Trendwende auf dem Ausbildungsmarkt

Wie üblich zieht die Agentur für Arbeit Siegen nach den ersten sechs Monaten des Ausbildungsjahres eine Zwischenbilanz zur Situation auf dem Ausbildungsmarkt. Die ersten Zahlen sprechen für eine klare Trendwende: Erstmals gibt es im Bezirk der Agentur für Arbeit Siegen deutlich mehr Ausbildungsplätze als Bewerber.

Dr. Bettina Wolf, Vorsitzende der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Siegen, appellierte bei der Präsentation der Zahlen in Siegen: „Es gilt jetzt dafür zu sorgen, dass jeder Jugendliche auch einen Ausbildungsplatz bekommt. Wir sprechen gerne mit den Betrieben, um Unterstützungsmöglichkeiten anzubieten.“

Die Zahl der bei der Arbeitsagentur registrierten Ausbildungsplätze stieg um 423 Lehrstellen auf 2944. Das ist ein Anstieg um 16,8 Prozent. Gleichzeitig schlagen sich die geburtenschwächeren Jahrgänge auch in geringeren Bewerberzahlen nieder: Die Zahl der bei der Arbeitsagentur registrierten Ausbildungssuchenden ging um 294 Jugendliche auf 2.714 junge Männer und Frauen zurück, ein Minus von 9,8 Prozent. Ähnlich entwickelten sich auch die Zahlen der unversorgten Bewerber und der unbesetzten Ausbildungsstellen: Die Zahl der unversorgten Bewerber sank um 11,5 Prozent auf 1.408 junge Männer und Frauen, die Anzahl der bisher unbesetzten Ausbildungsplätze stieg um 13,7 Prozent auf 1.431 Lehrstellen. Die Trendwende bedeutet für Dr. Bettina Wolf, dass es die Bewerber leichter haben werden, eine Ausbildungsstelle zu finden: „Jetzt können sich viele Bewerber ihren Ausbildungsplatz aussuchen“, so die Agenturleiterin. „Das bedeutet aber nicht, dass sich die Schüler zurücklehnen sollten. Je besser die Noten, desto besser die Chancen. Ein gutes Zeugnis öffnet mit einem guten Sozialverhalten ganz viele Türen“, motivierte Dr. Bettina Wolf.

IHK Geschäftsführer Klaus Fenster, zuständig für die Kreise Siegen und Olpe, rechnet damit, dass die Trendwende zukünftig noch wesentlich deutlicher zu Tage treten wird. „Nicht mehr die Probleme Jugendlicher, eine freie Ausbildungsstelle zu finden, prägen die Situation“, so der Leiter des Geschäftsbereiches berufliche Bildung der heimischen IHK: Zukünftig sei der Markt von der Schwierigkeit der Unternehmen geprägt, ihre freien Ausbildungsstellen mit geeigneten Bewerbern zu besetzen. Es gelte zukünftig, Abiturienten für den Wert einer dualen Ausbildung zu begeistern und das Potenzial junger Migranten zu erschließen.

Ähnlich äußerte sich Jürgen Haßler, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd, ebenfalls zuständig für die Kreise Siegen-Wittgenstein und Olpe. Auch er sieht eine Aufgabe darin, mehr für die Ausbildung zu werben. „Das heimische Handwerk wird mit einem Katalog von Maßnahmen der Entwicklung entgegensteuern und die Attraktivität der ca. 130 Ausbildungsberufe im Handwerk nachhaltig bewerben“, so Jürgen Haßler. Gleichzeitig brachte er die Entwicklung prägnant auf den Punkt: „Der Kampf um die Köpfe wird härter!“

In den einzelnen Kreisen zeigte sich die Entwicklung noch einmal deutlicher. Im Kreis Siegen-Wittgenstein stieg die Anzahl der gemeldeten Ausbildungsstellen um 279 Lehrstellen an, ein Plus von 20,7 Prozent. Gleichzeitig sank die Zahl der Bewerber um 7,2 Prozent auf 1.808 Jugendliche. „Im Kreis Siegen-Wittgenstein gibt es zurzeit noch mehr Bewerber als Ausbildungsstellen. Da für die jungen Menschen die politischen Grenzen bei der Suche nach einer Ausbildungsstelle keine große Rolle spielen, gleicht sich dieser Effekt aus“, so Dr. Bettina Wolf. Sie rechne außerdem damit, dass auch im Kreis Siegen-Wittgenstein eine vollständige Trendwende bald vollzogen sei. Die Zahl der unversorgten Bewerber sank um 13,8 Prozent, die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen stieg um 20 Prozent auf 815 Lehrstellen.

Werner Leis, Vorsitzender des DGB im Kreis Siegen-Wittgenstein wies daraufhin, dass das Angebot von Ausbildungsplätzen durch die Unternehmen keine soziale Tat sei. „Sie dient dem Überleben des Unternehmens in der Zukunft“, bekräftigte Werner Leis. Er hoffe, dass sich der Trend der Zunahme der Ausbildungsplätze fortsetze und forderte die Unternehmen auf, ihre Ausbildungsplätze der Agentur für Arbeit zu melden, um deren Besetzung mit der fachlichen Unterstützung der BA zu gewährleisten. Auch Werner Leis verdeutlichte wie Klaus Fenster, dass die duale Berufsausbildung in einer zunehmenden Konkurrenzsituation stehe, „mit sonstigen Ausbildungen, z.B. der universitären“, so der DGB-Vorsitzende.

Im Kreis Olpe sank die Zahl der Bewerber um Ausbildungsstellen um 153 Personen auf 906 Jugendliche. Das entsprach einem Rückgang von 14,4 Prozent. Gleichzeitig stieg die Anzahl der gemeldeten Lehrstellen um 144 Plätze auf 1.318 Ausbildungsplätze, das entspricht einem Zuwachs von 12,3 Prozent. Für Georg Keppeler, Vorsitzender des DGB Kreisverbandes Olpe zeigen „die Ausbildungszahlen ganz deutlich, dasss es sinnvoll ist und war, langfristige Personalentwicklung zu betreiben.“ Es sei grundsätzlich positiv, dass die Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze steige. Der DGB-Kreisvorsitzende verband seine Analyse aber auch mit einer Mahnung an die Betriebe: „Wer in Zukunft nicht über Fachkräftemangel klagen will, muss heute in erheblichem Umfang selbst ausbilden und gute Arbeits- und Ausbildungsbedingungen mit einer unbefristeten Übernahme bieten.“

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