Kirchhoff fordert Deutschland-Tempo in der Wirtschaftspolitik

Arndt G. Kirchhoff

Die nordrhein-westfälischen Unternehmer haben die Bundesregierung eindringlich aufgefordert, jetzt schnellstens einen klaren Schwerpunkt auf Wettbewerbsfähigkeit, Investitionen und Innovationen zu setzen. „Deutschland hat massive strukturelle Probleme, die die Politik jetzt dringend angehen muss“, erklärte der Präsident der Landesvereinigung der Unternehmensverbände Nordrhein-Westfalen (unternehmer nrw), Arndt G. Kirchhoff, am Mittwoch auf dem Unternehmertag seiner Organisation in Düsseldorf. In Anwesenheit von Bundeskanzler Olaf Scholz betonte Kirchhoff, Deutschland gerate international zunehmend ins Hintertreffen, das Land sei derzeit nicht gut aufgestellt. Die Wirtschaftsleistung gehe zurück, viel zu hohe Energiekosten sowie Steuern und Abgaben gefährdeten die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, der Arbeits- und Fachkräftemangel belaste inzwischen alle Wirtschaftsbereiche, der Zustand der Infrastruktur sei extrem besorgniserregend und Bürokratie und Regulierung lähmten das ganze Land. „Die Lage ist ernst“, sagte Kirchhoff. Umso wichtiger sei es, das Land mit entschlossenen Maßnahmen wieder nach vorn zu bringen. Dies werde nur mit einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft gelingen.

Energiepolitik ist ein entscheidendes ThemaNach Worten des NRW-Unternehmerpräsidenten entscheidet insbesondere die Energiepolitik über die Zukunftsfähigkeit des Wirtschafts- und Industriestandorts Deutschland. Bei den gegenwärtigen Energiepreisen könnten energieintensive Branchen hierzulande nicht mehr investieren. Es gehe um nicht weniger als den Kern der Wirtschaft und damit die Grundlage des Wohlstands des Landes. Deshalb müsse jetzt schnell ein international wettbewerbsfähiger Strompreis für die Industrie von vier bis sechs Cent kommen. Nachhaltig abnehmen werde der Preisdruck allerdings nur mit einem gleichzeitigen massiven Ausbau der Energieerzeugung. „Ich sage ausdrücklich: Es geht jetzt um die Frage ‚Industriestrompreis und Ausbau des Energie-Angebots‘“, betonte Kirchhoff. Beides sei entscheidend für den Erhalt der Wertschöpfungsketten bis weit in den industriellen Mittelstand und in den Dienstleistungsbereich hinein.

Kirchhoff Deutschland-Tempo als MarkenzeichenAngesichts der „für deutsche Verhältnisse geradezu unglaublichen Geschwindigkeit“ bei Planung, Genehmigung und Bau des LNG-Terminals in Wilhelmshaven (ein Jahr) dankte Kirchhoff dem Bundeskanzler für das entschlossene Handeln der Bundesregierung zur Sicherung der Gasversorgung. Der Staat habe hier seine Handlungsfähigkeit bewiesen, als es darauf ankam. Jetzt gelte es aber, Planungs- und Genehmigungsverfahren endlich auch für die anderen Transformations- und Infrastrukturprojekte massiv zu beschleunigen. Kirchhoff wörtlich: „Herr Bundeskanzler, machen Sie das Deutschland-Tempo zu einem weltweit sichtbaren Markenzeichen deutscher Wirtschaftspolitik.“ Das Schneckentempo mit zehn Jahre dauernden Planungs- und Genehmigungsverfahren für einfache Stromtrassen oder Gewerbegebiete müsse endgültig der Vergangenheit angehören. Deutschland müsse ab sofort in den Umsetzungsmodus kommen.

40-Prozent-Grenze bei Sozialbeiträgen überschrittenDie Arbeits- und Sozialpolitik der Bundesregierung bezeichnete der NRW-Unternehmerpräsident als die eines Landes, das immer noch glaube, sich alles leisten zu können. Vom Arbeitszeitgesetz über das Lieferkettengesetz bis zum Tariftreuegesetz eröffne das Bundesarbeitsministerium immer wieder neue bürokratische Baustellen für die Wirtschaft. „Als gäbe es die aktuellen Krisen nicht, wird hier unverdrossen draufgesattelt“, kritisierte Kirchhoff. Inzwischen sei auch die so wichtige 40-Prozent-Grenze bei den Sozialbeiträgen überschritten. Vom angekündigten Belastungsmoratorium für die Wirtschaft sei zumindest in diesem Bereich nichts zu spüren. Stattdessen blieben nötige Weichenstellungen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit auf der Strecke. „Die Prioritätensetzung der Politik muss sich dringend verändern“, forderte Kirchhoff. Die Politik müsse jetzt alles unternehmen, was die Wirtschaft stärkt und alles unterlassen, was sie schwächt.

Soziale Marktwirtschaft als Kitt in der GesellschaftKirchhoff warb für noch größere gemeinsame Anstrengungen von Politik und Wirtschaft für einen engeren Zusammenhalt in der Gesellschaft. „Die Umfragewerte der Rechtspopulisten der letzten Wochen können uns alle nicht unberührt lassen“, sagte der NRW-Unternehmerpräsident. Ihn bedrücke, dass hier Unsicherheit und Verlustängste in der Bevölkerung ausgenutzt würden. Umso wichtiger sei es, den vermeintlich einfachen Antworten des Populismus in dieser komplexen Welt entschlossen entgegenzutreten. Ausdrücklich begrüßte Kirchhoff das kürzlich verabschiedete Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Die Wirtschaft setze auf Weltoffenheit, Toleranz und Miteinander. „Als Unternehmer haben wir hier eine klare Antwort, die sich seit 70 Jahren in unserem Land bewährt hat: die Soziale Marktwirtschaft“, betonte Kirchhoff. Sie sei der Kitt dieser Gesellschaft und die Grundlage für eine gute Zukunft des Landes.

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