Rente mit 63: Eine Reform, die ihr Ziel verfehlt hat

Die Rente mit 63 ist ein Erfolgsmodell – zumindest für diejenigen, die vorzeitig und abschlagsfrei aus dem Erwerbsleben ausscheiden können. Einzige Voraussetzung: mindestens 45 Beitragsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung. Für die Unternehmen ist die Situation eine ganz andere. Sie verlieren dadurch vorzeitig qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und das bei einem ohnehin schon ausgeprägten Fachkräftemangel.

Eine Studie der Rentenversicherung belegt jetzt, dass die ursprüngliche Idee der Rente mit 63, nämlich eine Möglichkeit zu schaffen, damit Arbeitnehmer, die mindestens 45 Jahre gearbeitet haben und aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr bis zum regulären Renteneintritt weitermachen können, vorzeitig aufs Altenteil gehen können, so nicht funktioniert hat. 2016 gingen insgesamt 81 Prozent der vorzeitigen Rentner aus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in die abschlagsfreie Frührente. Dabei handelte es sich „vor allem um am Arbeitsmarkt langfristig und gut integrierte Personen“, so die Rentenversicherung. Die meisten von ihnen waren arbeitsfähig und in einem festen Beschäftigungsverhältnis. Gleichzeitig habe die Reform auch zu einer deutlichen Erhöhung der Zahl der Anspruchsberechtigten geführt.

In Siegen-Wittgenstein haben ebenfalls viele Arbeitnehmer von der Möglichkeit der Rente mit 63 Gebrauch gemacht. Das ergab jetzt eine Umfrage der Arbeitgeberverbände Siegen-Wittgenstein. In rund 80 Prozent der Mitgliedsunternehmen, die sich an der Umfrage beteiligt haben, sind ein oder mehrere voll im Erwerbsleben stehende Arbeitnehmer mit 63 Jahren vorzeitig aus dem Berufsleben ausgeschieden. Für die Betriebe bedeutet das nicht nur einen schmerzlichen Verlust an qualifizierten Fachkräften, auch über Jahrzehnte erworbene berufliche Kompetenz und Erfahrung geht damit verloren. Zwar haben viele Unternehmen mit der Aufstockung ihrer Ausbildungskapazitäten auf den stetig steigenden Fachkräftemangel reagiert. Dennoch wiegt der zusätzliche Personalverlust schwer.

Insgesamt also eine Reform, die ihr eigentliches Ziel deutlich verfehlt hat, auch wenn es ohne Zweifel Personen gibt, die aus gesundheitlichen Gründen froh darüber waren, vorzeitig in den Ruhestand wechseln zu können.

Zudem verursacht die Rente mit 63 erhebliche Zusatzkosten für die Wirtschaft. Die Beitragszahler, dazu gehören Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen sowie viele Selbständige und freiwillig Versicherte, müssen höhere Lasten schultern, weil die Rentenversicherung auf Abschläge verzichtet, die die vorzeitigen Berufsaussteiger eigentlich hätten zahlen müssen: Allein im Jahr 2017 entgingen der Rentenversicherung so knapp 1,2 Milliarden Euro. Diese Summe wird über die Jahre weiter ansteigen, da immer neue „Frührentner“ hinzukommen, denen keine Abschläge in Rechnung gestellt werden. 2015 waren bereits 274.000 Rentner Nutznießer des vorzeitigen Renteneintritts.

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