Auftakt zur Tarifrunde 2015 in Siegen: Ein Abschluss mit Augenmaß muss fair für Alle sein

Auftakt der Tarifrunde 2015 für die Metall- und Elektroindustrie NRW in Siegen: Unser Bild zeigt die Verhandlungsdelegation der Arbeitgeber.
Auftakt der Tarifrunde 2015 für die Metall- und Elektroindustrie NRW in Siegen: Unser Bild zeigt die Verhandlungsdelegation der Arbeitgeber.

Auftakt der Tarifrunde 2015 für die Metall- und Elektroindustrie NRW in Siegen: Unser Bild zeigt die Verhandlungsdelegation der Arbeitgeber.

Zum ersten Mal fand der Auftakt zu einer Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie für Nordrhein-Westfalen in Siegen statt. Im Hotel Patmos trafen sich am 15. Januar 2015 die Verhandlungsdelegationen der IG Metall und der nordrhein-westfälischen Metall-Arbeitgeber. Begleitet wurde das Treffen durch eine Kundgebung von rund 200 Gewerkschaftern. Anschließend tagten die Tarifpartner gut zweieinhalb Stunden hinter verschlossenen Türen. Ein  Ergebnis wurde dabei noch nicht erzielt.

„Wir freuen uns natürlich über diese Entscheidung der Tarifpartner IG Metall und METALL NRW, auch wenn wir nicht davon ausgehen, dass dieses erste Gespräch bereits zu einem substantiellen Ergebnis führen wird. Wir werten die Tatsache an sich aber auch als Ausdruck der Anerkennung für die Unternehmen der heimischen Metall- und Elektroindustrie und für die landesweite Bedeutung des Industriestandortes Siegen-Wittgenstein. Wir hoffen, dass die langjährige gute Zusammenarbeit mit der hiesigen IG Metall im Rahmen unsere Sozialpartnerinitiative sowie das beiderseitige Engagement für die Weiterentwicklung der heimischen Wirtschaft auch einen positiven Einfluss auf die landesweit geführten Tarifverhandlungen haben wird“, so Dr. Thorsten Doublet, Geschäftsführer des VdSM Verband der Siegerländer Metallindustriellen e.V.

Gut 200 Gewerkschafter der IG Metall unterstrichen lautstark ihre Forderungen.

Gut 200 Gewerkschafter der IG Metall unterstrichen lautstark ihre Forderungen.

„Was uns allerdings weniger erfreut, ist das Forderungspaket, das die IG Metall geschnürt hat. 5,5 Prozent mehr Geld, eine Neuregelung der Altersteilzeit und die Einführung einer bezahlten Weiterbildungsteilzeit, das sind Forderungen, die in der Summe eine ganz erhebliche Belastung für die Unternehmen bedeuten würden, von den Eingriffen in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit einmal ganz abgesehen“, machte der VdSM-Geschäftsführer in einem Pressegespräch deutlich, das einen Tag vor dem Verhandlungsauftakt im Haus der Siegerländer Wirtschaft in Siegen stattfand.

Vor allem die Bildungsteilzeit ist für ihn eine völlig überflüssige Forderung. „Ich kann nun wirklich nicht nachvollziehen, warum ein Unternehmen einen Teilzeitanspruch auf eine persönliche Weiterbildung abseits des betrieblichen Bedarfs gewähren und auch noch bezahlen sollte. Damit werden die Unternehmen quasi zu allgemeine Bildungseinrichtungen umfunktioniert. Das ist aber nicht ihre Aufgabe.“ Nach Meinung von Dr. Doublet ist die allgemeine Bildung nach wie vor eine gesellschaftliche und eine private Angelegenheit. „Hier verwechselt die Gewerkschaft unsere Unternehmen mit den Volkshochschulen oder anderen Einrichtungen der Erwachsenenbildung.“

Schon jetzt investiert die Metall- und Elektroindustrie in Deutschland jedes Jahr rund acht Milliarden Euro in die Aus- und Weiterbildung ihrer Beschäftigten. „Sie sehen also, die Unternehmen sind keineswegs untätig in Sachen Weiterbildung, wenn es um betrieblich notwendige und sinnvolle Qualifizierungsmaßnahmen geht.“ „Es liegt im ureigensten Interesse unserer Unternehmen, gut qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Verfügung zu haben. Das ist nicht zuletzt mit ein Grund dafür, dass Siegen-Wittgenstein zu den führenden Industrieregionen in Deutschland gehört. Ein weiterer Beleg hierfür sind die zahlreichen Weltmarktführer in unserer Region. Ohne qualifizierte Aus- und Weiterbildung wäre dies überhaupt nicht machbar gewesen“, unterstreicht Dr. Doublet.

