Die Bäume wachsen nicht in den Himmel

Siegen, 18. Mai 2012. Derzeit überschlagen sich die Meldungen über die robuste Verfassung der deutschen Konjunktur, die mit einem überraschend hohen Wirtschaftswachstum im ersten Quartal 2012 das europäische Zugpferd bleibt. Da überrascht die Meldung der Industrie- und Handelskammer Siegen (IHK), dass der Industrieumsatz im Kammerbezirk in den ersten drei Monaten „nur“ um 3,1 Prozent gestiegen ist, weil der Export um fast acht Prozent hinter dem Vorjahreszeitraum zurückblieb. Der Inlandsabsatz bleibt mit plus zwölf Prozent weiter auf Wachstumskurs. Exporteinbußen melden der Maschinenbau und die Unternehmen der Metallindustrie.

Wie passt das zusammen? Entwickelt sich die Export-Konjunktur in der Region Siegen-Wittgenstein und Olpe, die immer Motor der Entwicklung war, auf einmal schlechter als bundesweit?

„Nein“, sagt dazu IHK-Hauptgeschäftsführer Franz J. Mockenhaupt. „Zum großen Teil ist der Exportrückgang auf einen sogenannten Basiseffekt im Maschinenbau zurückzuführen. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres war durch die Abrechnung eines Großauftrages aus dem Anlagenbau der Umsatz ungewöhnlich hoch ausgefallen. Dieser Sondereffekt fehlt 2012. Deshalb sieht das erste Vierteljahr 2012 schlechter aus als die ersten drei Monate 2011.“ Allerdings sind in der Metallverarbeitung die Exportumsätze schwächer ausgefallen, ohne dass ein solcher Basiseffekt zugrunde liegt. Eine Erklärung dafür könnten nach Auffassung der IHK die ersten Anzeichen einer Beruhigung der Konjunktur bei den Autozulieferern sein. Hier zeigen sich Bremsspuren vor allen Dingen bei jenen Unternehmen, die für die Produktion von Kleinwagen und Wagen der unteren Mittelklasse Teile herstellen. Der europäische Fahrzeugmarkt ist in diesem Segment von deutlichen Absatzschwierigkeiten bestimmt, von denen die Autozulieferer erwarten, dass sie im Laufe des Jahres 2012  noch spürbarer  werden.

„Alles in allem sind das aber keine Anzeichen für einen bevorstehenden Konjunktureinbruch“: „Allerdings können auch bei uns die Bäume nicht in den Himmel wachsen, wenn um uns herum in Europa die Volkswirtschaften kriseln“; meint IHK-Präsident Klaus Th. Vetter. „Immerhin sind die europäischen Nachbarn mit unsere besten Kunden. Wir müssen deshalb großes Interesse daran haben, dass die Länder, die wirtschaftliche Schwierigkeiten haben, schnell wieder gesunden.“ Dass die generelle Konjunkturentwicklung im IHK-Bezirk wenig Anlass gibt, einen Konjunktureinbruch zu befürchten, zeigt auch das Ergebnis der jüngsten Umfrage der Kammer. Der Konjunkturklimaindex bleibt mit 115 Punkten in etwa auf dem hohen Niveau vom Jahresbeginn. Zur Orientierung: Den Tiefstand hatte der Indikator im Januar 2009 mit 70 Punkten erreicht. Seinen letzten Höchststand im August 2010 mit 123 Punkten. Auch in den übrigen Wirtschaftszweigen steht die Konjunkturampel weiter auf „grün“. In der Bauwirtschaft läuft es rund. Mehr als jeder zweite Betrieb berichtet über eine gute Lage, nur elf Prozent über eine schlechte. Für die nahe Zukunft erwartet der Großteil von 83 Prozent eine gleichbleibende bis günstigere Entwicklung. Nur 17 Prozent sind pessimistisch.

Im Einzelhandel hat die Stimmung gegenüber dem Januar etwas nachgegeben. Die hohen Energie- und Spritpreise belasten offenbar die Kauflaune der Verbraucher. Dennoch stuft jeder fünfte Händler seine Lage als gut ein. Nur 15 Prozent als schlecht. Die große Mehrzahl setzt auf einen stabilen Verlauf. 17 Prozent befürchten Einbußen.

Jeder dritte Großhändler beurteilt seine Lage gut. Schlecht sagen nur ganze drei Prozent. Dafür ist die Branche für den weiteren Verlauf deutlich zurückhaltender. 17 Prozent erwarten Rückgänge, nur zehn Prozent Zuwächse.

Fast ein Drittel der Dienstleister beschreibt die eigene Lage als gut. Nur zehn Prozent sind nicht zufrieden. Die Erwartungen in der Branche werden besser. Über ein Fünftel setzt in den kommenden Monaten auf günstigere Geschäfte. Der überwiegende Teil erwartet eine unverändert gute Geschäftslage.

Der Arbeitsmarkt brummt. Allein die Industriebeschäftigung nahm um 3,4 Prozent zu. Das waren 1700 Mitarbeiter mehr als im Vorjahr. Mehr als ein Fünftel der Betriebe will neue Mitarbeiter einstellen.

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