf die hinteren Plätze verwiesen die befragten Betriebe auch die Themen Haushaltskonsolidierung und Abbau der Verschuldung (18 Prozent), Arbeitsmarktpolitik (18 Prozent), die Sicherung internationaler Märkte (21 Prozent) und die Umwelt- und Klimaschutzpolitik (22 Prozent). Felix G. Hensel: „Es fällt zudem auf, dass die Unternehmen der bisherigen Bundesregierung gerade bei den wichtigen Themen ein schlechtes Zeugnis ausstellen. Der Ausbau der Breitbandinfrastruktur (Schulnote 4) gehört ebenso dazu wie das Thema Verkehrspolitik/Mobilität (ebenfalls Schulnote 4) und vor allem der Bürokratieabbau, der sogar mit einer „vier minus“ abschneidet. Auch beim Top-Thema Bildung und Fachkräftesicherung geben die Unternehmen der Regierung ein wenig schmeichelhaftes „ausreichend.“ Hier sind aus Sicht der IHK vor allem die künftigen Bundestagsabgeordneten aus dem hiesigen Raum gefordert: Die wirtschaftspolitischen Weichen sind dringend neu zu stellen. Das Augenmerk müsse stärker auf denjenigen Themen liegen, die in erster Linie Wohlstand, Wachstum und Beschäftigung in unserer Region sichern.

Befragt nach der wahrscheinlichsten Regierungskoalition im Nachgang zur Bundestagswahl sind die Ergebnisse ebenfalls eindeutig. Klaus Gräbener: „Eine erdrückende Mehrheit von über 98 Prozent der befragten Unternehmen erwartet, dass auch die zukünftige Bundesregierung von der CDU/CSU angeführt wird. Nur 0,6 Prozent der Firmen rechnen damit, dass die SPD nach dem Wahlgang am 24. September den Kanzler stellt.“ 44 Prozent der Unternehmen erwarten eine schwarz-gelbe Bundesregierung, 41 Prozent eine Fortsetzung der bisherigen großen Koalition unter Führung der CDU/CSU. Dem gegenüber erwarten nur 0,3 Prozent der befragten Unternehmen eine schwarz-grüne Koalition, während 14 Prozent der Firmen eine Regierung von CDU/CSU, FDP und Grünen für am wahrscheinlichsten halten.

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