„Mousse au Chocolat“ für die Bauindustrie

Wenn Christina Krämer über ihre Arbeit spricht, spricht sie manchmal auch über Mousse au Chocolat. Die süße Nachspeise aus Frankreich ist ein Schaum aus Schokolade. Wenn der Koch mehr Eiweiß untermischt, wird der Schaum leichter und hat eine geringere Dichte. Mit Schäumen und deren Dichte beschäftigt sich Christina Krämer auch bei ihrer Forschung an der Universität Siegen. Allerdings geht es dann nicht um Schokolade, sondern um Beton. In ihrer Masterarbeit im Studiengang Chemie hat Krämer ein Verfahren zur Herstellung von Schaumbeton entwickelt. Dieser Schaumbeton ist leichter, stabiler und mit weniger Aufwand zu produzieren als bekannte Leichtbaustoffe. Dafür hat Krämer nun den Förderpreis der Deutschen Bauchemie e. V. erhalten.

Dieser Förderpreis wird alle zwei Jahre für hervorragende Diplom- und Masterarbeiten an deutschen Universitäten und Hochschulen zu bauchemischen Themen vergeben und ist mit 2000 Euro dotiert. Die eingereichten Arbeiten sollen sich mit bauchemischen Rohstoffen, Produkten, Prozessen oder Anwendungen befassen und gleichzeitig Ideen und Wege zur Optimierung von Wirtschaftlichkeit und Ökologie aufzeigen. 2015 ist Christina Krämer aus dem Institut für Bau- und Werkstoffchemie der Universität Siegen die Preisträgerin. In Hamburg nahm Krämer den Preis von Norbert Schröter (Hauptgeschäftsführer der Deutschen Bauchemie e.V.) und Johann J. Köster (Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bauchemie e.V.) entgegen.

Die Begeisterung für Chemie hat die 27-Jährige aus Littfeld schon in der Schule erfasst, im Chemie-Leistungskurs in der Oberstufe. Es folgte das Bachelor-Studium Chemie an der Universität Siegen, danach der Master, seit 2014 arbeitet Krämer an ihrer Doktorarbeit. „In den Chemie-Leistungskurs bin ich damals kurzfristig gekommen, ich hatte einfach einen sehr guten Lehrer. Bauchemie mit den vielfältigen und innovativen Themen hat mich fasziniert. Toll ist auch, dass die Forschung in diesem Gebiet so anwendungsbezogen ist“, sagt sie. Anwendungsbezogen bedeutet, dass die Forschung in der Praxis umgesetzt wird. Das ist eines der Ziele bei der Forschung im Siegener Institut für Bau- und Werkstoffchemie.

Christina Krämer forscht an der Entwicklung neuartiger und der Optimierung von bestehenden Leichtbaustoffen, der Titel ihrer Masterarbeit lautet: „Untersuchungen zur Modifizierung und zum Einbau von Dreiphasenschäumen in Schaumbeton“. Der Fokus liegt auf der Stabilisierung tensidbasierter Schäume für Schaumbetone durch nanostrukturierte Additive. Was kompliziert klingt, lässt sich mit dem Mousse-au-Chocolat-Vorbild erklären.

Schaumbetone werden hergestellt, indem Tenside oder Proteine aufgeschäumt werden. Üblich sind die sogenannten Zweiphasenschäume. Neu ist nun, dass die Schaumbetone erstmals auf der Basis von Dreiphasenschäumen entwickelt wurden. Die zusätzliche dritte Phase nennt sich Feststoffphase. In dieser Phase reagieren verschiedene Stoffe (Nano-Additive) miteinander, die vorher hinzugegeben worden sind. Mit diesem innovativen Ansatz ist es möglich, die Nanopartikel in die Struktur der Schaumbetone einzuarbeiten. Durch die Nanotechnologie sind die Schäume stabilisiert und haben eine höhere Festigkeit. Christina Krämer hat also einen Weg gefunden, durch die Verbindung und die Reaktion der Nano-Additive einen Schaum herzustellen, der stabiler ist als bisherige Produkte – und sich gleichzeitig auf Baustoffe wie Mörtel oder Putz anwenden lässt.

Prof. Dr. habil. Reinhard Trettin, Krämers Doktorvater, erklärt es so: „Der Schaum stabilisiert sich durch die Nanopartikel und wird durch die Reaktion von Zementpartikeln mit den Nanopartikeln nochmals stabiler.“ Ein weiterer Vorteil ist, dass die Herstellung nicht mehr an einen Standort mit speziellen Produktionsstätten gebunden ist, sondern unter normalen Bedingungen erfolgen kann. Weniger Kosten, mehr Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit – all das spricht für diesen neuartigen Schaumbeton.

Diese Schaumbetone können für die Wärmedämmung oder Schalldämmung eingesetzt werden, für den Innenausbau eines Gebäudes, in den Fassaden, für Privathaushalte und die Industrie. Ihre Forschung hat Christina Krämer schon in drei wissenschaftlichen Veröffentlichungen dargestellt. Auch bei der NICOM5 (5th International Symposium on Nanotechnology in Construction), einer der größten und renommiertesten internationalen Fachtagungen auf dem Gebiet der Bau- und Werkstoffchemie, stellte Christina Krämer ihr Thema vor. Eine große Auszeichnung für die Nachwuchswissenschaftlerin, aber auch für das Institut für Bau- und Werkstoffchemie. Insgesamt sechs Wissenschaftler des Instituts wurden für Vorträge ausgewählt.

„Wir befinden uns bei der Erforschung von ultrahochfestem Beton in der Weltspitze. Ziel ist immer, die Eigenschaften eines bestehenden Baustoffs zu verbessern oder neue Baustoffe zu erzeugen. Die Dauerhaftigkeit soll erhöht, weniger Ressourcen eingesetzt werden. Diese Ziele sind ökologisch und ökonomisch wichtig, wir arbeiten durch die Kombination grundlagenorientierter sowie anwendungsnaher Forschung und Einbeziehung nanotechnologischer Ansätze erfolgreich daran“, sagt Prof. Trettin.

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