„Neuregelungen in der Praxis nicht umsetzbar“

Das Europäische Parlament hat heute in einer kurzfristig vorgezogenen Abstimmung die höchst umstrittene neue Entsenderichtlinie verabschiedet. Mit der neuen Entsenderichtlinie wird jeder Arbeitgeber, dessen Arbeitnehmer zum Arbeiten eine EU-Grenze überqueren, dazu gezwungen, ab dem ersten Einsatztag umfassende Einkommensvergleiche mit dem Tarif- und Entlohnungssystem des Ziellandes durchzuführen und Nachweise mitzugeben, dass die entsendeten Arbeitnehmer im Zielland nicht mehr verdienen würden als im Heimatland.

Oliver Zander, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, zeigt sich nach der Abstimmung besorgt: „Die Mehrheit der Abgeordneten hat heute auf Drängen der Kommission dafür gesorgt, dass in Zukunft jeder Techniker eines Mittelständlers aus dem Sauerland oder aus der Lombardei, der im spanischen Sevilla, im irischen Killarney oder im polnischen W³adys³awowo eine dorthin verkaufte Maschine reparieren oder warten muss, einen Berg Bescheinigungen beschaffen und mitführen muss. Selbst der Geschäftsführer des Mittelständlers, der für einen Tag anreist, um vor Ort den Kaufvertrag zu unterschreiben, bleibt davon nicht verschont. Obwohl überbordende EU-Bürokratie für Unternehmen durch die Datenschutz-Grundverordnung gerade in aller Munde ist, überschüttet das Europäische Parlament die Arbeitgeber mit Vorgaben für Auslandseinsätze von Mitarbeitern. Diese Neuregelungen werden schon für große Unternehmen kaum umzusetzen sein, für kleinere Unternehmen ist das ein Ding der Unmöglichkeit.“

Zander verwies darauf, dass es angebliches Ziel der Überarbeitung der Richtlinie sei, Missbrauch in einigen Sektoren zu bekämpfen. Am Missbrauch werde sich durch diese Neuregelungen aber nichts ändern, denn wer bislang nicht den Mindestlohn zahlte, zahle wohl auch das höhere Entgelt nicht. Hier würden nur verschärfte Kontrollen in den betroffenen und bekannten Sektoren helfen. Aber die große Mehrheit der Unternehmen, die sich immer an die Vorgaben gehalten haben und das auch in Zukunft tun wollen, stünden nun vor einer fast unerfüllbaren Aufgabe.

„Trotz wachsender Kritik ist nun auch noch die endgültige Abstimmung im Plenum überraschend vorgezogen worden“, so Zander weiter. „Das spricht Bände darüber, wieviel Angst Brüssel vor einer sachlichen Diskussion hat. Die neue Entsenderichtlinie wird dem Ansehen der EU schwer schaden.“

Der VdSM Verband der Siegerländer Metallindustriellen e.V. teilt die Besorgnisse und die Kritik von Gesamtmetall. Gerade in Siegen-Wittgenstein seien viele mittelständische Unternehmen ansässig, die einen wesentlichen Teil ihrer Geschäfte im europäischen Ausland tätigen. Sie würden von der Entsenderichtlinie in besonderer Weise betroffen.

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