Mittelstand in Südwestfalen: Stimmung trübt sich ein

Die Stimmung der mittelständischen Unternehmen in Deutschland hat sich im Vergleich zum Frühjahr 2019 und insbesondere im Vergleich zu 2018 deutlich eingetrübt.

Durch einen schwächeren Welthandel, die Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China und dem unmittelbar bevorstehenden Brexit haben sich die Rahmenbedingungen nach Meinung des deutschen Mittelstands erheblich verschlechtert. Dies geht aus der VR Mittelstandsumfrage der DZ Bank AG „Mittelstand im Mittelpunkt“ und der VR Bilanzanalyse des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) hervor, für die deutschlandweit 1.500 Inhaber und Geschäftsführer von mittelständischen Unternehmen befragt wurden. Nach Einschätzung von Roland Krebs, Firmenkundenvorstand der Volksbank in Südwestfalen eG, sei dies aber noch lange kein Grund für Schwarzmalerei.

Die Umfrage von BVR und DZ Bank zeigt, dass der Saldo der Erwartungen (die Differenz aus positiven und negativen Einschätzungen) gegenüber der letzten Umfrage vom Frühjahr 2019 um deutliche 24,1 Punkte auf 0,4 Punkte nachgegeben hat. 2019 war für die deutsche Industrie und damit für die deutsche Wirtschaft ein schwieriges Jahr. Die nachlassende Auslandsnachfrage, ausgelöst durch den Handelsstreit zwischen den USA und China, aber auch die Unsicherheiten rund um den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union setzen den Unternehmen zu. Sind es doch gerade die deutschen Schlüsselbranchen Automobil und Maschinenbau, die die Hälfte ihres Umsatzes im Ausland erwirtschaften. Deutlich besser haben die Unternehmen das Jahr 2019 erlebt, die sich überwiegend auf den inländischen Markt konzentrieren konnten. „Auch wenn der heimische Mittelstand von der globalen Konjunkturabkühlung nicht so sehr betroffen ist, wie beispielsweise so manch exportierendes Großunternehmen im verarbeitenden Gewerbe, kann er sich auch nicht auf Dauer dessen Auswirkungen entziehen“, so Krebs.

Fachkräftemangel bleibt größte Herausforderung
Die größte Herausforderung für die hiesige Wirtschaft ist immer noch der Fachkräftemangel. „Vakante Stellen mit qualifiziertem Personal zu besetzen, damit haben auch zahllose mittelständische Unternehmen in der Region tagtäglich zu kämpfen. Kaum zu glauben, so mancher Auftrag bleibt wegen des Personalmangels einfach liegen – und das trotz voller Auftragsbücher“, sagt Firmenkundenvorstand Roland Krebs. Besonders deutlich zeige sich dieses Problem im Baugewerbe, das, dank des anhaltenden Baubooms, besonders unter dem Fachkräftemangel leide. Aber auch die Sorge über steigende Lohn- und Gehaltskosten setzen dem Mittelstand weiter zu. Krebs beobachtet außerdem: „Für kleine und mittlere Unternehmen wird die stetig wachsende Bürokratie zu einer echten Herausforderung.“

Baubranche und Einzelhandel nahezu unbeeindruckt
Dank des nach wie vor anhaltenden Baubooms zeigen sich die mittelständischen Bauunternehmen von der Abkühlung des Welthandels nahezu unbeeindruckt. „Hier zeigt sich jedoch der Fachkräftemangel besonders deutlich. Internationale Unsicherheiten sind in dieser Branche eher von zweitrangiger Bedeutung. Ähnlich sieht es im Einzelhandel aus. Von einem verminderten Kaufinteresse der Kunden kann nicht die Rede sein. Durch den immer noch wachsenden Onlinehandel steht der stationäre Einzelhändler aber unter einem erheblichen Konkurrenzdruck“, so Krebs.

