Bad Laasphe muss jetzt Prioritäten setzen

Bad Laasphe, 9. November 2011. „Bis 2019 wird die Zahl der Schulabgänger um 25 Prozent zurückgehen. Die Unternehmen müssen dann um jeden Auszubildenden kämpfen. Das ist eine neue Situation. Uns droht dann ein Fachkräftemangel. Darauf müssen wir uns alle einstellen“. So eröffnete Franz J. Mockenhaupt, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Siegen (IHK) ein Wirtschaftsgespräch, zu dem die IHK die Bad Laaspher Unternehmen, den Bürgermeister der Stadt sowie die Fraktionsvorsitzenden der Ratsfraktionen in die Geschäftsräume der Weber Maschinentechnik GmbH eingeladen hatte.

Dass die demographische Entwicklung für Bad Laasphe zu einer großen Herausforderung werden wird, darin waren sich alle Anwesenden einig. Welche Ideen und Projekte des gemeinsam mit Bürgern erarbeiteten Leitbildes der Stadt umgesetzt werden, muss nun die Politik entscheiden. Noch gleiche das Leitbild „einem Wunschkonzert ohne große Linie“, wie es einer der Anwesenden ausdrückte.

„Wollen wir ein Industrie-, ein Tourismus- oder ein Wohnstandort sein? Oder wollen wir von allem etwas?“ Diese Frage eines Unternehmers blieb unbeantwortet. Nach Ansicht der IHK sollte die Industrie erste Priorität haben. „Die Industrie ist in Bad Laasphe der wichtigste Arbeitgeber“. Wir müssen sie hegen und pflegen ohne den Dienstleistungsbereich und Einzelhandel zu vernachlässigen“, so Mockenhaupt. „Man darf die Zukunftsfragen aber nicht auf das Problem der schlechten Verkehrsanbindung und auf die Ausweisung neuer Gewerbeflächen reduzieren“, so eine Teilnehmerin, „wir müssen unsere Stadt gleichzeitig so attraktiv gestalten, dass die Menschen sich hier niederlassen und es hier so spannend finden, dass sie hier bleiben. Sonst, kommen auch keine neuen Betriebe zu uns.“ Der Tourismus habe nicht nur die Aufgabe, Gäste von außen anzuziehen. „Er ist auch für die Bürger Bad Laasphes von großer Bedeutung. Aber der Tourismus hat keine Lobby“, so die Teilnehmerin

Bürgermeister Dr. Torsten Spillmann betonte, dass es in Bad Laasphe eine „attraktive Mischung“ von produzierenden Betrieben und Dienstleistungsunternehmen gebe und es gelingen müsse, die Attraktivität der Stadt auf dieser Basis zu erhalten und zu verbessern. „Wir müssen uns alle Optionen offen halten“, so Dr. Spillmann. „Die Probleme beginnen aber schon bei der Grundausstattung mit Kindergärten und Schulen“, so Karl-Heinz Lehmann, 1. Stellvertretender Bürgermeister der Stadt. „Wenn wir noch weniger Schüler haben, stellt sich die Frage, ob es möglich und zumutbar ist, bestehende Einrichtungen zu schließen und die Kinder morgens und mittags in den Bus zu setzen. Wir müssen die Möglichkeit haben, auch kleinere Eingangsklassen einzurichten. Dazu muss die Mindestschülerzahl abgesenkt werden, etwa auf 15 Schüler“.

Was wird aus der Altstadt? An dieser Frage entzündete sich eine lebhafte Diskussion. „Wir müssen uns fragen, ob wir nicht zu viel Altstadt im Angebot haben“, so ein Unternehmer, „wir können kein Freilichtmuseum für ein paar Touristen sein“. Nach Ansicht eines Einzelhändlers der Stadt gibt es auch für die Altstadt zukunftsfähige Nutzungskonzepte unter Einschluss von Wohnen und gewerblicher Nutzung. Er vermisse aber den Mut und den Willen zu Veränderungen: „Wir können die Stadt nur gemeinsam nach vorne bringen“, so sein Statement.

Wie wichtig es für die Stadt ist, nach außen geschlossen aufzutreten, zeigte Hermann-Josef Droege, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK. Das Land habe die Ortsumgehung Bad Laasphe zunächst einmal aus seiner Prioritätenliste gestrichen, in der Überzeugung, dass es hier an einem Konsens vor Ort fehle. „Dass der Rat der Stadt bereits vor vielen Jahren einen verbindlichen Beschluss für die Umsetzung einer Planungsvariante gefasst hatte, ist hierbei völlig untergegangen“, so Droege, „wenn die Stadt hier überhaupt noch etwas erreichen kann, dann nur durch eine klare politische Entscheidung. Insofern wäre es sehr hilfreich, wenn sie den damaligen Beschluss noch einmal ausdrücklich bekräftigen könnte.“ Unternehmen, Gewerkschaften und Einwohner aus der Region hätten mit einer Unterschriftenaktion für die „Route57“ bereits der „schweigenden Mehrheit“ für eine bessere Straßenanbindung Wittgensteins eine Stimme gegeben. „In kurzer Zeit haben bereits mehr als 12.000 Bürger unterschrieben“, so Droege, „damit konnten wir in Düsseldorf den falschen Eindruck korrigieren, die Region sei in dieser Frage gespalten.“

Für die Stadt Bad Laasphe sind gute Entwicklungsperspektiven wichtig. Denn „sie muss bis 2020 ihren Haushalt ausgleichen“, so Bürgermeister Dr. Spillmann. Gegenwärtig ist noch nicht klar, wie das gelingen kann. Die Stadt arbeitet derzeit mit einem Nothaushalt. „Der Bevölkerungsrückgang und absehbare weitere Einbußen im kommunalen Finanzausgleich werden die Finanzierbarkeit unserer Vorhaben noch weiter erschweren“, so der Bürgermeister. „Umso wichtiger ist es, jetzt die richtigen Prioritäten zu setzen.“

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