„Kriegstüchtigkeit“: Informationen aus erster Hand

Oberst Jens Dobrindt sprach in Erndtebrück über die Rolle der Bundeswehr und der Wirtschaft bei den Vorbereitungen auf den Verteidigungsfall.

„Vertrauen Sie der Bundeswehr. Wir werden Sie schützen!“ Bei allen anstehenden Herausforderungen für die Vorbereitungen auf den Verteidigungsfall machte Oberst Jens Dobrindt den mehr als 100 Besuchern beim Wittgensteiner Wirtschaftstreff Mut. Der Kommandeur des Einsatzbereiches 2 und Standortälteste am Bundeswehr-Standort Erndtebrück gab einen Einblick in das Thema „Kriegstüchtigkeit“ am Beispiel des Luftwaffenstandortes und zeigte die militärische Perspektive auf. „Soldaten allein reichen nicht aus, um das Land zu verteidigen. Gerade, wenn es um die Rolle Deutschlands als logistische Drehscheibe für die NATO geht, kommt es auch auf die Unternehmen in der Breite und die Bürger an!“

Sollte der Bündnisfall eintreten, also das Gebiet der NATO angegriffen werden, müssten rund 800.000 Soldaten mit Ausrüstung in Richtung Osten verlegt werden – eine gewaltige logistische Herausforderung, für die schon heute Vorkehrungen zu treffen seien. Autobahnen und Schienenstrecken müssten in diesem Fall gesperrt werden, Soldaten müssten versorgt, Übernachtungsmöglichkeiten bereitgestellt und Lagerkapazitäten für Produkte vorgehalten werden. Dafür bedürfe es etwas, das in Wittgenstein geradezu prägend sei: Zusammenhalt.

In der Lagebeschreibung wählte der Referent klare Worte: „Unser Gegner ist Russland.“ Die Bundeswehr richte sich auf eine militärische Intervention auf NATO-Gebiet ein, damit diese abgewendet werden könne. Detailliert ging Dobrindt auf verschiedene mögliche Bedrohungslagen entlang der Ostflanke der NATO ein. Er verdeutlichte, welche weitreichenden Folgen bestimmte militärische Angriffe nach sich zögen. Russland habe seine gesamte Wirtschaft längst auf Kriegswirtschaft umgestellt.

Analysten gingen davon aus, dass Russland 2029 militärisch in der Lage sein werde, neben dem Ukraine-Krieg in einen weiteren Konflikt zu treten, der das Baltikum treffen könnte. „Ob das passieren wird, wissen wir nicht. Aber wir müssen darauf vorbereitet sein.“ Darum gehe es bei der Herstellung von Kriegstüchtigkeit. Sie bedeute, für einen und in einem Krieg in jeglicher Hinsicht gut gerüstet zu sein. Potenzielle Aggressoren sollen hierdurch abgeschreckt werden.

Die jüngsten kriegerischen Auseinandersetzungen auf dem Globus hätten gezeigt, welchen Einfluss der Einsatz von Drohnen als Überwachungsinstrument oder Angriffswaffe habe. „Das führt dazu, dass bisherige Strategien überdacht werden müssen. Hier dürfen wir den Anschluss nicht verpassen.“ Die Bedrohungslage sei inzwischen längst auch in der Wirtschaft und in Privathaushalten spürbar, etwa durch Cyberattacken oder Fake News, die darauf ausgerichtet seien, einen Keil zwischen Bürgern, Regierung und der Bundeswehr zu treiben.

Die Veranstalter des Wirtschaftstreff mit Oberst Jens Dobrindt (3.v.r.).

Sollte es zu einer Truppenbewegung kommen, seien die Soldaten am Standort Erndtebrück von dieser nicht unmittelbar betroffen, sodass der Luftraum über Deutschland durch das hochqualifizierte Personal weiter rund um die Uhr überwacht werden kann. Im Verteidigungsfall seien aber auch Fragen im Zivilschutz zu klären. So müssten Kapazitäten in Krankenhäusern bereitgestellt und unter anderem genügend Blutkonserven vorgehalten werden. Eindringlich warb Jens Dobrindt vor diesem Hintergrund für einen engeren Austausch zwischen Bundeswehr und Bevölkerung, aber auch dem Zivilschutz, wobei er sich ausdrücklich auch selbst in die Plicht nahm. Hinreichend Gelegenheit dazu gibt es nicht zuletzt im kommenden Jahr, wenn der Luftwaffen-Standort Erndtebrück sein 60-jähriges Bestehen feiert.

Der Vortrag bot viel Stoff für Diskussionen im Anschluss. Musikalisch wurde der Wittgensteiner Wirtschaftstreff durch den Auftritt des Singer-Songwriters „Myller“ aus Gießen umrahmt. Veranstalter waren erneut neben dem Autohaus Müller die Arbeitgeberverbände Siegen-Wittgenstein, die Sparkasse Wittenstein, die Volksbank Wittgenstein, die Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd und die IHK Siegen.

Fotos/Text: IHK Siegen

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