Respektrente ist weder bedarfs- noch leistungsgerecht

Hubertus Heil, seines Zeichens Bundesarbeitsminister, will den Rentnerinnen und Rentner, die nur eine kleine Rente beziehen oder zu erwarten haben, etwas Gutes tun. Wer ein Leben lang hart gearbeitet hat, so der Minister, der soll auch ein Anrecht haben auf eine angemessene Altersversorgung. Lebensleistungs- oder Respektrente nennt er das und gerecht. Finanzieren will er die Aufstockung aus Steuermitteln. Soweit, so gut. Allerdings hat das Konzept des SPD-Ministers gleich mehrere Haken.

Zum einen wird mit der sogenannten Lebensleistungsrente ein Grundprinzip der Rentenversicherung ausgehebelt, nämlich das Prinzip der leistungsorientierten Versicherung. Man zahlt einen bestimmten Anteil vom Einkommen ein und erhält später im Alter eine entsprechende Rente. Durch die Aufstockung verliert dieses Grundprinzip seine Bedeutung. Auch geht der Anreiz verloren, durch höhere Qualifikationen ein höheres Einkommen zu erzielen.

Vielleicht ist das der Grund, warum das Konzept von Minister Heil eine wesentliche Einschränkung enthält: Anspruch auf die Lebensleistungsrente haben nämlich nur diejenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die mindestens 35 Jahre Beiträge an die Rentenversicherung abgeführt haben. Auf den ersten Blick eine sinnvolle Einschränkung, die aber bei genauerer Betrachtung erhebliche Ungerechtigkeiten nach sich zieht. Das hat das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln IW einmal genauer untersucht.

Rund 2,8 Millionen Menschen würden von der SPD-Respekt-Rente profitieren. Allerdings würden 3,2 Millionen Menschen keine Aufstockung erhalten, auch wenn sie zeitlebens unterdurchschnittlich verdient haben – denn sie kommen nicht auf die erforderlichen 35 Beitragsjahre.

Die Respekt-Rente soll laut SPD auch besonders viele jener Frauen unterstützen, die aufgrund familiärer Auszeiten und Teilzeitarbeit meist nur eine kleine Rente erhalten. Allerdings käme gerade bei ihnen oftmals nichts an, zeigen die IW-Berechnungen: So bekämen in Westdeutschland nur 1,2 Millionen Rentnerinnen die Aufstockung. Rund 2,5 Millionen Rentnerinnen würden dagegen leer ausgehen, weil sie nicht genug Beitragsjahre vorweisen können. In Ostdeutschland würden dagegen 83 Prozent der bedürftigen Rentnerinnen von der neuen Grundrente profitieren.

Bei den Männern ist es ähnlich: Nur 56 Prozent der westdeutschen Rentner bekämen einen Zuschuss, in Ostdeutschland wäre der Anteil mit 91 Prozent deutlich höher. „Die Berechnungen zeigen, dass dieses Rentenkonzept weder bedarfs- noch leistungsgerecht ist“, sagt IW-Ökonom und Studienautor Jochen Pimpertz. „Es sorgt für mehr Ungerechtigkeiten und kommt nicht bei denen an, die tatsächlich von Altersarmut bedroht sind.“

Angesichts der Untersuchungsergebnisse des IW und den in diesem Jahr anstehenden Landtagswahlen in mehreren ostdeutschen Bundesländern drängt sich dem nachdenklichen Betrachter durchaus der Verdacht auf, dass es sich bei dem Respektrentenkonzept eher um ein Wahlgeschenk für die Wählerinnen und Wähler in den neuen Bundesländern handelt, denn um die Anerkennung von Lebensleistung. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt.

Ho

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