Gaspreisbremse: IHK sieht Nachbesserungsbedarf

Die IHK Siegen sieht Nachbesserungsbedarf für die Industrie bei der Gaspreisbremse. (Foto: Rob Lambert/Unsplash)

„Die geplanten Entlastungen enthalten Unwuchten. Es zeichnet sich schon jetzt ab, dass es beim 49-Euro-Ticket und bei der Gaspreisbremse Gewinner und Verlierer geben wird, die extrem unterschiedlich betroffen sind. Bei weitem nicht alle Unternehmen werden hiervon profitieren.“ Walter Viegener, Präsident der IHK Siegen, sieht das milliardenschwere Entlastungspaket, auf das sich Bundeskanzler Olaf Scholz mit den Ministerpräsidenten geeinigt hat, vor diesem Hintergrund kritisch. Mit dem stark subventionierten 49-Euro-Ticket sollen Menschen bei der Nutzung des Nah- und Regionalverkehrs entlastet werden. 3 Mrd. € lassen sich Bund und Land diese Maßnahme im Jahr kosten. In den ländlichen Räumen, so Walter Viegener, verfehle dieses Instrument seine Wirkung nahezu vollständig. Hier sei nicht der Preis, sondern das Angebot die eigentliche Nutzungsbarriere. „Ob das Ticket 90 €, 70 € oder 49 € kostet: Die Wartezeit auf den nächsten Bummelzug verkürzt sich hierdurch nicht.“
IHK begrüßt Gaspreisbremse mit großem „Aber“
Auch die Preisbremse für Gas und Fernwärme stößt in der jetzt verabredeten Form auf deutliche Kritik der IHK Siegen. Zwar sei die Entlastung für kleine und mittlere Unternehmen sowie für Privathaushalte grundsätzlich zu begrüßen, jedoch lägen die Fallstricke hier im Detail. So wird unterschieden zwischen den Verbrauchsgruppen „Haushalte/Gewerbe“, für die eine Bremse von 12 Cent/kWh Endkundenpreis für 80 % des Verbrauchs gilt, und der Verbrauchsgruppe „Industrie“, für die eine Bremse von 7 Cent/kWh Arbeitspreis für 70 % des Verbrauchs gilt. War ursprünglich vorgesehen, das gesamte Gewerbe unabhängig von der Art der Messung (SLP: Standardlastprofil bzw. RLM: Registrierende Leistungsmessung) ab 1,5 Mio. kW/h in die Verbrauchsgruppe „Haushalte/Gewerbe“ einzuteilen, finden sich im Endbericht der Expertenkommission in dieser Gruppe außer allen SLP-Kunden nur noch die RLM-Kunden der Wohnungswirtschaft.
Mittelständische Unternehmen befürchten Ungerechtigkeiten
Die größeren Gasverbraucher im Gewerbe werden daher voraussichtlich der Gruppe RLM-Industrie zugeordnet. „Diese Einteilung führt aus Sicht vieler mittelständischer Unternehmen zu Ungerechtigkeiten, da so Betriebe ein und derselben Branche ungleich behandelt werden können. Hinzu kommt, dass es für mittelständische Unternehmen nicht unbedingt vorteilhaft ist, zur Industriegruppe gezählt zu werden, da dies negative Auswirkungen auf die Höhe der Gaspreisbremse nach sich ziehen kann“, kommentiert Klaus Gräbener.
Gaspreisbremse: Hohe Hürden für mittelständische Betriebe
Die Kunden der Industriegruppe müssten mit zusätzlichen Auflagen rechnen, wenn sie die Gaspreisbremse in Anspruch nehmen wollten. So sollen Betriebe in der Industriegruppe nach den Vorschlägen der Kommission beispielsweise konkretere Bedingungen für den Standorterhalt erfüllen. Klaus Gräbener: „Gerade mittelständische Unternehmen werden so vor Hürden gestellt, an denen sie mit hoher Wahrscheinlichkeit scheitern. Am Ende bleiben ihnen in der Praxis genau diejenigen Hilfen verwehrt, auf die sie zwingend angewiesen sind, um den Standort zu erhalten.“ Eine weitere Unwucht leitet sich aus Sicht der Kammer aus der Berechnungsgrundlage für die Gaspreisbremse ab. Walter Viegener: „Bezugsgröße für die Unternehmen in der Gruppe ‚Industrie‘ ist das Jahr 2021, in dem etliche Branchen noch von Corona-Einschränkungen betroffen waren. Daraus errechnet sich eine Gaspreisbremse, die deutlich unter dem tatsächlichen Entlastungsbedarf liegt.“ Nachdem eine vorübergehende Ausweitung des Energieangebotes politisch nicht gewollt sei, lägen nunmehr alle Hoffnungen auf den für den Steuerzahler teuren Preisbremsen, betont der IHK-Präsident. Einen „Fehlschuss“ könne man sich somit auf keinen Fall erlauben. „Mit der jetzt erreichten Verständigung läuft die Politik Gefahr, dass das Entlastungspaket seine Wirkung mit Blick auf die Wirtschaft verfehlt“, so Walter Viegener: „Für viele Branchen wäre das fatal. Deshalb braucht es in diesen Punkten dringend Nachbesserungen!“

Kommentar hinterlassen zu "Gaspreisbremse: IHK sieht Nachbesserungsbedarf"

Hinterlasse einen Kommentar

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.