„Bund und Land zu langsam für schnelles Internet“

Im Mai nächsten Jahres hat Siegen-Wittgenstein als erster Kreis in NRW flächendeckendes schnelles Internet. Das bedeutet: 98 Prozent aller Haushalte werden mit mindestens 30 MBit/s im Download surfen können. Diese Mindestgeschwindigkeit für „schnelles Internet“ war von Bund und Land so festgelegt worden. Im aktuellen Ausbaugebiet des Kreises werden aber mindestens 50 Mbit/s verfügbar sein, bei 60 Prozent aller Anschlüsse sind es sogar 100 MBit/s und mehr.

„Wir haben schnell und effektiv gearbeitet, um Privathaushalte und Unternehmen in Siegen-Wittgenstein so schnell wie möglich ans schnelle Datennetz anzuschließen. Dass wir das als erster Kreis in NRW flächendeckend schaffen werden, ist ein riesiger Erfolg für die Region“, unterstreicht Landrat Andreas Müller: Aber er hat auch von Anfang an betont: „Das kann nur der erste Schritt sein! Denn schon in wenigen Jahren werden wir deutlich höhere Bandbreiten benötigen!“

Deshalb fordert Müller Bund und Land jetzt zum sofortigen Handeln auf: „Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen: Unternehmen und auch Privatpersonen werden schon bald Downloadgeschwindigkeiten von bis zu 1.000 MBit/s und mehr benötigen. Das ist vor allem mit Glasfaserhausanschlüssen zu erreichen“, erläutert Müller: „Bund und Land haben auch angekündigt, bis 2025 solch ein ‚Gigabit-Netz für alle‘ zu verwirklichen“, so der Landrat: „Damit das aber zu schaffen ist, brauchen wir jetzt konkrete Förderprogramme mit Antragsverfahren. Ansonsten verlieren wir unnötig Zeit und werden im europäischen Vergleich weiter hinterherhinken.“

Allerdings befürchtet Müller, dass die Bundesregierung dieses auf europäischer Ebene festgelegte und im Koalitionsvertrag verankerte Ziel nicht erreichen wird. Die gleiche Befürchtung hat auch der Europäische Rechnungshof. Dieser hat erst vor wenigen Tagen eine massive Warnung an die Bundesregierung gerichtet und festgestellt: Mit den derzeitigen Technologien sei das EU-weite Ziel, bis 2025 flächendeckende Ultra-Geschwindigkeiten von bis zu einem Gigabit pro Sekunde und mehr zu ermöglichen, in Deutschland nicht zu verwirklichen.

Und so stellt der Landrat fest: „Bund und Land sind einfach zu langsam für das schnelle Internet!“ Deshalb erwartet Müller, dass Bundes- und Landesregierung nicht mehr länger warten, sondern ihrer Verantwortung für den Wirtschaftsstandort Deutschland gerecht werden und beim Giganetzausbau aufs Tempo drücken.

„Mit unserem Breitbandausbau schaffen wir in Siegen-Wittgenstein jetzt die Voraussetzungen, um im nächsten Schritt flächendeckend Glasfaserhausanschlüsse legen zu können“, betont der Landrat: „In einem Jahr werden alle geförderten Verteilerkästen in Siegen-Wittgenstein ans Glasfasernetz angeschlossen sein. Dann fehlt nur noch die so genannte ‚letzte Meile‘, also die Strecke vom Verteilerkasten bis ins Haus. Hier muss dann das Kupferkabel durch Glasfaser ersetzt werden. Allerdings werden das die Telekommunikationsunternehmen kaum auf eigene Kosten machen, weil sich das für sie in den meisten Fällen nicht rechnet. Deshalb brauchen wir die neuen Förderprogramme von Bund und Land, um Glasfaserhausanschlüsse flächendeckend anbieten zu können“, so Müller.

Damit die angekündigten Förderprogramme auch praxistauglich sind, fordert der Landrat konkrete Rahmenbedingungen ein: „Zum einen muss die Aufgreifschwelle von 30 MBit/s weg. Diese würde nämlich verhindern, dass Glasfaserhausanschlüsse gefördert werden dürfen, wenn vor Ort schon eine Downloadgeschwindigkeit von mindestens 30 MBit/s vorhanden ist – und das ist künftig praktisch flächendeckend in Siegen-Wittgenstein der Fall.“

Zum anderen müsse die Zweckbindungsfrist von sieben Jahren entfallen. Denn diese Frist hätte zur Folge, dass in Gebiete, in denen aktuell der Breitbandausbau gefördert wurde, erst Mitte des nächsten Jahrzehnts wieder Fördergelder fließen können.

Gleichzeitig warnt der Landrat vor neuen Bürokratiemonstern: „Die Idee, eine zentrale Stelle auf Bundes- bzw. Landesebene zu schaffen, die die Markterkundungsverfahren und die Ausschreibungen für den Giganetzausbau durchführt, ist absolut kontraproduktiv. In diesen Behörden hat niemand die zwingend erforderlichen lokalen Kenntnisse. Im aktuellen Verfahren hat der Kreis mehr als bewiesen, dass es sinnvoll ist, diese Verfahren vor Ort durchzuführen.“

„Die Zeit für Sonntagsreden ist vorbei! Alle Verfahren müssen massiv beschleunigt und bürokratische Hindernisse abgebaut werden“, fordert der Landrat. Und er appelliert auch an die heimischen Europa-, Bundestags- und Landtagsabgeordneten: „Wir müssen auf allen politischen Ebenen gemeinsam Druck machen, damit die zugesagten Förder-Milliarden jetzt auch in konkrete Programme gegossen werden“, so Müller: „Wir in Siegen-Wittgenstein stehen in den Startlöchern und sind jederzeit bereit, ins Gigabitzeitalter durchzustarten. Allerdings müssen Bund und Land dafür nun endlich auch die Voraussetzungen schaffen!“

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