Strukturen für Flüchtlings-Hilfe gefordert

Ein Festvortrag mit Provokationen, ein Interview mit klaren Aussagen und vier Preisträger mit besonderen Verdiensten – der Jahresempfang des Rektorats der Universität Siegen 2015 hatte einiges zu bieten. Rektor Prof. Dr. Holger Burckhart begrüßte 400 Gäste im Audimax der Universität Siegen, darunter Gründungsrektor Prof. Dr. Artur Woll, Bürgermeister Steffen Mues und Festredner Thomas Sattelberger. Sie alle erhielten einen Einblick in die Schwerpunkte der Uni Siegen in den vergangenen Monaten – und einen Ausblick auf die Themen der Zukunft.

Nach den Klängen der Uni-Big-Band war Rektor Burckhart direkt gefordert, das Eröffnungs-Interview mit Moderator Armin Himmelrath stand an. Die Bereitstellung der Sporthalle als Notunterkunft für Flüchtlinge seit Juli 2015 hat die Universität geprägt. Vielfältige Betreuungsangebote sind entstanden, eine Willkommenskultur existierte vom ersten Tag an. „Ein großes Kompliment an alle, die diesen Menschen in Not einen würdigen Umgang ermöglicht haben. Ich bin stolz auf diese Universität, diese Arbeit ist jeden Schweiß wert“, sagte Burckhart. Der Rektor richtete klare Worte an die Politik: „Wir benötigen dringend eine Struktur. Es geht hier um humanitäre Hilfe, ich wünsche und erwarte ein Konzept. Die finanzielle Unterstützung muss ankommen.“ Lara Lengersdorf, die Vorsitzende des AStA, forderte die Gäste auf, sich aufkommendem Fremdenhass entgegen zu stellen und dankte allen Studierenden für ihr Engagement bei der Betreuung der Geflüchteten. Zudem mahnte Lengersdorf eine schärfere Zivilklausel für die Uni Siegen an.

Wert von Forschung und Lehre

In Siegen möchte Rektor Burckhart die Bedingungen in Lehre und Forschung verbessern – und erwartet dafür ein Signal der Gesellschaft. „Die Freiheit von Forschung und Lehre ist der Motor der Entwicklung. Doch eine Weiterentwicklung ist nur möglich, wenn wir gestalten können. Der Gewinn der Gesellschaft ist, dass hier junge Menschen zu Persönlichkeiten mit Fachwissen ausgebildet werden. Wir verfügen jedoch über die finanziellen Mittel von 2005, haben aber doppelt so viele Studierende. Wir möchten und müssen Studienbedingungen entwickeln, die uns ermöglichen, auf die individuellen Profile unserer Studierenden einzugehen. Hierzu muss die Gesellschaft sich bekennen.“

Duale Berufsausbildung mehr wertschätzen

Klar positionierte sich der Rektor auch gegenüber der dualen Berufsausbildung in Deutschland. „Für mich ist dieses System zukunftsfähig. Wir benötigen die duale Berufsausbildung. Aber wir müssen ihr mehr Wertschätzung entgegen bringen. Ausbildung und Studium sind kein Zwei-Klassen-System.“

Thomas Sattelberger schlüpfte anschließend in die Rolle des Provokateurs – und hinterfragte den Mittelstand. Der Publizist, Politikberater und ehemalige Vorstand von DAX-Konzernen widmete seinen Festvortrag dem Thema „Die Herausforderungen der digitalen Ära für den Mittelstand und dessen Arbeitswelten“. Sattelberger kritisierte: „Wir reden von Industrie 4.0, die Amerikaner machen es. Wir werden im digitalen Bereich innovationsarm. Und dieses Thema frisst sich in die kleinen, mittleren und großen Unternehmen hinein.“ Sattelberger monierte die deutsche „Sandwich“-Positionierung zwischen den digital führenden USA und dem aufkommenden China, klagte zudem den Rückgang der Innovationen in Deutschland und einen Verfall der kooperativen Führungskultur in den Unternehmen an. Abschließend zeigte der ehemalige Telekom-Vorstand die Veränderungen der Unternehmenswelt auf.

In der anschließenden Diskussionsrunde gaben Werner Schmidt (Geschäftsführer VIA Consult GmbH) und Prof. Dr. Friederike Welter (Präsidentin des Instituts für Mittelstandsforschung (lfM), Lehrstuhl für Management kleiner und mittlerer Unternehmen & Entrepreneurship, Uni Siegen) dem Festredner Kontra. „Schwarzmalerei würde ich ungern stehen lassen“, sagte Schmidt und Prof. Welter ergänzte: „Innovation ist mehr als Produkte und Prozesse. Im Bereich der gesellschaftlichen und sozialen Innovationen tut sich viel.“ Die AStA-Vorsitzende Lara Lengersdorf kritisierte die Fokussierung auf Unternehmen und forderte den Blick auf die Entwicklung des Menschen.

Preise für vier herausragende Persönlichkeiten

Im Mittelpunkt standen außerdem vier Preisträger. Dr. des. Martin Rathgeb erhielt den Förderpreis der Dirlmeier-Stiftung, Dr. des. Kerstin Hinrichsen den Historikerpreis der Dirlmeier-Stiftung, Dr. rer. nat. Dipl.-Ing. Huayna Terraschke den Preis der Universität Siegen für internationalen Nachwuchs und Maryam Rahmani den DAAD-Preis für hervorragende Leistungen ausländischer Studierender. „Wir verleihen diese Preise an herausragende Persönlichkeiten, die die beeindruckende Vielfalt an der Universität aufzeigen“, sagte Prof. Dr. Peter Haring Bolívar, Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs.

Die Preisträger im Überblick:

  • Förderpreis der Dirlmeier-Stiftung
  • Preisträger: Herr Dr. des. Martin Rathgeb
  • Titel der Dissertation: George Spencer Browns Laws of Form zwischen Mathematik und Philosophie. – Gehalt – Genese – Geltung.
    • Fakultät IV
    • Funktionalanalysis und Philosophie der Mathematik
    • Betreuender Hochschullehrer: Prof. Dr. Gregor Nickel
  • Historikerpreis der Dirlmeier-Stiftung
  • Preisträgerin: Frau Dr. des. Kerstin Hinrichsen
  • Titel der Dissertation: Konstruktion einer Region. Die Ziemia Lubuska zwischen 1945 und 1975.
    • Fakultät I
    • Europäische Zeitgeschichte seit 1945
    • Betreuende Hochschullehrerin: Prof. Dr. Claudia Kraft
  • Preis der Universität Siegen für den internationalen Nachwuchs
  • Preisträgerin: Frau Dr. rer. nat. Dipl.-Ing. Huayna Terraschke
  • Titel der Dissertation: Less material, more energy: Synthesis of novel nanostructured luminescent materials
    • Fakultät IV
    • Anorganische Chemie
    • Betreuende Hochschullehrerin: Prof. Dr. Claudia Wickleder
  • DAAD-Preis für hervorragende Leistungen ausländischer Studierender
  • Preisträgerin: Frau Maryam Rahmani
  • Die Verbindung von wissenschaftlichem Interesse, fachlichem Können und praktischem Engagement hat die Kommission überzeugt, an Maryam Rahmani den DAAD-Preis für hervorragende Leistungen ausländischer Studierender an deutschen Hochschulen zu vergeben.
    • Fakultät I
    • Roads to Democracy(ies)
    • Betreuende Hochschullehrerinnen: Prof. Dr. Raphaela Averkorn, Prof. Dr. Sigrid Baringhorst

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