Mehr als 80 Prozent der in der Studie befragten mittelständischen Unternehmen bewerten ihre aktuelle Lage positiv. „Auch wenn sich die wirtschaftliche Lage eintrübt, ist dies noch lange kein Grund für Schwarzmalerei“, sagt Krebs. Immerhin habe sich der Mittelstand in der Vergangenheit doch als sehr gut aufgestellt gezeigt, um mögliche Krisenzeiten zu überstehen. So ist die Eigenkapitalquote der mittelständischen Firmenkunden der Volksbanken und Raiffeisenbanken von 7,5 Prozent in 2001 auf 27,8 Prozent in 2018 gestiegen. „Im Falle einer Rezession werden die Folgen daher ein ganzes Stück abgemildert.“

Wesentliches Merkmal: Regionale Verbundenheit
Als Volksbank sei man in einer ganz besonderen Weise mit den Unternehmen vor Ort verbunden. Das zeige sich nicht zuletzt auch in der Genossenschaftlichen Beratung. „Wir kennen unsere Kunden meist schon seit vielen Jahren, häufig sogar seit Jahrzehnten und stehen ihnen jederzeit zur Seite. Egal, ob die Geschäfte gut laufen oder die Aufträge auch einmal auf sich warten lassen. Für uns gehört es dazu, zunächst zuzuhören, um dann die individuell beste Lösung anzubieten“, so Krebs. Das Unternehmen und die Menschen dahinter, das seien die Punkte, die immer im Mittelpunkt stünden. So gebe die Volksbank – gemeinsam mit der R+V Lebensversicherung – beispielsweise mit der betrieblichen Altersvorsorge mittelständischen Unternehmen ein Instrument an die Hand, um aktive Mitarbeiterbindung zu betreiben. „Angesichts des Fachkräftemangels werden Benefits und Nebenleistungen als Mittel der Bindung an den Betrieb für Arbeitgeber immer wichtiger“, sagt der Firmenkundenvorstand. „Hier bieten wir mit der betrieblichen Altersvorsorge durch Entgeltumwandlung genau das richtige Produkt an.“ Spare man auf diesem Weg doch Steuern und Sozialabgaben.

Örtlicher Mittelstand kann sich weltweitem Trend nicht dauerhaft entziehen
Zwar sei, so Krebs, der heimische Mittelstand von der globalen Konjunkturabkühlung nicht so sehr betroffen wie beispielsweise exportorientierte Großunternehmen im verarbeitenden Gewerbe, doch könnten sich auch die hiesigen Mittelständler auf Dauer nicht völlig den konjunkturellen Schwankungen entziehen. Direkt betroffene Großkunden könnten weniger Aufträge an den örtlichen Mittelstand vergeben. Besonders deutlich zeige sich dies bei den vor allem im Geschäftsgebiet der Volksbank in Südwestfalen vertretenen exportlastigen Unternehmen aus den Bereichen Metall-, Automobil- und Maschinenbau. „Diese Unternehmen können sich dem starken Rückgang der aus dem Ausland eingehenden Aufträgen nicht entziehen“, sagt Krebs. Seit der Euroschuldenkrise im Herbst 2012 überwiegen daher auch erstmals deutlich die Pessimisten. Im Vergleich zum Vorjahr sank 2019 der Absatz und entsprechend die Pkw-Produktion erheblich. „Das spüren auch die Automobilzulieferer in unserer Region. Viele unserer Kunden aus diesem Bereich verzeichnen deutliche Umsatzrückgänge und reagieren zum Teil mit Personalkürzungen, die ihrerseits auch wieder direkte Auswirkungen auf andere Wirtschaftsbereiche nach sich ziehen.“

Investitionsneigung sinkt
Die Investitionsneigung nimmt seit vier Halbjahren stetig ab. Nach einem Allzeithoch von fast 82 Prozent im Jahr 2017 wollen nun lediglich noch ein wenig mehr als ein Viertel der Mittelständler 2020 in ihre Unternehmen investieren. Die Investitionsneigung steigt, wie die Studie zeigt, mit der Unternehmensgröße. 46 Prozent der Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten wollen im nächsten halben Jahr investieren. Bei Mittelständlern über 200 Beschäftigten sind es hingegen bereits 92 Prozent.

