Durchwachsene Beurteilung der Landespolitik

Was sind die wichtigsten politischen Handlungsfelder mit Blick auf den Wirtschaftsstandort NRW aus Sicht der heimischen Unternehmen? Welche Schulnoten würden sie der Landespolitik in diesen Themen geben? Antworten auf diese Fragen liefert eine Blitzumfrage der Industrie- und Handelskammer Siegen (IHK) bei 349 Mitgliedbetrieben. Im Politikfeld „Bildung und Fachkräftesicherung“ hat die zukünftige Landesregierung demnach den größten Handlungsbedarf vor sich. Das sagen 63 Prozent der Unternehmen in Siegen-Wittgenstein und Olpe. Sie geben zugleich der derzeitigen Regierung in diesem Politikbereich mit einem Durchschnittswert von 3,88 eine eher durchwachsene „4+“. Ebenfalls wichtig ist den Unternehmen die „Infrastrukturförderung“ in den Feldern „Verkehr“ und „Gewerbeflächen“ mit 58 Prozent sowie „Bürokratieabbau“ mit 55 Prozent. Auch hier fiel ihr Urteil eher mager aus. In der „Infrastrukturförderung“ vergaben die Firmen den Durchschnittswert 4,56, beim „Bürokratieabbau“ war die Beurteilung mit einem Wert von 4,69 noch bescheidener. IHK-Präsident Felix G. Hensel: „Uns wundert die Firmeneinschätzung zum fehlenden Bürokratieabbau nicht wirklich. Wenn man sieht, wie lange wir nun schon fast ohne jeden Erfolg dafür kämpfen, die Genehmigungsverfahren für Schwerlasttransporte zu entschlacken, kann man den Frust der Unternehmen nachvollziehen. Von Vorhaben wie der Hygieneampel ganz zu schweigen. Von einer Landesregierung erwartet die Wirtschaft den durchgreifenden Willen, im Zweifel eher auf die Regulierung zu verzichten.“

Besondere Bedeutung messen die Unternehmen zudem dem Thema „Breitband-Infrastruktur“ (39 Prozent) bei. Auch hier fällt die Beurteilung mit einem „glatten ausreichend“ eher mau aus. Auffallend aus Sicht der IHK erscheint, dass den Firmen die Themenfelder Digitalisierung (16 Prozent) und Energie (15 Prozent) sowie Forschung und Innovation (10 Prozent) deutlich weniger wichtig sind. Auch der „Umwelt- und Klimaschutz“ schneidet mit 6 Prozent „unter ferner liefen“ ab. IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener: „Die beste Beurteilung erhält die derzeitige Landespolitik mit einem „befriedigend“ im „Umwelt- und Klimaschutz“. Also genau in dem Segment, das nur jedes sechzehnte an der Umfrage beteiligte Unternehmen für bedeutsam hält. Umgekehrt gilt: Dort, wo die heimische Wirtschaft besonders viel vom Land erwartet, stellen die Unternehmen der Landespolitik ein wenig schmeichelhaftes Zeugnis aus.“

Aus Sicht der IHK bieten die Umfrageergebnisse daher Anlass zum Innehalten. Angesichts dieser Bewertungen mache es Sinn, die Stellschrauben für eine wirksame Wirtschaftspolitik neu zu justieren. Felix G. Hensel: „Wenn es zum landespolitischen Selbstverständnis gehört, zur Sicherung von Arbeit und Beschäftigung die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, müssen gerade diejenigen Themen auf der politischen Agenda nach oben rücken, die für unsere Unternehmen entscheidend sind. Beispielhaft gelang dies bei der Route 57. Nicht zuletzt die Minister Groschek und Duin engagierten sich hier sehr erfolgreich für die Region.“

Die Aussagen der befragten Unternehmen machten deutlich, dass eine spürbare Wende in der Gewichtung der Themen erforderlich sei. Die künftige Landesregierung werde sich dieser Herausforderung sehr schnell stellen müssen. Hierzu müssten dringend Bürokratie an allen Fronten abgebaut, Glasfaserdirektanschlüsse in die Gewerbegebiete gebracht und die Verkehrs- und Gewerbeflächeninfrastruktur verbessert werden. Klaus Gräbener: „Es gibt einen erheblichen Nachholbedarf. Man muss aus dem Siegerland nur über die A45 bis zur Kalteiche fahren, um das Problem zu verstehen. Legt NRW hier nicht deutlich zu, droht unseren Standorten weiteres Ungemach. Vorrang muss alles das haben, was Arbeit schafft und sichert.“ Aus Sicht der heimischen Wirtschaft sei die neue Landesregierung, ganz gleich wie sie sich nach der Landtagswahl am 14. Mai zusammensetze, jedenfalls aufgerufen, ihre wirtschaftspolitischen Handlungsschwerpunkte neu zu definieren.

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