Arbeitsplätze in NRW gehen verloren

In der Metall- und Elektroindustrie (M+E) Nordrhein-Westfalens gehen in spürbarem Umfang Produktionsarbeitsplätze verloren. Betroffen sind vor allem einfache Tätigkeiten. Demgegenüber wächst der Anteil der Auslandsproduktion. Unabhängig von der Betriebsgröße investieren immer mehr M+E-Unternehmen im Ausland und erzielen dort auch den zunehmend größeren Teil ihrer Gewinne. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage des Verbandes der Metall- und Elektro-Industrie Nordrhein-Westfalen (METALL NRW), an der sich fast 30 Prozent der rund 1.200 tarifgebundenen Mitgliedsunternehmen beteiligt haben und die von der IW Consult GmbH Köln im Januar 2016 durchgeführt wurde.

Der Präsident von METALL NRW, Arndt G. Kirchhoff, sagte bei der Vorlage der Ergebnisse am Montag in Düsseldorf, die Umfrage sei Beleg für eine spürbare Erosion des M+E-Produktionsstandortes NRW. Als Hauptgründe hätten die Unternehmen die zuletzt stark gestiegenen Arbeitskosten sowie zunehmende Belastungen durch falsche politische Weichenstellungen genannt.  „Die Ergebnisse sind mehr als nur ein Warnsignal an die IG Metall und an die Landespolitik, die Bedingungen für Produktion, Investitionen und wettbewerbsfähige Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen schnell und nachhaltig zu verbessern“, betonte Kirchhoff. Die Tarifrunde 2016 dürfe die Unternehmen keinesfalls weiter schwächen, die Landesregierung müsse endlich nachhaltig für Aufbruchstimmung in Nordrhein-Westfalen sorgen.

Der NRW-Metallarbeitgeberpräsident warnte vor einem spürbaren Verlust von Arbeitsplätzen in einer nächsten Rezession. Die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Standorte habe in den letzten Jahren dramatisch gelitten. Zu hohe Lohnkostensprünge bei gleichzeitig minimalen Produktivitätsgewinnen hätten die Stand-orte in Nordrhein-Westfalen anfällig gemacht. „Obendrein fehlt eine wettbewerbsfähige Verkehrs- und digitale Infrastruktur, um den Industriestandort NRW zukunftsfest zu machen“, erklärte Kirchhoff. Es dürfe sowohl tarifpolitisch als auch wirtschaftspolitisch keine Zeit mehr vergeudet werden. Andernfalls befürchte er eine Beschleunigung des Rückzugs von NRW-Unternehmen aus den M+E-Produktionsstandorten des Landes. Es müsse jetzt alles getan werden, damit die M+E-Industrie als Herz der NRW-Wirtschaft gestärkt werde.

 

verbandsumfrage2016Produktion: Binnen zehn Jahren wird der Anteil der Produktion im Inland von mehr als 70 Prozent auf 54 Prozent gesunken, der Auslandsanteil entsprechend gestiegen sein. Der Anteil von Auslandsproduktion, der Inlandsproduktion ersetzt, erhöht sich von 24 Prozent vor fünf Jahren auf 34 Prozent in fünf Jahren.

Investitionen: Fast die Hälfte der Investitionen wird in fünf Jahren in Maschinen und Anlagen an ausländischen Produktionsstandorten fließen – vor fünf Jahren waren es erst ein Drittel, aktuell liegt die Quote bei 40 Prozent. Dabei steht im Inland der Erhalt und die Modernisierung der Produktionsanlagen im Fokus, während bei Investitionen im Ausland dagegen vor allem das Erweiterungs-Motiv, also der Auf- und Ausbau von Produktionskapazitäten, im Vordergrund steht.

Gewinne: Die zusätzlichen Kapazitäten im Ausland führen zu einem rückläufigen Anteil der Inlandsgewinne an den Gesamtgewinnen der Unternehmen. Binnen zehn Jahren wird sich der Anteil der Inlandsgewinne von einst 70 Prozent auf dann 52 Prozent reduziert haben. Anders ausgedrückt: In fünf Jahren wird im Durchschnitt der NRW-Metall- und Elektroindustrie jeder zweite Euro Gewinn von ausländischen Produktionsstandorten erzielt worden sein.

Beschäftigung: Bei drei Viertel der Unternehmen ist die Personalintensität im Ausland höher als im Inland, bei fast einem Drittel sogar deutlich höher. Der Anteil der einfachen Tätigkeiten (Entgeltgruppen 1-5) an der Inlandsproduktion wird sich weiter spürbar verringern. Als Gründe nennen 75 Prozent der Unternehmen den höheren Automatisierungsgrad, 57 Prozent den Einkauf von durch Einfachtätigkeiten hergestellten Produkten über inländische Drittanbieter oder über ausländische Drittanbieter (44 Prozent) sowie 37 Prozent die Verlagerung dieser Tätigkeiten an ausländische Standorte.

Veränderung der Produktion im Inland: In langfristiger Perspektive von zehn Jahren erweisen sich die Automatisierung der Produktion, die zunehmende Flexibilisierung und die abnehmende Fertigungstiefe im Inland als Megatrends. Auf einer Skala von 0 (deutlich verringert) bis 10 (deutlich erhöht) liegt die Automatisierung bei 7,8, der Einsatz von Flexibilisierungsinstrumenten bei 7,2, der Einsatz von im Ausland eingekauften Vorprodukten ebenfalls bei 7,2, der Einsatz von eigenen im Ausland kostengünstiger hergestellten Produkten bei 6,7. Ebenfalls wichtig ist der Einsatz von Zeitarbeit (6,0) und Werkverträgen (5,7).

Politik und Gesetze: Zusätzliche Belastungen durch Regulierung der Politik in Bund und Land werden von den Unternehmen als gravierende Investitionshemmnisse empfunden. Dabei bezeichnen 57 Prozent der Unternehmen die Unsicherheit durch die Energiewende sowie 52 Prozent den Verlust von Flexibilität durch Einschränkungen bei der Zeitarbeit als besonders bremsend. Rund 40 Prozent klagen über den durch die Rente mit 63 verschärften Fachkräftemangel, jeweils 37 Prozent über überzogene Klimaschutzvorschriften, das Bürokratiemonster Tariftreue- und Vergabegesetz sowie über zusätzliche Flexi-Anforderungen (Eltern-, Bildungs- und Pflegezeiten). Von jedem fünften Unternehmen wird der bürokratische Aufwand zur Kontrolle des Mindestlohns moniert. In der Kritik stehen überdies der NRW-Landesentwicklungsplan (15 Prozent) und das NRW-Hochschulzukunftsgesetz (8 Prozent).

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