Worauf es jetzt ankommt!

NRW-Arbeitgeberpräsident Arndt G. Kirchhoff.

Die Zeiten werden ruppiger! Zahlreiche politische Krisenherde halten die Welt in Atem. Gleichzeitig erleben wir heftige Angriffe auf den freien Welthandel. Protektionismus und Strafzölle drohen um sich zu greifen. Längst vergangen geglaubte nationale Egoismen erfahren eine unselige Renaissance. Selbst das Friedens-, Freiheits- und Wohlstandsprojekt Europa sieht sich besorgniserregenden Fliehkräften ausgesetzt. All dies zusammen kann unsere Wirtschaft bis ins Mark erschüttern. So Arndt G. Kirchhoff, Präsident von unternehmer nrw und CEO der Kirchhoff Holding GmbH und Co. KG, in einem Beitrag von „Klartext im Westen“, dem NRW-Wirtschaftsblog.

Zutiefst verstörend vor diesem Hintergrund wirkt auf mich als international tätigen Familienunternehmer die politische Selbstzerfleischung der vergangenen Wochen in Berlin. Dringender denn je brauchen wir eine Bundesregierung, die international Verantwortung zeigt und im eigenen Land die Hausaufgaben erledigt. Dabei bin ich überzeugt, dass Deutschland die gewaltigen Herausforderungen nur bewältigen kann, wenn unsere Wirtschaft stark bleibt.

Wir erleben inzwischen das achte Jahr eines robusten Aufschwungs – mit Rekord-Beschäftigung und Rekord-Steuereinnahmen. Doch leider mehren sich die Zweifel daran, ob wir dies auch in fünf Jahren noch werden sagen können. Die schwarzrote Bundesregierung erweist sich erneut vor allem als Vertreter einer umfassenden Verteilungspolitik und weniger als Verfechter einer zukunftsorientierten Wirtschaftspolitik. Der Koalitionsvertrag von Union und SPD atmet den Geist der scheinbaren Unverwundbarkeit Deutschlands.

Gewiss: Es wird auch in Zukunftsbereiche wie Bildung und Infrastruktur investiert, doch es könnte, ja es müsste viel mehr sein. Denn gerade jetzt – auf dem Gipfel des wirtschaftlichen Erfolges – müsste verantwortliche Politik mit einer nachhaltigen Fitnesskur die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes stärken anstatt scheinbar selbstzufrieden immer mehr Speck anzusetzen. Dieses Signal fehlt!

So sehr die wirtschafts- und vor allem sozialpolitischen Weichenstellungen im Bund Anlass zur Sorge geben, so zuversichtlich stimmt mich unter dem Strich die Arbeit der seit einem Jahr amtierenden Landesregierung in Nordrhein-Westfalen. Angetreten mit dem Ziel, Nordrhein-Westfalen im Wettbewerb der Wirtschaftsstandorte bundes- und europaweit wieder auf die vorderen Plätze zu bringen, wird nun der Koalitionsvertrag – ein starkes Signal des Aufbruchs und des Anpackens – nach und nach abgearbeitet. Was mich besonders freut: Die Stimme Nordrhein-Westfalens, dem größten Bundesland der Republik, soll in Berlin wieder deutlich vernehmbarer werden. Dies ist insbesondere in der Energie- und Klimapolitik für unser Land existenziell.

Die Entfesselungspakete haben den größten investitionshemmenden und insbesondere industriefeindlichen Unsinn der Vorgängerregierung zügig beiseite geräumt, gleich zu Beginn die Richtung und damit auch die Geschwindigkeit vorgegeben. Dieses Tempo gilt es nun hochzuhalten! Der Wirtschaftsminister hat mit seiner innovationsfreundlichen digitalen Agenda Aufbruchsstimmung entfacht. Der Verkehrsminister hat einen konzeptionell starken verkehrsträgerübergreifenden Masterplan vorgelegt, den er nun konsequent und mit hohem Tempo abarbeitet.

Mut machend ist auch die Ankündigung der Landesregierung, in einem mehrjährigen und strukturierten Prozess eine Konferenz für das Ruhrgebiet durchzuführen. Denn ohne eine nachhaltige Stärkung des größten Ballungsraums Deutschlands wird der nötige Aufholprozess des Landes nicht gelingen. In diesen Prozess wird sich die Landesvereinigung der Unternehmensverbände – wir übrigens auch die regionalen Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände des Ruhrgebiets – gern einbringen. Um hierfür aber auch landesweite Akzeptanz zu erreichen, ist es mir ein besonderes Anliegen, dass die Interessen und Bedürfnisse vor allem der angrenzenden Regionen auch berücksichtigt werden.

In manchen Bereichen der Landespolitik bedarf es indes einer spürbaren Tempoverschärfung. Dies gilt insbesondere für die Umweltpolitik, in der die wettbewerbsschädlichen und investitionshemmenden Regelungen des Landeswasser- und des Landesnaturschutzgesetzes nach wie vor Bestand haben. Gerade diese Gesetze aber haben Nordrhein-Westfalen in den vergangenen Jahren zu einem Sinnbild für überzogene Umweltregulierung gemacht und Investitionen massiv abgeschreckt. Ebenso muss nun die konsequente Umsetzung der industriepolitischen Leitlinien der Vorgängerregierung in ein für alle Landesministerien verbindliches Leitbild erfolgen. Denn eines ist klar: Allein mit digitalen Startups, aber ohne eine starke Industrie, wird einem Land wie Nordrhein-Westfalen der Aufholprozess nicht gelingen.

Deshalb erwarte ich von der Landesregierung, dass sie wie angekündigt den Aufholprozess mit hohem Tempo fortführt. Denn klar ist doch: Wer aufholen muss, hat mehr zu leisten und muss sich mehr anstrengen als andere. Der Sommer des Jahres 2018 ist – auch in Anbetracht der schwierigen internationalen Gemengelage – ein guter Zeitpunkt für eine erneute Tempoverschärfung. Ein energischer Zwischenspurt in den wettbewerbsrelevanten Politikfeldern wäre überdies ein dickes Ausrufezeichen im Wettbewerb um Investitionen und Arbeitsplätze.

Arndt G. Kirchhoff ist Geschäftsführender Gesellschafter der KIRCHHOFF Gruppe und CEO der KIRCHHOFF Holding GmbH & Co. KG. Zudem ist er Präsident der Landesvereinigung der Unternehmensverbände NRW (unternehmer nrw) und des Verbandes der Metall- und Elektro-Industrie NRW (METALL NRW).

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