Investitionsneigung in exportorientierten Branchen führt die Rangliste an.

„Bei Unternehmen aus der Metall-, Kfz- und Maschinenbaubranche, die in Südwestfalen traditionellen stark vertreten sind, sinkt die Zahl der Unternehmen, die Investitionen planen, auf 76 Prozent“, so Krebs. Abkühlung des Welthandels oder ein anhaltender Fachkräftemangel: Allen Widrigkeiten zum Trotz zeigen sich die mittelständischen Unternehmen robust. „Auch wenn manche Bereiche von der Konjunkturabkühlung stärker betroffen sind als andere“, sagt der Firmenkundenvorstand.

Hohe Erwartungen an die Hausbank
Die mittelständischen Unternehmer haben hohe Erwartungen an ihre Hausbank. Erwartet wird von Unternehmerseite ein vielfältiges und hochqualitatives Angebot an Produkten und Diensten zu möglichst günstigen Preisen. „Das leisten wir bereits seit vielen Jahren. So unterhält die Volksbank in Südwestfalen beispielsweise eine der größten Auslandsabteilungen in der Region. Das kommt unseren mittelständischen Kunden, die im internationalen Geschäft aktiv sind, direkt zugute“, erklärt der Firmenkundenvorstand. „Spezialisten finden sich aber auch in anderen Bereichen. So haben wir außerdem Experten für Heilberufe, Landwirtschaft und für Gewerbetreibende.“ Neben dem Angebot an Diensten seien für Unternehmer digitale Plattformen von immer größerer Bedeutung, also etwa das Online-Banking. „Unsere Abteilung Payments – zu der der zuvor angesprochene Außenhandel ebenso gehört wie unsere Zahlungsverkehrsspezialisten – ist hier seit langem sehr gut und zukunftssicher aufgestellt“, so Krebs. Parallel werde dem Thema Digitalisierung nicht zuletzt durch den neu eingerichteten Bereich Digitalbank Rechnung getragen. Hier reichen die Aktivitäten von Social Media über die Kundenservicecenter bis hin zum Multikanalvertrieb.

Sorge vor einem „No-Deal-Brexit
Ein vielfach diskutiertes Thema 2019 war der Brexit und wie es mit Großbritannien und der Europäischen Union weitergeht. Bereits seit dem Brexit-Referendum im Jahr 2016 gehen die Ausfuhren in das Vereinigte Königreich zurück. Letzter Stand für den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union ist aktuell der 31. Januar 2020. Geplant ist im Anschluss eine elfmonatige Übergangsphase, in der man sich auf ein Handelsabkommen verständigen wolle. „Das lange Hin und Her hat besonders bei den exportorientierten Unternehmen Spuren hinterlassen. Mit Boris Johnson ist im Sommer ein echter Brexit-Hardliner zum Premierminister gewählt worden, der Anfang Dezember die für den Austritt benötigte absolute Mehrheit im Unterhaus erlangen konnte“, sagt Krebs. Ausgestanden sei aber aktuell noch nichts: „Am Ende der Übergangsphase kann es aber immer noch zu einem No-Deal-Brexit – dem Austritt Großbritanniens ohne einen Austrittsvertrag mit der Europäischen Union – kommen.“ Die Konsequenzen wären vielfältig und reichen von einem Sinken der Nachfrage über eine Zunahme der bürokratischen Hindernisse bis hin zu steigenden Importkosten und Zöllen, die den Absatzmarkt Großbritannien uninteressant machen würde. „Besonders stark von einem No-Deal-Brexit wäre der auch in unserer Region stark vertretende Metall-, Automobil- und Maschinenbau betroffen“, sagt Krebs.

Quelle: Volksbank in Südwestfalen eG

Kommentar hinterlassen zu "Mittelstand in Südwestfalen: Stimmung trübt sich ein"

Hinterlasse einen Kommentar

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.