Licina-Bode zu Gast bei Wittgensteiner Unternehmergespräch

Angeregte Diskussion über die politischen Rahmenbedingungen für die heimische Wirtschaft: IHK-Präsident Walter Viegener, Luiza Licina-Bode MdB, IHK-Vizepräsident Christian F. Kocherscheidt und IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener (v.l.).

„Die staatlichen Maßnahmen im Wohnungsbau sind widersprüchlich und führen in vielen Fällen dazu, dass diejenigen, die den Wohnraum zur Verfügung stellen, ihre Investitionen zurückhalten. Es wird das Gegenteil dessen erreicht, was politisch verkündet wird!“ Manfred Peter, Vorstand der Wohnungsgenossenschaft Wittgenstein eG, übte beim Wittgensteiner Unternehmergespräch der IHK in Bad Laasphe deutliche Kritik am Kurs der Bundesregierung. Der gedeckelte Mietpreis im sozialen Wohnungsbau decke bei weitem nicht mehr die entstehenden Kosten ab, deren Anstieg die Regierung nicht verhindere – im Gegenteil: „Die Baukosten liegen auf einem hohen Niveau, die Zinsen steigen. Wenn dann im selben Atemzug aktive, funktionierende Förderungen für Niedrigenergiestandards gestrichen und diese Standards im Gegenzug sogar noch ohne attraktive Förderung erhöht werden, führt das jedenfalls nicht zu mehr Wohnraum“, erläuterte auch Eckehard Hof (Berge-Bau GmbH & Co. KG). Ein zeitnahes Verbot von Öl- und Gasheizungen, das aktuell im Raum steht, werde die Situation voraussichtlich zusätzlich verschärfen.

Anlass der lebhaften Diskussion war der Vortrag der heimischen Bundestagsabgeordneten Luiza Licina-Bode (SPD), die den rund 40 Unternehmensvertretern im Landhotel Doerr einen Einblick in die politische Arbeit in Berlin gab und sich offen dem Gespräch über die drängendsten Herausforderungen aus Sicht der heimischen Wirtschaft stellte. Die Unzufriedenheit mit der Entwicklung im Wohnungsbau könne sie verstehen, „allerdings muss auch gesehen werden, dass es trotz schwieriger Rahmenbedingungen gelungen ist, schätzungsweise 270.000 der für 2022 geplanten 400.000 Wohnungen fertigzustellen.“ Die grundsätzliche Schwierigkeit bestehe darin, dass mit immensen Herausforderungen des Klimawandels, des Krieges in der Ukraine, aber auch gravierender politischer Versäumnisse in den vergangenen Jahren ein enormer Druck auf der Regierung liege. „Wir können die Dinge nicht nacheinander angehen, vielmehr muss vieles gleichzeitig bewältigt werden. Sich dem Wohnungsthema zu widmen, ohne dabei auch Energiefragen anzufassen, dafür fehlt die Zeit.“

Ausführlich ging Luiza Licina-Bode auf die Aktivitäten der Bundesregierung der vergangenen Monate ein, von der Energiepreisbremse und der Wohngeldreform über die Einführung des 9-Euro-Tickets, des Deutschlands-Tickets und des Bürgergelds, die Wohngeldreform und die Entlastungspakete auch für Unternehmen bis hin zur Versorgungssicherung durch LNG-Terminals und neue Gasverträge mit anderen Ländern. Und dies alles angesichts enormer Herausforderungen durch steigende Energiepreise, eine hohe Zahl zu versorgender Flüchtlinge, eine starke Inflation und eine geschwächte Bundeswehr, die in kurzer Zeit wieder verteidigungsfähig zu machen sei. Der Krieg zwinge in vielen Fragen zur Realpolitik und zur Abkehr von ideologischen Fesseln. Das sei nicht immer einfach, wie die Auseinandersetzung über den Weiterbetrieb der verbliebenen Atomkraftwerke gezeigt habe. „Persönlich bin ich der Auffassung, dass angesichts einer solchen Krise auch ein längerer Betrieb der Kraftwerke eine Option gewesen wäre.“ Immerhin seien eine Gasmangellage und Blackouts abgewendet worden.

IHK-Vizepräsident Christian F. Kocherscheidt hegte indes Zweifel, dass dies auch im nächsten Winter so bleibe. „Die Situation ist doch keineswegs bewältigt. Schon jetzt ist zu beobachten, dass die Menschen das Thema Energiesparen wieder zur Seite schieben.“ Zudem wurde in der Diskussion die Sorge deutlich, dass die Energiepolitik die Wettbewerbsfähigkeit gefährde – ein Punkt, den Luiza Licina-Bode dankbar aufnahm: „Wir wissen, dass hier eine deutliche Entlastung für die Unternehmen einsetzen muss, und setzen uns mit Nachdruck für einen Industriestrompreis auf EU-Ebene ein!“

Eindringlich warb IHK-Vizepräsident Christopher Mennekes dafür, die Wirtschaft nicht zu überfordern. „Wir stehen zur CO2-Neutralität und müssen hier zweifellos auch Vorbild in der Welt sein. Damit dies aber gelingt, dürfen wir uns nicht überfordern.“ Beispielhaft verwies der Unternehmer auf die neuen, anstehenden EU-Regelungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. „Unsere Bitte: Passen Sie in Berlin mit darauf auf, dass Wirtschaft weiter bestehen kann.“ Auf die Gefahr eines latenten „Green-Washing“ wies Mark Georg im weiteren Verlauf der Diskussion hin: „Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht selbst belügen“, mahnte der IHK-Vizepräsident und warf dabei ein kritisches Schlaglicht auf den Handel mit Umwelt-Zertifikaten.

Ausführlich widmete sich Luiza Licina-Bode der „Route 57“. „Berlin hat mit der Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan den Planungsauftrag gegeben. Wir haben die Planungsbeschleunigung auf den Weg gebracht. Jetzt liegt der Ball in Düsseldorf. Von dort habe ich den Satz ‚Wir wollen die Route 57‘ leider noch nicht gehört! Dass die allermeisten Menschen in der Region die Ortsumgehungskette wollen – da bin ich mir absolut sicher.“

Foto/Text: IHK Siegen

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