Mit der fortschreitenden Digitalisierung können immer mehr berufliche Tätigkeiten von Computern oder computergesteuerten Maschinen erledigt werden. Das ist eine inzwischen weitgehend anerkannte Entwicklung. In den letzten Jahren haben sich die sich daraus ergebenden Substituierbarkeitspotenziale in fast allen Berufen erhöht. Gemeint ist damit der mögliche Ersatz oder Wegfall von Berufen. Allerdings gelte dies für die Regionen in Deutschland in höchst unterschiedlichem Maße. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit in einer kürzlich veröffentlichten Studie. Ein hohes Substituierbarkeitspotenzial weisen nach Ansicht des IAB vor allem die Regionen auf, in denen viele Menschen im Verarbeitenden Gewerbe tätig sind. Hohe Beschäftigtenanteile in den Sozialen und Kulturellen Dienstleistungsberufen oder den Medizinischen und Nichtmedizinischen Gesundheitsberufen reduzieren es hingegen. Zu den Regionen mit einem hohen Potenzial gehört auch der Kreis Siegen-Wittgenstein. Für die Arbeitsagentur Siegen liegt der Wert der betroffenen Berufe sogar bei 35,9 Prozent. Das ist einer der höchsten Werte bundesweit.
Das IAB geht also davon aus, dass Siegen-Wittgenstein zu den Regionen in Deutschland gehören wird, in denen die Digialisierung zu den größten Veränderungen der Beschäftigung und des Arbeitsmarktes führen wird. Ob dies tatsächlich von den heimischen Unternehmen auch so gesehen und eingeschätzt wird, haben die Arbeitgeberverbände Siegen-Wittgenstein in ihrer aktuellen Monatsumfrage ihre Mitglieder gefragt. Das Ergebnis entspricht dabei nicht ganz den Erwartungen des IAB. Fast 44 Prozent der Unternehmen, die sich an der Befragung beteiligt haben, sehen lediglich ein niedriges Substituierbarkeitspotenzial. 56 Prozent gehen höchstens von einem mittleren Potenzial aus.
Dass ein hohes Maß an Industrialisierung auch zu einer hohen Substituierbarkeit führt, lässt sich also für Siegen-Wittgenstein zumindest aus der Sicht der Unternehmen so nicht bestätigen. Das liegt sicherlich auch an der industriellen Struktur, die im wesentlichen durch den Maschinen- und Anlagenbau geprägt ist. In Unternehmen, die ihre Produkte individuell nach Kundenwunsch herstellen, ergeben sich vergleichsweise weniger Ansatzpunkte in der Fertigung und Montage für den vermehrten Einsatz digitaler Technologien als in Betrieben, die in Serie produzieren. Ein deutlich höheres Substituierbarkeitspotenzial lässt sich hingegen in den verwaltungstechnischen Unternehmensbereichen feststellen, das allerdings weniger branchenspezifisch definiert ist. Gleiches gilt im Übrigen auch in vielen Dienstleistungsbranchen.
Dass sich die Arbeitswelt und die Berufe durch die Digitalisierung in den kommenden Jahren verändern werden, steht außer Frage. Die Potenziale zu nutzen, macht vor allem für die exportorientierten Unternehmen in Siegen-Wittgenstein Sinn. Gleichzeitig müssen sich die Beschäftigten auf neue technologische Entwicklungen einstellen. Die Ausbildungsinhalte einer Reihe von gewerblich-technischen Berufen wurden bereits angepasst. Diesen Transformationsprozess sozialverträglich und nachhaltig zu gestalten, ist eine Herausforderung, der sich die regionalen Akteure stellen müssen. Insgesamt bietet die Digitalisierung jedoch weitaus mehr Chancen als Risiken.
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