Die Energiewende muss neu justiert werden

Professor Dr. Manuel Frondel vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung in Essen machte in seinem Vortrag deutlich, welche Änderungen für eine erfolgreiche Energiewende erforderlich wären.
Professor Dr. Manuel Frondel vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung in Essen machte in seinem Vortrag deutlich, welche Änderungen für eine erfolgreiche Energiewende erforderlich wären.

Professor Dr. Manuel Frondel vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung in Essen machte in seinem Vortrag deutlich, welche Änderungen für eine erfolgreiche Energiewende erforderlich wären.

2014 wird die sogenannte Erneuerbare-Energie-Umlage bei 6,24 Cent pro Kilowattstunde Strom liegen. Das entspricht einer Steigerung von 18 Prozent gegenüber 2013. Insgesamt summiert sich dieser Aufschlag auf den normalen Strompreis im kommenden Jahr auf 23,6 Milliarden Euro. Davon entfallen alleine 19,4 Milliarden Euro auf die Förderung der Ökostromanlagen. Für einen normalen Dreipersonenhaushalt bedeutet dies im Schnitt zusätzliche Kosten von rund 300 Euro. Und für 2015 ist bereits heute eine EEG-Umlage von 7 Cent angekündigt.

Steigen die Kosten für die Energiewende in Deutschland weiter ins Uferlose? Lässt sich dieser Entwicklung noch Einhalt gebieten? Welche Änderungen wären notwendig, um das Projekt Energiewende doch noch zu einem Erfolg werden zu lassen? Diese Fragen standen jetzt im Mittelpunkt einer Vortragsveranstaltung der Unternehmerschaft Siegen-Wittgenstein im Haus der Siegerländer Wirtschaft in Siegen. Referent des Abends war Professor Dr. Manuel Frondel vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung in Essen. Er leitet seit 2003 den Kompetenzbereich „Umwelt und Ressourcen“ beim RWI. Seit 2009 ist er zudem Professor für Energieökonomik und angewandte Ökonometrie an der Ruhruniversität Bochum.

„Die Industrieunternehmen in Deutschland zahlten 2013 mehr als sechs Milliarden Euro für die Ökostromumlage. Hinzu kamen noch einmal vier Milliarden Euro von Seiten des Handels, des Gewerbes und der Dienstleistungsbranche. Diese zusätzlichen Kosten haben gravierende Auswirkungen auf die internationale Wettbewerbssituation der Unternehmen. Zwischen 2007 und 2012 sind die Stromkosten allein in der Industrie um rund 45,5 Prozent gestiegen. Aus meiner Sicht kann das so nicht weitergehen. Auch wenn das Ziel ein ehrenwertes ist, nämlich durch die Reduzierung konventioneller Energieerzeugung die Umwelt zu entlasten und den Klimawandel zu begrenzen, ist weder die Organisation des Vorhabens noch die Umsetzung wirklich durchdacht. Was nützt beispielsweise ein Windpark in der Nordsee mit vielen Megawatt an Leistung, wenn die Leitungen fehlen, um die erzeugte Energie zu den Verbrauchern zu schaffen. Und trotzdem muss jeder von uns über die EEG-Umlage für diesen Windpark mitbezahlen“, machte Dipl.-Ing Jörg Dienenthal, Vorsitzender der Unternehmerschaft Siegen-Wittgenstein in seiner Begrüßung deutlich.

Erhebliche Nachteile für die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland befürchtet auch Professor Manuel Frondel, wenn das Erneuerbare-Energien-Gesetz nicht grundlegend überarbeitet wird. Seit der Einführung des EEG im Jahr 2000 habe sich der Anteil des Ökostroms an der Gesamtstromerzeugung in der Bundesrepublik verdreifacht. Dabei ist der „grüne Strom“ für die Verbraucher immer teurer geworden. Das liegt nach Ansicht von Professor Frondel vor allem daran, „dass wir mit der Photovoltaik die teuerste Form der Ökostromerzeugung massiv ausgebaut haben.“ Die Zahlungsverpflichtungen hierfür belaufen sich inzwischen auf rund 108 Milliarden Euro „und ein Ende der Kostenspirale ist derzeit noch nicht absehbar.“

Für den Windstrom hingegen seien bislang nur Zahlungsverpflichtungen von 30 Milliarden Euro aufgelaufen. Diese Form der alternativen Energieerzeugung sei wesentlich effizienter und kostengünstiger als die Photovoltaik, die Offshore-Windparks ausgenommen.

Um die Kosten der Energiewende langfristig in den Griff zubekommen und den wirtschaftlich wenig sinnvollen weiteren Ausbau der Photovoltaik zu beenden, befürwortet er ein Moratorium. „Wir würden damit die Zeit gewinnen, um das ganze System neu zu justieren und zukunftsfest zu machen. Wenn wir den Ausbau aber so weiter betreiben, wie bisher, produzieren wir immer größere Mengen an Strom, den auch im Ausland keiner will, der den Verbrauchern immer höhere Kosten aufbürdet und der in letzter Konsequenz den gesamten Energiemarkt in Europa zerstört.“

Es sei doch absurd, so Professor Frondel weiter, „dass wir sogar noch dafür bezahlen müssen, wenn wir unseren überschüssigen grünen Strom ins Ausland liefern wollen.“ Immer, wenn die Sonne scheine, gehe der Strompreis an der Börse in den Keller, weil die Photovoltaikanlagen Unmengen davon produzierten. „Gleichzeitig müssen wir konventionelle Kraftwerke in gleicher Größenordnung vorhalten, weil ja beispielsweise in der Nacht die Sonne nicht scheint.“

Um die Kostenbelastung für die Verbraucher künftig zu dämpfen, sollte deshalb nach Ansicht von Professor Frondel auf ein kosteneffizientes Quotensystem umgestiegen werden. Dabei müssten die Versorger eine grüne Quote einhalten, indem sie selbst in Erneuerbare investieren oder Grünstromzertifikate kaufen. Produzenten von grünem Strom erzielten Einnahmen aus zwei Quellen: Durch Verkauf von Grünstromzertifikaten und durch Verkauf des grünen Stroms am Markt. „Grün­stromproduzenten haben so einen Anreiz, sich nach der Nachfrage zu richten. Dies vermeidet zusätzliche Ineffizienzen“, ist Professor Frondel überzeugt. Für die bestehenden Anlagen müsse es einen Bestandsschutz geben.

Das Quotenmodell sei zudem kosteneffizient, weil zur Erreichung der Quote die  kostengünstigsten Technologien am jeweils optimalen Standort eingesetzt würden. Es könnte auf die gesamte EU ausgeweitet werden, um Standortvorteile auszunutzen: Solarstrom würde dann vor allem in südeuropäischen Ländern produziert. Und es spare Kosten, weil es die punktgenaue Erreichung der Erneuerbaren-Ziele erlaube.

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