„Einen weiteren bedenkenswerten Aspekt zu diesem Thema möchte ich ebenfalls nicht unerwähnt lassen. Stellen Sie sich einmal vor, die Weiterbildungsteilzeit würde Wirklichkeit, so wie die Gewerkschaft sich das wünscht. Dann könnten sich Beschäftigte eines Unternehmens auf dessen Kosten und damit auch auf Kosten ihrer Kolleginnen und Kollegen weiterbilden und mit den so gewonnenen Kenntnissen einen neuen Job antreten, beispielsweise bei der Konkurrenz. Damit entstünde aus unserer Sicht gleich ein doppelter Schaden für das betroffene Unternehmen, von dem abgewanderten Know-how einmal ganz abgesehen. Das kann nicht im Interesse der Unternehmen sein.“

Was die Neuregelung der Altersteilzeit angeht, ist der VdSM für eine sinnvolle und vernünftige Regelung durchaus aufgeschlossen. Allerdings müssen hierfür nach Ansicht von Dr. Doublet differenzierte Lösungen gefunden werden. „Wir wollen damit nicht das vorzeitige Ausscheiden von leistungsfähigen und gut qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern alimentieren. Hier wird die Rente mit 63 schon genug Schaden anrichten. Wir rechnen damit, dass in den kommenden zehn Jahren rund 200.000 erfahrene Beschäftigte in der deutschen M+E-Industrie über die Rente mit 63 in den vorzeitigen Ruhestand gehen werden. Angesichts der Folgen des demographischen Wandels auch in unserer Region können wir uns einen weiteren Aderlass an erfahrenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht erlauben.“ Wenn es in Sachen Altersteilzeit ein Verhandlungsergebnis geben sollte, dann müssten diese Aspekte zwingen eine Berücksichtigung finden. Alles andere würde die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gefährden.

Bleibt schließlich noch die Forderung nach einer Anhebung der Entgelte und Ausbildungsvergütungen um 5,5 Prozent.

„Das ist eine Forderung, die aus unserer Sicht zu hoch ausgefallen ist. Die Wachstumsprognosen für das neue Jahr sind deutlich verhaltener. Die weltweite Wirtschaftsentwicklung stagniert, bis auf einige wenige Ausnahmen. Hinzu kommen deutlich gestiegene Lohnstückkosten in der M+E-Industrie, 2012 um sechs Prozent und 2013 um weitere vier Prozent. 2014 kamen bis September noch einmal 1,5 Prozent hinzu. Auf der anderen Seite summieren sich die Tariferhöhungen der letzten drei Jahre, also 2012 bis 2014, auf rund zehn Prozent, real, also nach Abzug der Inflationsrate, auf über fünf Prozent. Das bedeutet für einen durchschnittlichen M+E-Mitarbeiter, dass sein Jahreseinkommen in nicht einmal drei Jahren um rund 5.000 Euro gestiegen ist“, erläutert der VdSM-Geschäftsführer. Das alles müsse von den Unternehmen erst einmal erwirtschaftet werden.

„Wir haben Ihnen ja im Dezember die Ergebnisse unserer Konjunkturumfrage vorgestellt. Dabei ist deutlich geworden, dass die Unternehmen mit großer Skepsis in das Jahr 2015 starten. Die Ergebnisse unserer Umfrage basieren, wie bei Statistiken üblich, auf Durchschnittsberechnungen. Eine ganze Reihe von Unternehmen lag dabei mit den eigenen Angaben unter dem Durchschnitt. Die Probleme in einigen Kernbranchen in unserer Region zeigen, dass keineswegs alle Unternehmen gleichermaßen gut dastehen. Nehmen wir beispielsweise die Gießereien oder den Großanlagenbau. Wir sprechen daher inzwischen auch vermehrt von einer Firmenkonjunktur.“

Ein Tarifabschluss muss deshalb aus der Sicht des VdSM auch die Möglichkeiten dieser Unternehmen wie des gesamten Mittelstandes berücksichtigen. „Deshalb plädieren wir für einen Abschluss mit Augenmaß, der „Fair für Alle“ ist.“

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