Von wegen Beitragsparität

In dieser Woche wird in Berlin gleich zweimal über die Frage der Beitragsteilung in der GKV diskutiert – am Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestags auf Betreiben der Fraktionen der Linken und der Grünen, am Freitag in der Plenarsitzung des Bundesrats auf Initiative von sieben Bundesländern. Es geht um eine Rückkehr zur vollständig paritätischen Finanzierung der GKV, für die sich jüngst auch das Präsidium der SPD stark gemacht hat.

Die Forderung nach einer „Rückkehr“ suggeriert, dass der Beitrag in der Vergangenheit zu gleichen Teilen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gezahlt wurde. Und tatsächlich wurde der Beitragssatz bis zur Einführung des sogenannten Arbeitnehmer-Sonderbeitrags im Jahr 2005 halbiert. Gleichwohl wurden die Ausgaben der medizinischen Versorgung damals keineswegs geteilt. Denn der GKV-Leistungskatalog musste in der Vergangenheit wiederholt eingeschränkt werden – zum Beispiel zu Lasten des Zahnersatzes oder der Sehhilfen. Seitdem müssen sich die Versicherten gegen das Kostenrisiko bei Zähnen und Co. privat absichern. Ebenso wurden Zuzahlungen etwa bei der stationären Versorgung eingeführt, die allein die Versicherten zu tragen haben.

Diese Eingriffe wurden notwendig, weil die überproportional stark steigenden GKV-Ausgaben zu immer höheren Beitragssätzen geführt hätten. Arbeitnehmer zu beschäftigen ist aber nur dann dauerhaft rentabel, wenn sie sämtliche Arbeitskosten erwirtschaften – einschließlich des Arbeitgeberanteils am Sozialversicherungsbeitrag. Bei unverändert hohen Bruttolohnforderungen bleibt also nur die Kürzung des GKV-Leistungskatalogs, wenn es keine negativen Beschäftigungsfolgen geben soll.

Die wirklich großen demografischen Herausforderungen der GKV stehen allerdings noch bevor, entsprechend ist nicht damit zu rechnen, dass die GKV-Ausgaben sinken. Mit einer hälftigen Teilung des Beitragssatzes wird dieses Problem nicht gelöst. Vielmehr stehen bei einem Verzicht auf den Arbeitnehmerzusatzbeitrag hitzige Debatten über weitere Leistungsausschlüsse und Selbstbehalte ins Haus. Schließlich werden die Arbeitgeber, die im internationalen Wettbewerb stehen, diese Mehrkosten nicht einfach so übernehmen können.

Ehrlicher wäre es deshalb, den Versicherten gleich reinen Wein einzuschenken: Steigen die GKV-Ausgaben, wird niemand anderes die Zeche für sie bezahlen. Mit dem Zusatzbeitrag, den die Arbeitnehmer zahlen, besteht für sie aber wenigstens die Möglichkeit, durch die Wahl einer günstigen Kasse den Kostenanstieg in Grenzen zu halten und den Wettbewerb zwischen den Kassen anzukurbeln. Dieses Instrument sollte die Politik also nicht unbedacht beerdigen.

iw, Köln

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