„Aus dem Nähkästchen geplaudert“

Berichteten über zielgerechte Unternehmensnachfolge: IHK-Geschäftsführer Hans-Peter Langer, Nina Patisson, IHK-Vizepräsident Jost Schneider, Rudolf Grüneberg, Christian Gnegel und Christian Bald (v.l.).

Da war er wieder: der längste Tag des Jahres! Der bundesweite Aktionstag zur Unternehmensnachfolge fand auch bei der Industrie- und Handelskammer Siegen (IHK) wieder statt. Mehr als 40 Zuhörer lauschten den Ausführungen bei der Veranstaltung „Nachfolge zielgerichtet planen – Wie Unternehmen den Übergang meistern“. Dieses Mal standen Familienunternehmen im Fokus. Eine Unternehmerin und zwei Unternehmer stellten sich den Fragen von Hans-Peter Langer (Geschäftsführer IHK Siegen) zum Nachfolgeprozess im eigenen Unternehmen.

Jost Schneider ist seinerzeit über unterschiedliche Stationen in das Unternehmen Walter Schneider GmbH & Co. KG eingestiegen – freiwillig und ohne Druck durch die Familie. Neben Jost Schneider wird das Unternehmen von seinem Bruder Kurt und seinem Neffen Christian geführt – jeder mit einem eigenen Verantwortungsgebiet. „Es ist schön und gut, dass wir uns beruflich und privat gut verstehen. Bei Unstimmigkeiten setzen wir uns so lange zusammen, bis es ein Ergebnis gibt, das wir alle nach außen vertreten können“, sagt IHK-Vizepräsident Jost Schneider. Über das Positive einer familieninternen Nachfolge stellt er fest: „Man weiß ja bei Eintritt in das Unternehmen, was einen erwartet. Man kennt die Personen und die zu erledigenden Tätigkeiten.“ Mit einem Augenzwinkern gibt er zu: „Ebenso weiß man um die Leichen im Keller.“

Das war bei Nina Patisson, Albrecht Bäumer GmbH & Co. KG, ganz anders. Für sie stand früh fest: „Ins Unternehmen will ich nicht.“ Nach der Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau stellte sie schnell fest, dass die berufliche Herausforderung fehlte. Nina Patisson schloss ein BWL-Studium mit internationaler Ausrichtung ab. Währenddessen merkte sie, dass das, was die Albrecht Bäumer GmbH & Co. KG bietet, genau das ist, was sie wollte. Druck vom Vater gab es keinen – jedoch durchaus die Anfrage, ob und wann sie denn ins Unternehmen komme. Andere Familienmitglieder fanden diese Idee nicht so toll, sodass Nina Patisson erst dreieinhalb Jahre später den Posten der Marketingleitung übernommen hat. Gemeinsam mit ihrem Schwager leitet sie nun das Unternehmen – mit klarer Aufgabenteilung. „Einmal pro Woche treffen wir uns zum Austausch. Man lernt in der Zusammenarbeit, dass man selbst über Kleinigkeiten sprechen muss – ‚Pupsgespäche‘ nennen wir das.“ Ganz frisch ist die Familienverfassung, die unter anderem regelt, wie künftig die Nachfolge aussehen soll. „Wir haben uns für einen Beirat entschieden, der die Kompetenz zur Geschäftsführerbestellung innehat. Die Familie soll in der Zukunft aus dieser hoch emotionalen Entscheidung herausgehalten werden.“

Christian Bald trat 2005 als dritte Generation ins Unternehmen Möbelhaus Heinrich Bald GmbH & Co. KG ein. Zuvor sammelte er nach seinem BWL-Studium außerhalb des Unternehmens und der Möbelbranche Berufserfahrung. Ein guter Weg, wie er findet. Nach seinem Eintritt in das Unternehmen stellte sich die Frage, wie es weitergehen soll. „Wie sollen die Anteile verteilt werden und wieviel ist das Unternehmen überhaupt wert?“ Viele Gespräche ohne und mit externer Unterstützung durch diverse Berater wie Steuerberater, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht führten letztendlich zur Klärung. Christian Bald: „Auch der Einkaufsverband hat uns mit vielen Informationen weitergeholfen.“

Mit einer breit aufgestellten Ausbildung, mit viel Zeit, Erfahrung in anderen Unternehmen – womöglich noch branchenfremd – zu sammeln und vor allem aus freien Stücken ins Unternehmen einzusteigen: Diese Tipps gaben die Unternehmerin und die Unternehmer an Nachfolger weiter. Wichtig ist den drei IHK-Vollversammlungsmitgliedern ebenfalls, dass die Nachfolger auf Augenhöhe ins Unternehmen eintreten. Also mit einer verantwortungsvollen Aufgabe. Und nicht als Tochter oder Sohn des Chefs. So lasse sich die Akzeptanz eines späteren Führungswechsels bei Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten steigern.

An die Senior-Unternehmer richtete Christian Bald den Hinweis: „Fangen Sie frühzeitig an und nehmen Sie sich Zeit für den Nachfolgeprozess. Vom ersten Gedanken bis zur schlussendlichen Umsetzung können leicht fünf Jahre vergehen.“ Nina Patisson wies darauf hin, die Aufgaben im Unternehmen sorgfältig zu verteilen und allen Beteiligten einen Verantwortungsbereich zu übergeben. Die Senioren-Generation solle sich aufgeschlossen gegenüber den neuen Ideen des Juniors zeigen. Einig waren sich alle: Miteinander reden ist und bleibt das A und O!

Ergänzend stellte Christian Gnegel, Prokurist und Förderberater bei der NRW.BANK, mögliche Programme zur Nachfolge-Finanzierung vor. Er beschrieb Auswirkungen auf das risikogerechte Zinssystem und die mögliche Absicherung durch die Bürgschaftsbank NRW. „Bei den monatlich stattfindenden Fördersprechtagen der IHK Siegen geben wir gemeinsam mit der Bürgschaftsbank NRW erste Hilfestellungen, welche Förderinstrumente passend sein können – seit über 20 Jahren“, so Christian Gnegel.

Als einer von 15 ehrenamtlichen IHK-Mentoren unterstützt Rudolf Grüneberg Gründer und Unternehmer bei den alltäglichen Hürden des Unternehmerdaseins: „Während meiner langjährigen Berufstätigkeit als Geschäftsführer mehrerer international tätiger Unternehmen habe ich mir Können und Wissen angeeignet, welches ich an andere weitergeben möchte.“ Die ehrenamtlichen Mentoren der IHK Siegen stehen für freundschaftliche Begleitung. Sie bieten praktische Hilfestellungen und Einschätzungen aus ihrer Erfahrung und helfen bei der Suche nach Lösungsansätzen – auch bei Fragen zur Unternehmensnachfolge.

Kommentar hinterlassen zu "„Aus dem Nähkästchen geplaudert“"

Hinterlasse einen Kommentar

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.