Immer weitere Wege bei Fach- und Führungskräften

„Qualifizierte Fach- und Führungskräfte sind in etlichen Branchen mittlerweile Mangelware. Die Betriebe gehen im wahrsten Sinne des Wortes immer weitere Wege, um Personal zu rekrutieren. Nicht selten suchen sie bereits in einem Umkreis von 100 Kilometern. Das verdeutlicht, wie groß die Not bereits ist. Nicht in jedem, aber in immer mehr Unternehmen“, fasst Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener die Ergebnisse der jüngsten Umfrage der Industrie- und Handelskammer Siegen (IHK) zum Thema zusammen. 104 Personalchefs aus den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe beteiligten sich hieran. Über die Hälfte der Befragten sei aktuell schon auf die Rekrutierung externer Fach- und Führungskräfte angewiesen oder erwarte dies auf jeden Fall in den kommenden Jahren. Fast ein weiteres Drittel vermute es immerhin für die Zukunft. Nur jeder fünfte Betrieb halte eine Rekrutierung von externen Fachkräften für überhaupt nicht notwendig. Die Anteile der externen Fachkräfte an der gesamten Belegschaft seien zwar noch gering. Trotzdem trügen sie merklich zur Fachkräftesicherung bei. Sie müssten in Zukunft weiter steigen, wenn die Beschäftigung stabil gehalten werden solle. Andererseits sei es laut Umfrage für einen Großteil der befragten Firmen schwierig, geeignete Bewerber mit einem guten Jobangebot zu einem Umzug in die Region zu bewegen: Nur zwei der befragten Personalchefs hielten dies für „sehr einfach“ oder „meistens einfach“, knapp zwei Drittel indessen für „eher schwierig“ bis „sehr schwierig“.

„Die Firmen wünschen sich daher nicht nur Hilfen bei Kinderbetreuung und Wohnungssuche. Auch bessere regionale Informations- und Willkommensangebote tragen dazu bei, mehr externe Fachkräfte in die Region zu locken. In den Bewerbungsgesprächen werden den Personalchefs zugleich die infrastrukturellen Defizite der heimischen Region klar kommuniziert“, verdeutlicht Klaus Gräbener: „Wer produzieren will, braucht Ideen, Köpfe, Flächen, Breitband und eine vernünftige Verkehrsanbindung. Dass die heimischen Personalchefs einige dieser Segmente als Flaschenhals ihrer weiteren wirtschaftlichen Entwicklung sehen, fassen wir als Auftrag auf, hier auch zukünftig unnachgiebig auf Verbesserungen zu drängen. Das wiederum erfordert das penetrante Bohren ganz dicker Bretter.“

So gibt deutlich mehr als ein Drittel der Unternehmen die schlechte Verkehrsanbindung in der Region als kritisch bei der Anwerbung externer Fachkräfte an. Fast ein Drittel klagt zudem über ein defizitäres Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Abhängigkeit vom Auto sehen dadurch auch 43 Prozent der Betriebe als Nachteil bei der Anwerbung externer Arbeitskräfte. Mehr als jeder Zweite stuft so die Ferne zu Metropolen als negativ für die Region ein. In Bezug auf die mangelhafte Breitbandabdeckung sagt das ein Viertel. Etwas weniger beklagen ferner zu wenige Veranstaltungs-, Kultur- und Freizeitangebote.

Die Unternehmen betonen aber auch die positiven Aspekte der Region: 60 Prozent geben allen voran die attraktive Landschaft als Pluspunkt an. „Das von der Südwestfalen Agentur ausgesprochene Motto ‚Leben und Arbeiten, wo andere Urlaub machen‘ ist also goldrichtig für das Regionalmarketing“, bestätigt Stephan Jäger, IHK-Referatsleiter „Arbeitsmarkt, Konjunktur und Statistik“. Bei den positiven Nennungen folgen die „gute Lebensqualität“ (50 Prozent) und „geringe Lebenshaltungskosten“ (36 Prozent). Fast ein Drittel der Befragten ist auch der Meinung, die vergleichsweise günstigen Wohnungs- und Immobilienangebote wirkten sich insgesamt positiv auf die Anwerbung externer Fachkräfte aus. „Wir müssen unsere eigenen Stärken besser verinnerlichen und diese auch nach außen viel offensiver und selbstbewusster herausstellen. Ein Bäcker, der sein eigenes Produkt verschmäht, wird nicht viele Brötchen verkaufen. Nur wenn wir von unserer Region begeistert sind, können wir andere für uns begeistern“, ist Klaus Gräbener sicher.

Dazu kann aus Sicht der heimischen Firmen eine kreative Kommunalpolitik wichtige Impulse beisteuern: Die Hälfte der Unternehmen wünscht sich Hilfen bei der Haus- und Wohnungssuche für die externen Arbeitskräfte. Knapp 43 Prozent wünschen sich für die externen Bewerber auch Hilfe bei der Kinderbetreuung. Etwa genauso viele sehen Informationsbroschüren (41 Prozent) oder Veranstaltungen und Aktionen (38 Prozent) als hilfreich an – insbesondere wenn sie sich auf Freizeit-, Kultur- und Gastronomieangebote beziehen. Auf der Wunschliste folgen Willkommensnetzwerke (35 Prozent) und Willkommensveranstaltungen (27 Prozent). Unterstützung bei Behördengängen und einen sogenannten „Career Service“ findet jeder vierte Betrieb gut. Letzterer vermittelt Partnern und Partnerinnen der Angeworbenen regionale Jobangebote. Stephan Jäger: „Ein Viertel der Unternehmen betrachtet es zudem in mittel- und langfristiger Hinsicht als wichtig, Kontakte zu denjenigen jungen Menschen aufzubauen oder zu halten, die in den letzten Jahren die heimische Wirtschaftsregion verlassen und anderen Ortes ihre Zelte aufgeschlagen haben. Gerade diejenigen, die sich in teuren Metropolen mit der Familiengründung befassen, müssen wir zukünftig offensiver als bisher ansprechen.“

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